Timo Scheider hat 16 Jahre die DTM-Szene geprägt und für den Rennstall Audi zwei Gesamtsiege eingefahren. Einen Tag vor dem letzten Rennen der Saison Mitte Oktober 2016 auf dem Hockenheimring aber kündigte ihn der Automobilhersteller per Telefon. Er habe sowieso andere Pläne, sagte Scheider damals. Einen davon setzt er nun in die Tat um. Bis Ende 2017 möchte der 38-Jährige in Zusammenarbeit mit Mallorca Circuit eine Rallycross-Strecke neben dem bestehenden Rundkurs in Llucmajor bauen.

Wie kam die Idee mit Mallorca?

In den vergangenen drei Jahren war ich auf der Insel, um mich körperlich auf die DTM-Saison vorzubereiten. Da habe ich dann mitbekommen, dass es bereits eine Rennstrecke in Llucmajor gibt. Ich bin gerade auf dem Rallycross-Trip und habe meinen ersten Vertrag für die komplette WM 2017 unterschrieben. Diese Rennserie boomt derzeit. Da hab ich mir gedacht: So eine Strecke gehört hierhin.

War eine DTM-Strecke auch Teil Ihrer Überlegungen?

Mein Projekt läuft erst einmal unabhängig von der DTM. Es ist etwas Besonderes, dass wir Hermann Tilke für das Sicherheitskonzept engagieren konnten. Er hat weltweit schon 70 Rennstrecken gebaut. Seit wir unser Projekt verkündet haben, erhalten wir Anfragen für Testfahrten und Rennen. Mein größter Traum ist, dass wir in unserer neuen Rennarena einen Stopp der Rallycross-WM einlegen können.

Erklären Sie uns Rallycross.

Es gibt kurze Rennen von vier bis sechs Runden. Aus Fansicht herrscht Stadionatmosphäre, und man kann die ganze Strecke überblicken.

Rallycross verspricht Überholmanöver und richtige Zweikämpfe, wo auch Lackaustausch stattfindet. Das wollen wir nach Mallorca bringen.

Kritiker behaupten, dass die Strecken von Hermann Tilke eher langweilig und zuschauerunfreundlich sind.

Das ist immer einfach gesagt. Er muss sich an Sicherheitsauflagen vom Dachverband FIA halten, die gewisse Dinge hier und da langweilig erscheinen lassen. Die Streckenführung auf Mallorca stammt aber aus meiner Feder. Wir nutzen die Gegebenheiten, die da sind. Der große Bonus sind die Höhenunterschiede. Es ist ein sehr schneller und weiter Sprung auf der Strecke geplant.

Soll mit Ihrem Einstieg auch der bestehende Rundkurs gefördert werden?

Natürlich ist das die Idee. Zunächst wollen wir etwas Aufmerksamkeit generieren, indem wir an den kommenden Wochenenden Sponsoren und Hersteller einladen. Durch die Kürze der Fahrbahn ist derzeit in Llucmajor kein DTM-Rennen möglich. Aber alle andere Rennserien sind sehr wohl denkbar. Wir haben auch schon die ersten Anfragen für Testfahrten der Formel E, der Formelwagen mit Elektromotor, bekommen.

Bereits vor vier Jahren gab es Pläne für eine neue Rennstrecke. Bauen Sie darauf auf?

Davon habe ich nichts übernommen. Die Idee mit dem Rallycross kommt von mir. Wenngleich ich mit den Betreibern vom Mallorca Circuit zusammenarbeite. Wir schauen, wie sich das in den nächsten Jahren entwickelt und können dann vielleicht an größere Projekte denken.

Also ist die Idee mit der Formel 1 auf Mallorca nicht ganz abwegig?

Träumen darf man ja. Klar ist, dass Llucmajor mit den Anbindungen nach Palma und zum Flughafen großes Interesse weckt. Sonst liegen die Formel-1-Strecken immer im Niemandsland.

Damals scheiterte das Projekt an den Kosten von bis zu 200 Millionen Euro. Ihre Strecke dürfte etwas günstiger sein?

Das sind keine Zahlen, mit denen ich spiele. Einen konkreten Betrag möchte ich nicht in die Runde schmeißen. Aber unser Projekt steht finanziell auf guten Füßen.

Geplant ist auch ein Performancecenter. Was ist das?

Es ist eine Anlaufstelle für Motorsportler zur körperlichen Vorbereitung auf die Saison. Im Fitnessstudio oder auch auf der Außenanlage können dann die Sportler trainieren. Auch eine Fahrradtour ist mit Leihrädern machbar.

Sie sind für Testfahrten zu mieten. Als Taxifahrer oder Fahrlehrer?

Für die Rennstrecke können alle verfügbaren Gefährte ausgeliehen werden. Auch Fahrten mit mir kann man kaufen. Aber aus Zeitgründen kann ich nicht jeden Tag zehn Mal Taxifahrer spielen.

Nadal hat seine Tennisakademie. Scheider jetzt eine Rennschule. Ist das vergleichbar?

Ja, in diese Richtung soll es gehen. Mit dem guten Wetter gibt es ideale Trainingsmöglichkeiten. Ich bin auch auf der Suche nach einer Immobilie auf Mallorca, damit ich nicht immer im Hotel leben muss.

Nach 16 Jahren hat Ihnen der Rennstall Audi ein eher unwürdiges Ende Ihrer DTM-Karriere bereitet. Sind Sie noch traurig?

Ich bin enttäuscht. Ich bin ein Fahrer der ersten Stunde und hatte gehofft, eine andere Möglichkeit zu bekommen, mich von der DTM und den Fans zu verabschieden. Aber ich bleibe der Motorsportwelt erhalten. Das Rennen der Rallycross-WM auf dem Hockenheimring ist beispielsweise am gleichen Wochenende wie das DTM-Rennen.

In einem Interview vor einem halben Jahr haben Sie behauptet, die DTM sei am Ende.

Das sehe ich nach wie vor so. Ich gebe der DTM noch zwei Jahre, wenn sich nichts drastisch ändert. Es ist nicht mehr das Rennen, das man sich als Fahrer oder Fan wünscht. Durch das Reglement sind die Autos fast alle gleich. Zudem sind sie sehr leicht zu steuern und verzeihen viele Fahrfehler. Das macht das Überholen fast unmöglich.