Etwas warm ist es in der Mittagssonne im Büro von Patrick Messow auf der Haupttribüne des Stadions Son Malferit in einem Außenbezirk von Palma. Der 26-jährige Sportdirektor von Atlético Baleares empfängt die MZ lässig gekleidet in Poloshirt und Jeans. Ein Image, das er gemeinsam mit Eigentümer Ingo Volckmann pflegt. Vor drei Jahren übernahm der Berliner Unternehmer den damals kurz vor der Insolvenz stehenden Fußball-Drittligisten, um ihn zur Nummer eins auf der Insel zu machen. Messow stand Volckmann dabei von Beginn an zur Seite.

Wenn man Sie beim Spiel beobachtet, wirken Sie eher wie der Vorsitzende eines Fanclubs und gar nicht wie ein Sportvorstand.

Wir sind einfach anders als andere Vereine. Wir verstellen uns nicht. Es ist Ingos Lebenswerk und mein Traumberuf. Da sieht man uns die Begeisterung an. Ich kann nicht 90 Minuten nur still herumsitzen.

Versuchen Sie gezielt den Kontra­punkt etwa zur VIP-Lounge mit Häppchen von Real Mallorca zu verkörpern?

Gezielt nicht, aber wir sind wirklich der komplette Gegenpol. Gerade zu der Zeit, als noch Utz Claassen da war. Dabei ist es mir egal, wie jemand angezogen ist oder spricht. Wichtig ist, wie er arbeitet und wie die Resultate aussehen.

Sind Sie auch hinter den Kulissen so locker? Etwa in Verhandlungen mit Spielern?

Es kommt darauf an, was erforderlich ist. In manchen Momenten muss ich auch mal auf den Tisch hauen, wie in der Halbzeitpause im Derby gegen Mallorca B (als Atlético Baleares mit 0:1 zurücklag, Anm. d. Red.). Ich muss auch aufpassen, dass der Strafenkatalog eingehalten wird, oder Gespräche führen, wenn Spieler entlassen werden. Grundsätzlich pflege ich einen offenen Umgang mit den Spielern auf dem Gelände. Aber locker sein heißt nicht, dass man mit jedem befreundet sein muss. Es ist ein Spagat, den man bewältigen muss.

Wie ist es vor drei Jahren eigentlich zum Kontakt mit Ingo Volckmann gekommen?

Ich habe nach meinem Sport­management-Studium als Spielerberater gearbeitet und in der gleichen Ecke in Berlin gewohnt, in der auch Ingo lebte. Er kannte meine Mutter, und ich habe von seinem Projekt erfahren. Da habe ich zum Telefon gegriffen und ihm gesagt: „Ich bin dein Mann."

Dann haben Sie sich schnell auf der Insel hochgearbeitet.

Ich war erst mal als Videoanalyst und für das Scouting angedacht. Es war ganz gut, am Anfang etwas weniger Verantwortung zu haben, weil ich die Sprache und Kultur noch kennenlernen musste. Als im Winter­ die ersten Transfers anstanden, konnte ich mit meinen Kontakten helfen. So habe ich den Deal mit Malik Fathi eingefädelt. Ingo meinte dann zu mir, dass es in Zukunft mein Job sei, ein ordentliches Team zusammenzustellen.

Womit locken Sie die teils namhaften Spieler zu Atlético Baleares?

Wir haben zwei, drei zentrale Argumente. In erster Linie ist es die Insel. Mallorca hat eine hohe Lebensqualität. Für Ausländer ist das interessant. Mehrere Stammspieler aus der deutschen Bundesliga haben diesen Sommer bei mir angefragt. Hinzukommt unser sportliches Projekt. Wir wollen nicht nur herumdümpeln, sondern aufsteigen. Mit Christian Ziege haben wir auch einen bekannten und guten Trainer.

Warum hat es mit den Erstliga­spielern nicht geklappt?

Das Gesamtpaket muss stimmen. Einer war dabei, der war oft verletzt. Ganz umsonst kommen solche Spieler dann auch nicht. Und wir wollen keine rein deutsche Mannschaft haben und setzen uns ein Limit von fünf bis sechs ausländischen Spielern. Bei Miroslav Klose hätten wir vielleicht eine Ausnahme gemacht.

Ein großer ausländischer Geldgeber bei einem Arbeiterverein. Passt das überhaupt?

Wir sind sehr traditionell und wollen das Arbeiter-Image beibehalten. Wir werden keine astronomischen Summen für Spieler ausgeben oder verrückte Sachen machen. Aber gratis gibt es den Erfolg auch nicht.

Wie fällt der Vergleich mit Real Mallorca aus? Wie groß ist der Unterschied zum Rivalen noch?

Wir können uns in einigen Bereichen mit dem Club messen. Momentan spielt er aber noch eine Liga höher. So brennend interessiert uns Real Mallorca aber nicht - wobei wir auf lange Sicht die Nummer eins auf der Insel werden wollen.

Der Aufstieg ist das Ziel. Ist das Stadion schon aufstiegsreif?

Wir haben um zehn Jahre in Son Malferit verlängert, sind aber gleichzeitig auf der Suche nach anderen Möglichkeiten. Wir hoffen auf die Unterstützung der Stadt und dass uns ein Grundstück für einen Neubau angeboten wird. Auch eine Rückkehr ins Estadio Balear ist denkbar. Ein erstes Angebot wurde aber von den Eigentümern abgelehnt.

Sie würden also auch in der zweiten Liga in Son Malferit antreten?

Mit einer Ausnahmegenehmigung ist das für eine Übergangszeit möglich. Grundsätzlich schreibt die Liga eine Stadionkapazität von 6.000 Plätzen vor, wir haben nur gut ein Drittel davon. Außerdem ist Son Malferit hinderlich bei Vertragsverhandlungen mit neuen Spielern. Wenn wir als einziger Verein von 22 auf Kunstrasen spielen, kann man sich ausrechnen, wer zu uns kommen will. Wenn wir aufsteigen, wäre ein Umzug wünschenswert.