Der lange Gang von der Eingangshalle bis zum Leistungsdiagnostikzentrum des Inselrats in Palma wirkt wie eine Ruhmeshalle. Die Wände sind mit Fotos, Postern und historischen Startnummern von Wettkämpfen verziert. „Ich möchte dem Ärzteteam um Dr. Teo Cabanes danken", steht unter einem signierten Foto von Atlético-Baleares-Fußballer Guillermo Vallori. All diese Andenken haben mit Cabanes zu tun. Weitere werden wohl nicht hinzukommen. Denn der Sportmediziner ist seit vergangenem August in Rente, nachdem er hier 29 Jahre gearbeitet hatte. Mit ihm verabschiedete sich ein Arzt, der die Leistungsdiagnostik auf Mallorca zu einer nationalen Größe aufgebaut hatte. Cabanes war der Arzt von Real Mallorca, Volleyballmeister Can Ventura, der spanischen Olympia-mannschaft im Radsport; und der 65-Jährige ging für seine Patienten selbst an die körperliche Leistungsgrenze.

Der Pionier

Sport und Medizin hat Teo Cabanes quasi in die Wiege gelegt bekommen. Sein Vater Mario Cabanes spielte von 1933 bis 1935 für den FC Barcelona und wurde katalanischer Fußballmeister. Von 1960 bis 1975 betreute er als Teamarzt das spanische Nationalteam im Tennis.

Teo Cabanes kommt aus Barcelona, studierte in Salamanca Medizin. „Während der Franco-Diktatur war es in Katalonien zu unruhig. Meine Mutter schickte mich daher nach Salamanca." Sein Studium finanzierte er als Tennislehrer. 1976 musste der Arzt seinen Militärdienst absolvieren und kam dadurch nach Mallorca. Nach dem zweijährigen Dienst arbeitete er bei der staatlichen Krankenversicherung auf der Insel und verliebte sich in eine Krankenschwester - seine spätere Frau.

1980 war er Mitbegründer des Sportmedizinzentrums von Palmas Sportministerium. „Schwimmen, Basketball, Volleyball, Fußball - damals war ich bei allen Wettkämpfen als Arzt anwesend." Eine Spezialisierung als Sportmediziner gab es bis 1985 nicht. „Ich war 1986 beim ersten Sportmedizin-Studiengang in

Barcelona dabei." Zwei Jahre später gründete er mit dem Arzt

Tomeu Marí das Leistungsdia­gnostikzentrum des Inselrats.Der Mannschaftsarzt

In der Saison 1979/1980 verpflichtete der Fußballclub Real Mallorca Cabanes für zwei Spielzeiten als Mannschaftsarzt. Der Doktor aus Salamanca schien ein Glücksbringer für den Verein zu sein. 1980 stieg Real Mallorca - nach einem 1:1-Unentschieden im letzten Derby gegen Atlético Baleares in der Liga - in die Seguna División B auf. Ein Jahr später ging es in die zweite Liga ­hinauf.

Nicht nur den Fußballern brachte Cabanes Erfolg. 1985 verpflichtete Volleyball-Mäzen Damià Seguí den Arzt für sein damaliges Team Son Amar. Vier Mal wurde der Doktor mit dem Club spanischer Meister und reiste mit dem Verein zu internationalen Wettkämpfen. „Seguí hatte mir stets alles bezahlt." Auch beim zweiten und dritten Projekt ­vertraute Seguí stets Cabanes. So holte der Arzt aus Salamanca mit dem CV Pòrtol drei weitere Meisterschaften und gewann in der vergangenen Saison mit Can Ventura den Titel.

Nach diesem beendete Seguí im Juni überraschend sein Engagement. „Die Ärzte meinten, wenn ich weitermache, erlebe ich das nächste Saisonende nicht", sagte er damals der MZ. Eine Diagnose, die auch Cabanes gestellt hatte. „Zumindest habe ich ihn zu einem Spezialisten geschickt, der letztlich den Daumen runter gezeigt hat." Can Ventura wurde aufgelöst und hat sich als Urbia Voley Palma ohne das Geld des Mäzens neu gegründet. Ein gutes Vorzeichen für die neue Saison: Cabanes steht dem Team auch nach der Pensionierung als Mannschaftsarzt zur Seite.

Mit dem Radsport zu den Olympischen Spielen

Mallorcas heute bekanntester Sportler, Rafael Nadal, holte sich vor zehn Jahren auch einen

Termin bei Cabanes. Die Leistungsdiagnostik des mallorquinischen Tennisspielers fiel mit der des Radsportteams Movistar zusammen. Das Profiteam wurde damals vom Fremdenverkehrsamt der Balearen gesponsort. „Nadal wollte unbedingt bessere Werte als die Radfahrer haben. Aber gegen die Profis um Alejandro Valverde hatte er keine Chance. Danach sagte er: Das lag nur daran, dass ich nicht meine Radfahrhose getragen habe."

