Der Drache zieht heftig am Sitztrapez, das ich wie eine Windel angezogen habe. Surflehrer Carlos und Kursteilnehmer Jerry halten mich an einem Riemen an meiner Rückseite mit all ihrer Kraft fest. „Steuer den Drachen auf zwölf Uhr", befiehlt Carlos. Gesagt, getan - die Zugkraft des Drachens zieht mich mit den Windböen ruckartig nach oben. Ich mache kleine Sprünge im Wasser in der Bucht von Pollença. „Da wollen wir hin", sagt Carlos. „So kommt man später auch auf das Surfbrett."

Bei Mallorca Kiteboarding & SUP gibt es Anfängerkurse im Kitesurfen. Von März bis Ende Oktober ist die Surfschule in Pollença auf Höhe des Hotels Club del Sol geöffnet. Außerhalb der Saison sind Kurse auf Anfrage möglich. „Mit einem langen Neoprenanzug ist das Surfen im Winter kein Problem", sagt Mike Weber. Der 32-Jährige aus Königswinter leitet die Surfschule seit vier Jahren. „Mallorca ist ideal zum Kitesurfen. Das Meer ist tief, es gibt kaum Wellen und der Wind weht meist konstant mit 13 Knoten, das sind etwa 24 Kilometer pro Stunde." Als Kind kam er auf die Insel und spricht daher fließend Mallorquin und Spanisch. Neben ihm geben fünf weitere Lehrer Surfunterricht.

Den Anfängerkurs gibt es bei zwei Tagen Unterricht für 270 Euro, bei drei Tagen für 360 Euro. An jedem Tag gibt es drei Stunden Kurs. „Länger wäre für die Teilnehmer zu anstrengend", sagt Weber. Ein Mindestalter gibt es offiziell nicht. „Ich empfehle aber, dass die Kinder mindestens elf Jahre alt sind und mindestens 35 Kilogramm wiegen. Jüngere Kinder verlieren zu schnell das Interesse und langweilen sich dann."

Zu Beginn des Kurses gibt es 45 Minuten Theorie zum Thema Wind und Sicherheit. „Wir surfen nur mit auflandigem Wind, also Wind, der vom Meer Richtung Land weht. Sonst ist die Gefahr zu groß, dass man rausgetrieben wird", erklärt Carlos. Bevor es ins Wasser geht, muss der Kurs die Drachen zusammenbauen. Die bis zu 17 Quadratmeter großen Folien sind mit einem aufblasbaren Rand umrundet. Da heißt es pumpen. Danach müssen die 20 Meter langen Fäden angebracht werden. „Die dürfen sich niemals kreuzen. Da kann es zu schweren Verletzungen kommen."

Im Preis für den Kurs ist die Ausrüstung inbegriffen. Diese umfasst einen Neoprenanzug, Badeschuhe, einen Helm und das windelartige Sitztrapez. „Das gibt es auch als Bauchgurt. Da Anfänger den Drachen aber meist in der 12-Uhr-Position fliegen, würde der Gurt nur nach oben rutschen."

In voller Montur geht es ins Wasser. Am Kurs nehmen auch der Franzose Jerry und sein Sohn Hugo teil. Mit der Ausrüstung sehen wir aus wie Bergsteiger. Zu unserer Enttäuschung müssen wir feststellen, dass wir die Drachen gar nicht für uns zusammengebaut haben. „Ihr bekommt Anfängerdrachen. Die sind nur etwa sieben Quadratmeter groß und müssen nicht aufgeblasen werden."

Nachdem Carlos den Drachen im Meer in die Luft gebracht hat, übergibt er ihn mir. Zuerst die Sicherheitsleine anstecken, dann einen Bügel an das Sitztrapez einhängen und mit dem sogenannten Chickenfinger absichern. „Keine Ahnung, warum der so heißt. Manche sagen auch Eselpenis dazu", sagt Carlos.

Die gesamte Zugkraft des Drachens hängt an der Leine zum Sitztrapez. In der Hand halte ich einen Stab als Lenker. Links und rechts gehen Stricke zu den äußeren Enden des Drachens. Durch einen Zug nach rechts oder links lässt sich der Drachen ganz gut steuern. „Zu Beginn fliegst du kleine Achten", sagt Carlos, der hinter mir steht, mich festhält und stetig ­vorsagt, in welche Richtung ich ziehen soll. Statt einer Acht fliegt der Drachen bei mir eine zittrige Null. Nach ein paar Minuten wechselt der Drachen zum nächsten Kursteilnehmer. Von dem langen Nach-oben-Gucken tut der Nacken ziemlich weh.

In der zweiten Runde sollen wir größere Achten fliegen. Dadurch fliegt der Drachen tiefer und zieht nach vorne. „Jetzt spring nach vorne ins Wasser", ruft Carlos. Den Lenker in der Hand mache ich mich im Wasser lang. Der Drachen zieht mich und Carlos, der sich weiter an mir festklammert, wie beim Wasserski durch das Wasser. Nach zwanzig Metern steuere ich den Drachen gerade in die Luft auf die 12-Uhr-Position und halte an. Carlos weist mich an, zurückzugehen und diesmal Jerry abzuschleppen. Nach dem rasanten Ritt verliert der Drache an Höhe. Ich ziehe hektisch den Lenker zurück, doch der Drache klatscht ins Wasser. „Das war der größte Anfängerfehler. In dem Fall musst du den Stab nach vorne strecken."

Schulchef Weber hat sich in der Zwischenzeit selbst auf das Wasser begeben und surft umher. Für 120 Euro die Stunde gibt es bei ihm Privatunterricht für Tricks und Sprünge. So weit bin ich noch nicht. Anfänger dürfen erst bei guter Kontrolle des Drachens am zweiten Tag auf das Brett.

Mallorca Kiteboarding & SUP, Kurse täglich 11 und 15 Uhr, Anmeldung per Mail unter mike@mallorcakiteboarding.com oder per Telefon unter 0034 676 668 954, www.mallorcakiteboarding.com