Wer zwei Mallorquinern bei der Vuelta a España (siehe Kasten) die Daumen drücken möchte, muss sich nur einen Namen merken: Mas. Denn die beiden mallorquinischen Radprofis, die beim größten spanischen Radrennen seit Samstag (19.8.) fahren, hatten denselben Nachnamen. „Das ist aber Zufall. Wir sind nicht verwandt, aber gute Freunde", sagt Lluís Mas über seinen Namensvetter Enric. Aus sportlicher Sicht haben die beiden Radfahrer nicht viel gemein. „Ich bin besser in der Ebene, Enric besser am Berg."

Alles für das Team

Lluís Mas zählt mit seinen 28 Jahren zu den gestandenen Profis. Er fährt für den spanischen Rennstall Caja Rural, der in der Continental Tour - vergleichbar mit einer zweiten Radsport-Liga - antritt. Die Teilnahme an der erstklassigen Vuelta war durch eine Wildcard des Veranstalters möglich. Für Lluís Mas ist es die vierte Teilnahme. „Es ist zumindest das vierte Mal, dass ich starte. Denn in den vergangenen zwei Jahren war ich vom Unglück verfolgt und musste vorzeitig aufgeben", sagt er. 2014 beendete er bei seinem Debüt die Vuelta auf Platz 121. Ein Jahr später war für ihn nach 13 Etappen wegen Magenschmerzen Schluss. Noch schlimmer kam es für ihn 2016. Er hatte die vierte Etappe bereits beendet und fuhr von der Zielline zum Mannschaftswagen. In einer Kurve verlor er die Kontrolle über das Rad, bretterte in einen Zaun und stürzte ins Gestrüpp. Bei dem Unfall verrenkte sich Mas die Hüfte und musste ein halbes Jahr pausieren.

„Ich habe richtig Lust darauf, nach dem schwierigen Winter wieder dabei zu sein." Den Juli verbrachte er mit seinem Team im Höhentrainingslager in Andorra. „Ich bin bei 100 Prozent. Von der Verletzung spüre ich nichts mehr." Das ist auch besser so, denn bei der Vuelta muss er bei allen 21 Etappen bestehen. „Das ist nicht wie bei der Mallorca Challenge, wo man sich den Start aussuchen kann. Wenn sie dich nicht rausschmeißen, bist du vom ersten bis zum letzten Tag dabei."

Lluís Mas rechnet sich Chancen aus, als Ausreißer aus der Spitzengruppe eine Etappe zu gewinnen. „Die vierte Etappe am Dienstag (22.8.) sieht gut aus. Da sind alle von der Bergfahrt am Tag zuvor schlapp", sagte er vor dem Rennen. Am Ende kam er auf Platz 20 ins Ziel. Doch das Gewinnen ist auch nicht die Aufgabe von Mas im Team. Er soll zu Beginn der Rennen die Führungsarbeit übernehmen. „Dann reiche ich meinen Teamkollegen Wasser, lasse sie im Windschatten fahren und suche die beste Spur auf der Straße aus." In der entscheidenden Phase lässt Mas den anderen Fahrern dann den Vortritt. „Da ich weder Sprinter noch Kletterer bin, habe ich keine andere Wahl."

Die großen Touren mag Lluís Mas nur bedingt. „Die sind alle für die Kletterer konzipiert. Außer vier Fahrern kommt niemand für den Gesamtsieg infrage." Sein Favorit ist Chris Froome. Der Sieger der diesjährigen Tour de France liegt nach vier Etappen auch bei der Vuelta vorne. Hoffnungen auf einen Gesamtsieg hatte sich die spanische Radsportlegende Alberto Contador gemacht. Mit mehr als drei Minuten Rückstand liegt er aber nur auf Rang 28. Der 34-Jährige will nach der Vuelta seine Karriere beenden. „Seine Ära ist vorbei. Er muss an eine neue Generation übergeben und Spanien hat derzeit viele gute junge Fahrer", sagt Lluís Mas.

Auf dem Weg nach oben

Einer davon ist der 22-jährige Enric Mas, der aus der Jugendschmiede von Contador stammt. 2013 kam der Mallorquiner in das Jugendteam der Stiftung des 34-Jährigen. Contador nahm Mas gar ins Trainingslager seines damaligen Rennstalls Tinkoff mit. In dieser Saison debütierte der Fahrer mit dem belgischen Team Quick-Step in der UCI World Tour, der höchsten Kategorie im Radsport. Eine Teilnahme an der Vuelta sei in dieser Saison „mehr Traum als Realität", sagte er vor einem halben Jahr noch der MZ. Der Fahrer aus Artà zeigte in der neuen Liga keine Scheu und überzeugte mit starken Leistungen. Bei der Tour Down Under im Januar war er mit dem 26. Platz der beste Fahrer seines Rennstalls. Vor drei Wochen landete er bei der Vuelta a Burgos auf dem zweiten Platz und gewann die Wertung der Nachwuchsfahrer. Bei seinem ersten großen Rennen will Enric Mas nun weiter auf sich aufmerksam machen.

Der 22-Jährige zählt zu den Kletterern und wird sich auf die Berg­etappen freuen. Chancen auf einen Etappensieg sieht Namensvetter Lluís Mas keine. „Bei der Vuelta fahren schließlich die weltbesten Fahrer. Aber er könnte in der Gesamtwertung ganz gut abschneiden." In dieser stehen die beiden Mallorquiner dicht beieinander. Nach vier Etappen führt Lluís Mas auf Rang 63 mit 13:07 Minuten Rückstand auf Chris Froome vor Enric Mas auf Rang 65 mit 13:28 Minuten Rückstand.