Der Radsport stellte eine große Etappe in der Karriere des Arztes dar. Seit 1982 gehörte er zum medizinischen Stab des Nationalteams. „Zu Beginn war ich nur bei den Trainingslagern auf der Insel und Weltmeisterschaften dabei, das waren insgesamt 20 am Ende." 1988 fuhr Teo Cabanes zu seinen ersten Olympischen Spielen nach Seoul, kehrte mit dem Radteam aber ohne Medaille zurück. „Danach habe ich zwei Jahre lang das Nationalteam überallhin begleitet."

Der Glücksbringer Cabanes schien wieder aktiv zu werden. Denn die Heim-Olympiade 1992 in Barcelona

gestalteten die Spanier wesentlich erfolgreicher. Der Straßenradfahrer José Manuel Moreno war einer der ersten Spanier überhaupt, der eine Goldmedaille bei Olympia gewonnen hat.

Seine dritten Olympischen Spiele wurden ihm verwehrt. „Ich wäre gern noch 2002 in Sydney dabei gewesen." Im olympischen Zyklus hat Cabanes die Leistungsdiagnostik des Teams gemacht und hat bei den Trainingslagern assistiert. „Zwei Wochen vor den Spielen hat mir der Verband dann mitgeteilt, dass ich nicht mitkommen kann. Ich solle nicht böse sein, weil ich schon bei zwei Olympiaden dabei war. Aber das ärgert mich heute noch."

Der Marathonläufer

Im Jahr 1981 kam ein Patient in die Sprechstunde von Cabanes und fragte, ob es gesund sei, einen Marathon zu laufen. „Da ich noch nie einen gelaufen war, wusste ich nicht, was ich ihm sagen sollte."

Wenige Wochen später gab es einen Marathon auf Mallorca. „Ich war vorher schon immer gelaufen. Da habe ich mich als Selbstversuch angemeldet." Teo Cabanes beendete den Marathon am 22. Februar 1981 auf dem letzten

Platz. Einen Tag später gab es in Spanien den Staatsstreich, bei dem Mitglieder der Guardia Civil und des Militärs versuchten, eine neue Diktatur einzurichten. „Da ich vom Marathon so kaputt war, war ich wohl der einzige Spanier, der die Nacht ruhig geschlafen hat."

Wieder einen Tag später stand eine Trainingseinheit von Real Mallorca auf dem Programm. Die Spieler verspotteten den Mediziner für den letzten Platz beim Marathon. „Ihr werdet schon sehen, wenn ich nächstes Jahr den Marathon in New York laufe", entgegnete Cabanes. Diese Worte schrieb ein Journalist mit. „Daher kam ich aus der Nummer nicht mehr raus." So lief der Spanier den Marathon in den USA. Was er nicht wusste, war, dass beim Zieleinlauf Fotos geschossen werden. „Ich hab mich mit krummen Rücken und herunterhängenden Armen ins Ziel geschleppt - ein schreckliches Bild." Deshalb trat Cabanes im nächsten Jahr wieder an und beendete den Marathon mit einer jubelnden

Pose. Insgesamt neun Marathons lief der Spanier in Palma, New York, Paris, Berlin, Athen und Barcelona. Seinem Patienten konnte der Arzt letztlich sagen, dass er ohne Bedenken einen Marathon laufen kann.

1989 beendete Cabanes seine Karriere als Läufer. „Zu der Zeit gab es bei ­Laufveranstaltungen keine medizinische Betreuung. Daher habe ich das dann gemacht." Die Arbeit mit den einfachen Menschen liegt dem Arzt mehr. „Ab einem gewissen Punkt geht es bei Profisportlern nicht weiter. Sie fühlen sich gestört und kontrolliert, wenn ich ihnen sage, dass ihre Werte sich verschlechtert haben. Der Profi will nur den Rat vom Arzt, wenn er verletzt ist."Der Rekordversuch

Nach der Pensionierung hält Cabanes die Füße nicht still. „Der balearische Fußballverband hat mich schon für einen Kurs im Umgang mit Defibrillatoren gebucht. Der Verband ist der erste in Spanien, der die Apparate auf allen Plätzen vorgeschrieben hat. Fünf Leben konnten wir dadurch schon retten." Für den Inselrat organisiert Cabanes weiterhin den jährlichen Ärztekongress in Palma. Für die 30. Ausgabe am 19. Mai des kommenden Jahres plant der Mediziner einen Rekordversuch. 500 bis 1000 Rettungssanitäter sollen fünf Minuten lang eine Herzdruckmassage an Übungspuppen vornehmen. „Den Rekord hält eine Gruppe aus Berlin mit 120 Puppen. Die Aktion soll den Leuten bewusst machen, wie wichtig die ersten Minuten bei der Lebensrettung sind." Noch muss Cabanes Sponsoren finden. „So ein Guinness World Record ist schließlich nicht kostenlos." Der amtliche Richter und die Puppen müssen bezahlt werden. Eine

Herzensangelegenheit für ihn.