Auf Mallorcas Straßen sind wieder die professionellen Radfahrer unterwegs. Am Donnerstag (28.1.) startet das viertägige Rennen Mallorca Challenge (Detailinfos siehe unten). Mit dabei ist zum zweiten Mal das deutsche Team Bora-Argon 18 mit Sitz im oberbayerischen Raubling. Der Rennstall von Teamchef Ralph Denk war bereits auf Mallorca im Trainingslager und blieb bisher von einem Unfall verschont. Doch der folgenschwere Zusammenprall eines Autos mit sechs Fahrern des deutschen Teams Giant-Alpecin am Wochenende nahe Alicante (John Degenkolb hat sich schwer an der Hand verletzt) gibt den Konkurrenten zu denken.

Schwingt die Angst vor einem Unfall bei jeder Trainingsausfahrt mit, wenn Sie die Bilder von der Costa Blanca sehen?

Es tut mir wahnsinnig leid für die Fahrer und das Team. Mit Angst gehen wir deswegen nicht ins Training. Da wären wir fehl am Platz. Aber die Verletzungen der Fahrer sind schon heftig. Außerdem ziehen die langen Ausfälle der Akteure einen ganzen Rattenschwanz nach sich. Die Sponsoren wollen Leistungen sehen, die nun nicht mehr möglich sind.

Wie erleben Sie die Autofahrer auf Mallorca?

Wir haben immer wieder Diskussionen mit Autofahrern, die nicht einsehen wollen, dass wir nebeneinander fahren dürfen. Auch wir haben schon oft brenzlige Situationen gehabt, die glücklicherweise nicht in einem schlimmen Unfall endeten. Gerade enge Straßen, wie der Coll de sa Creu, sollten eigentlich für Autos gesperrt werden. Das würde viele Gefahren verhindern.

Sie starten nun am gleichen Ort in die Saison, an dem Sie zuvor schon mehrere Wochen lang trainiert haben. Reine Bequemlichkeit?

Das ist natürlich auch eine Geldfrage. Wir hatten ohnehin die gesamte Logistik auf der Insel, da ist es sehr angenehm, auch hier in die Saison zu starten.

Wird die gesamte Mannschaft zum Einsatz kommen?

Wir sind diesmal mit allen 16 Fahrern bei der Challenge am Start. Es ist ein Vorteil, dass bei dieser Veranstaltung vier einzelne Tagesrennen gefahren werden. Deswegen haben wir uns in diesem Jahr auch bewusst nicht für andere Rennen, wie etwa die Tour de San Luis in Argentinien, beworben.

Welchen Stellenwert hat die Challenge bei Ihnen? Rollen Sie da gemütlich in die Saison rein?

(empörtes Auflachen) Nein, wir wollen Erfolge feiern. Ich rechne mir schon einen Tagessieg aus. Mit Sam Bennett haben wir einen Kandidaten in unseren Reihen. Der war im vergangenen Jahr bereits Vierter beim Trofeo Palma und ist dieses Jahr fit.

Angesichts der Bedeutung im weltweiten Radzirkus - wäre es nicht einmal an der Zeit, auf Mallorca auch wichtigere Rundfahrten als die Challenge abzuhalten?

Natürlich wäre es toll, mal einen Vuelta-Start nach Mallorca zu legen. Ich bin mir sicher, dass das die Organisatoren schon angedacht haben. Wir wären jedenfalls schwer dafür.

Sie scheinen sich gut verstärkt zu haben. Was ist dieses Jahr für Bora-Argon 18 drin?

Mit Emmanuel Buchmann haben wir den amtierenden Deutschen Meister zu uns geholt. Wenn er fit bleibt, ist er einer der besten Bergfahrer in Deutschland. Und mit dem Drei­gespann Herglotz-Michelberger-Konrad haben wir gute junge Rennfahrer, die großes Potenzial besitzen und in zwei Jahren in der Lage sein sollten, große Rennen auch ganz vorne zu beenden.

Apropos große Rennen: Sie wollen dieses Jahr wieder zur Tour de France und zur Vuelta a España. Wie sieht es da aus?

Wir sind natürlich abhängig von der Vergabe der Wildcards, das ist der Nachteil eines Zweitliga-Teams. Doch wir haben gerade den Zuschlag für das Dauphiné-Kriterium bekommen (eine Art Generalprobe für die Tour de France, Anm. d. Red.). Das ist ein gutes Zeichen für die Tour.

Ab 2017 wollen Sie in der World-Tour mitmischen, der sogenannten Ersten Liga des Radsports. Was fehlt momentan dafür noch?

Das ist vor allem eine Budgetfrage. Ich möchte für uns keine Zahlen nennen, aber ein durschnittliches Budget eines World-Tour-Teams beträgt 13,5 Millionen Euro. Da sollten wir auch hinkommen, wenn wir nicht ganz am Ende der Nahrungskette stehen wollen. Unsere bisherigen Partner haben bereits signalisiert, sich mehr engagieren zu wollen. Trotzdem müssen wir noch eine Budgetlücke schließen.

Planen Sie den Aufstieg auch wegen des Tour de France-Starts 2017 in Düsseldorf?

Es war schon immer mein Traum, bei einem Tour-Start in Deutschland mit einem Team dabeizusein. Jetzt sehe ich da eine große Chance, denn als World-Tour-Mannschaft hat man natürlich beste Möglichkeiten.

Sie waren in der vergangenen Woche bei der Tour-Präsentation in Deutschland. Wie ist die Stimmung dem Radsport gegenüber?

Mit der ganz großen Euphorie wird es noch ein wenig dauern. Aber zum Tour-Start werden in Düsseldorf eine Million Leute erwartet, und ich glaube, dass die auch kommen werden.

Sind Firmen wieder bereit, im Radsport zu investieren?

Viele Unternehmen erkennen das Potenzial im Radsport. Noch ist es so, dass ein Großteil der Gelder in den Fußball fließt. Ich hoffe, dass die Firmen demnächst wirklich ein bisschen ihr Budget umverteilen. Dafür muss der Sport natürlich von einem neuen Dopingfall verschont bleiben.