Wenn es ums Turnen geht, ist Mallorca zumindest auf europäischer Ebene eine Top-Adresse. Die Insel hat in den vergangenen Jahren herausragende Turner hervorgebracht, angefangen bei Fabián González, der inzwischen seine Karriere beendet hat, aber etwa bei den Olympischen Spielen 2012 in London dabei war und zeitweise für den Club KTV Obere Lahn im mittelhessischen Biedenkopf in der Bundesliga antrat. Im gleichen Atemzug müssen Ainhoa Carmona und Cintia Rodríguez vom Club Xelska genannt werden, die ebenfalls seit Jahren für die spanische Nationalmannschaft antreten und oft in der deutschen Bundesliga mitmischen. Aber nicht nur sie verstärken regelmäßig Teams in Deutschland. Im vergangenen Jahr waren neun Turner und Turnerinnen des von Xelska-Trainer Pedro Mir geleiteten Leistungszentrums Príncipes de España in der Bundesliga aktiv. Auch in Frankreich, Italien und anderen Ländern gehen sie an den Start.

Pedro Mir kann deswegen durchaus für sich in Anspruch nehmen, einen Teil der künftigen europäischen Elite auszubilden. Wobei das Leistungszentrum nicht nur den vier, fünf besten Turnern der Insel offensteht. „Wir haben derzeit 40 Plätze in unserem Zentrum, 23 davon für Mädchen. Und demnächst soll sich die Zahl sogar verdoppeln", sagt Mir.

Jedes Jahr schaffen es zwischen drei und fünf Sportler in die spanische Nationalmannschaft. Die Turner, die hier dreimal in der Woche trainieren, bleiben ihrem jeweiligen Club treu. Die Stunden mit Mir sind sozusagen Zusatzangebot. Um Talente zu entdecken und systematisch zu fördern, steht der Trainer im ständigen Kontakt mit allen Vereinen auf Mallorca. Er beobachte zwischen 80 und 100 Turner auf der Insel, sagt er.

Die Aktiven

Fragt man beim Verband nach den Zahlen, wie viele Sportler auf den Balearen aktiv turnen, bekommt man von Verbandspräsidentin Maria Bibiloni „etwa 2.000" mitgeteilt. Doch der Verband umschließt neben dem Sportturnen auch die Modalitäten rhythmische Sportgymnastik sowie Trampolinspringen. Den Turnern stehen zehn Clubs zur Verfügung, die meisten davon in Palma. Aber auch in Alcúdia, Manacor, Inca oder Santa Maria gibt es Vereine.

Das Angebot für Mädchen ist größer als das für Jungen, doch Maria Bibiloni warnt davor, beim Turnen von einem Mädchensport zu sprechen: „Immerhin 30 bis 40 Prozent der Sportler sind Jungen." Wer hier auf der Insel im Club turnt, der trainiert für die verschiedenen Wettbewerbe, wie etwa die Balearen-Meisterschaften oder, wenn das Niveau reicht, die spanischen Meisterschaften. Eine Liga wie etwa in Deutschland gibt es in Spanien nicht.

Der Nachwuchs

Beim Turnen ist vieles ein bisschen anders als in anderen Sportarten, so auch das Alter der Athleten. Wer auf hohem Niveau turnen möchte, der muss sehr früh anfangen. Mit drei oder vier Jahren sollte es losgehen, weil der Körper bei den meisten mit spätestens Mitte 20 nicht mehr belastungsfähig genug ist. Von daher sind zumindest auf Mallorca alle aktiven Turner entweder Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, und höchstens in Ausnahmefällen junge Erwachsene. „In Deutschland hat mich positiv überrascht, dass dort sehr viele Menschen auch noch mit 40 oder 50 aktiv turnen. Das gibt es hier auf der Insel nicht", sagt Mir.

Auch im Sommer

Wer sich einem Verein anschließt, kann auch den Sommer über durchtrainieren. Die Clubs kennen keine Sommerpause. „Im Gegenteil, wenn die Kinder keine Schule haben, dann trainieren die meisten Vereine intensiver", sagt Mir. Einige bieten auch für Kinder spezielle Sommercamps an. Für diese braucht es keine Verbandszugehörigkeit. Interessierte sollten am besten beim nächsten Club oder beim Verband nachfragen.

Die Kosten

Wer seine Kinder zum Turnen schickt, der muss bereit sein, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Zwar sind die Beiträge von Club zu Club unterschiedlich hoch, doch mit 50 bis 70 Euro im Monat muss man rechnen. Rund 700 Euro im Jahr kommen da zusammen. Zusätzlich müssen noch Versicherungen sowie die persönliche Ausstattung, wie etwa der Kalk, mit dem die Hände eingerieben werden oder auch der Körperschutz, selbst bezahlt werden. „Jedem muss klar sein, dass der Sport teuer ist und die mediale Beachtung sehr gering", sagt Verbandspräsidentin Bibiloni. „Aber wer das nicht will, der kann ja zum Fußball oder Basketball gehen."