Mavi García ist ein Musterbeispiel an Effektivität. Man weiß gar nicht so genau, wie man die 31-Jährige bezeichnen soll: Leichtathletin, Radsportlerin, Duathletin? Obwohl sie erst vor fünf Jahren mit dem Laufen begann und vor drei Jahren mit dem Radsport, ist sie bereits spanische Meisterin im Duathlon. Bei der Europa­meisterschaft wurde sie Vierte. Auch mehrere Radrennen hat sie schon für sich entschieden. Nebenher arbeitet sie acht Stunden pro Tag als Kundenbetreuerin einer Firma, die Hotelbedarf herstellt. Ihr Tag ist streng getaktet, die Mittagspause wird fürs Rad­training genutzt, nach Feierabend ist Laufen angesagt.

Nach etwas mehr als zwei Jahren auf dem Rad hat Sie Anfang des Jahres das UCI-Team Bizcaia-­Durango aus dem Baskenland verpflichtet. Wie vereinbaren Sie das mit Ihrer Arbeit auf Mallorca?

Zum Glück habe ich ziemlich freie Hand. Ich trainiere auf der Insel für mich und fliege für die Rennen nach Bilbao. Dort trifft sich das Team und fährt dann weiter zum jeweiligen Rennort. Vergangene Saison habe ich etwa 15 Rennen bestritten. Das Team will aber, dass ich diese Saison an ein paar mehr teilnehme. Es läuft halt ganz gut.

Das heißt, Sie können bald Ihren Brotberuf aufgeben und vom Radsport leben?

Schön langsam! Noch verdiene ich überhaupt kein Geld mit den Radrennen. Wenn ich mal Preisgeld bekomme, dann beim Duathlon. Nein, dem Frauen-Radsport in Spanien geht´s ganz mies. Hierzulande werde ich davon nicht leben können. Die einzige Möglichkeit wäre, zu einem ausländischen Team zu wechseln. Ich war dieses Jahr mal einen Tag im Stützpunkt des belgischen Teams Lotto zu Besuch. Die Mädels leben dort fast das ganze Jahr und fahren nur Fahrrad. Keine von ihnen arbeitet nebenher. Natürlich werden sie dann entsprechend bezahlt. Davon bin ich noch weit entfernt.

Immerhin sind Sie vom spanischen Nationaltrainer für die Rundfahrt von San Luis in Argentinien im Januar nominiert worden. Die gilt als Qualifikations­rennen für die Olympischen Spiele.

Ja, das ist natürlich eine tolle Chance für mich. Der Nationaltrainer hatte mich schon vergangene Saison angerufen, um ein paar Rennen zu fahren. Da konnte ich aber nie. Für San Luis habe ich jetzt beim ­Training schon ein bisschen die Zügel angezogen.

Wie stehen die Chancen, Sie bei Olympia 2016 in Río für Spanien fahren zu sehen?

Das ist eher Wunschdenken und kein realistisches Ziel für das kommende Jahr. Soweit ich weiß, hat Spanien zurzeit zwei olympische Startplätze. Ich glaube zwar, dass ich zu den sechs besten spanischen Radfahrerinnen gehöre, aber ganz an der Spitze sehe ich doch andere. Allerdings können wir uns in San Luis mit einer guten Leistung eventuell noch einen weiteren Startplatz sichern.

Schnell fahren ist das eine, aber taktisch klug agieren will gelernt sein. Wie haben Sie sich denn so schnell mit dem professionellen Radsport vertraut gemacht?

Was die Taktik angeht, habe ich noch ziemlich Nachholbedarf. Am schwersten fällt mir, mich in einer großen Gruppe vorteilhaft zu positionieren. Ist der Weg breit genug und gibt es schnell Anstiege, bei denen das Feld auseinanderreißt, geht es. Aber wenn die Straße schmal und flach ist, ist das furchtbar. Da setze ich zurzeit einfach meine Kraft ein, um voranzukommen. Aber ich habe da auch Angst, dass ich stürzen könnte. Die Erfahrung kommt letztlich nur mit mehr Rennen.

Wie gehen Sie mit Stürzen um?

Ich bin im vergangenen Jahr mehrfach gestürzt und das macht mich nicht gerade mutiger. Das Problem ist auch, dass viele junge Fahrerinnen rasen, als gäbe es kein Morgen. Klar, die machen ihr ganzes Leben nichts anderes. Aber ich fahre erst seit drei Jahren Rad.

Sie meinen, professionell?

Nein, ich bin vorher wirklich ­überhaupt nicht gefahren. Ich hatte nicht mal ein Fahrrad. Aber eines Tages hat mein Bruder mich aufgefordert, mit ihm zu fahren. Er hatte eine Gruppe von Jungs, mit denen er monströse Touren durch die Serra de Tramuntana machte. Und dazu noch in einem irren Tempo. Ich bin also mitgefahren, und als sie merkten, dass ich nicht hinterherhechle, sondern auf Augenhöhe fahre, wollten sie mich immer dabei haben. Ich war natürlich die einzige Frau in der Gruppe.

Und so sind Sie zum Duathlon gekommen?

Genau. Mit dem Laufen hatte ich ja schon ein paar Jahre vorher angefangen. Beim Duathlon habe ich ziemlich schnell Fortschritte gemacht und im vergangenen Jahr zum Beispiel die spanische Meisterschaft gewonnen, weshalb ich zur Europameisterschaft fahren durfte. Im kommenden Jahr ist die Weltmeisterschaft mein Ziel.

Dann ist es ja nur noch ein kleiner Schritt zum Triathlon.

Ich habe sogar schon mit dem Schwimmen angefangen, momentan einmal die Woche. Allerdings eher, um mich damit vom Laufen und vom Radfahren zu regenerieren. Es war nicht unbedingt mein Plan, auch Triathlon zu machen, aber man hat mir schon mehrfach gesagt, dass ich mich nicht schlecht anstelle beim Schwimmen. Der Vorteil beim Triathlon ist, dass man bei den großen Veranstaltungen richtig Geld verdienen kann.

Am 27.2. steht auf Mallorca zum ersten Mal eine internationale Duathlon-Veranstaltung des Organisators Powerman an. Werden Sie da an den Start gehen?

Ich werde alles daran setzen und hoffe, dass ich nicht anderweitig im Einsatz bin. Das wäre eine tolle Sache, mich hier in meiner Heimat mit international angesagten Duathletinnen zu messen.

Ihre Duathlon-Karriere erstaunt auch vor dem Hintergrund, dass Sie als Kind eine komplett andere Sportart betrieben haben.

Meine Mutter wollte, dass ich Ballett oder Turnen mache. Das wollte ich aber nicht. Eines Tages sah ich jemanden Rollschuh fahren und hatte Lust darauf. Ich habe Rollschuhartistik im Verein betrieben und war mehrfach balearische Meisterin und national die Viert- oder Fünftbeste. Aber mit 17 hatte ich auf das stundenlange Training keine Lust mehr, sondern wollte ­lieber Party machen.