Ingo Volckmann, Präsident und Besitzer des Fußball-Drittligisten Atlético Baleares, bevorzugt beim Presse­termin den offiziellen Weg und schließt ein großes Eisentor am Estadi Balear auf. Der deutsche Unternehmer könnte aber auch einfach durch ein Loch auf der anderen Seite in das einsturzgefährdete Stadion gelangen, das nur wenige Meter neben der Ringautobahn von Palma liegt. Volckmann nimmt die MZ mit in die ehemalige Heimstätte des Clubs, die es nach seinen Vorstellungen ab ­April 2018 wieder sein soll. „Wenn wir in die Play-offs kommen, will ich die hier spielen", sagt der Berliner überzeugt, während er der MZ seine Pläne für eine Renovierung erklärt.

Eine Katze huscht aufgeschreckt davon, es riecht wie in einem Tiger­käfig. Offenbar wimmelt es hier sonst nur so vor wilden Katzen, die von Unbekannten übereifrig mit Futter versorgt werden. Rechts des Tores liegt die Ruine der ehemaligen Bar des 1960 eröffneten Stadions. Links ging es in die Kabinen der Jugendspieler. Heute türmt sich hier Unrat, herausgerissene Holztüren, Planken, Fensterrahmen, Müll. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass Atlético Baleares hier noch vor gut vier Jahren gespielt hat.

Dass es einmal ein stimmungsvolles Stadion war und wieder werden kann, wird deutlich, wenn man auf dem Kunstrasen steht und die Tribünen hochblickt. Ein Gefühl von Weite stellt sich ein. „Der Rasen muss komplett neu gemacht werden. Wahrscheinlich werden wir echten Rasen nehmen", sagt Volckmann. Die Stadt Palma beteiligt sich an den Kosten für die Herrichtung des Estadi Balear mit 500.000 Euro. „Wir hatten gehofft, das reicht für Rasen und Flutlicht, aber es dürfte nur für den Rasen langen", seufzt Volckmann und sieht schon wieder seine Euros davonfließen. Zwischen zwei und 2,5 Millionen Euro soll der Wiederaufbau des Stadions kosten. „Alle, die mich kennen, sagen: Ach ­Ingo, das wird doch eh wieder teurer."

Zu tun ist aber auch noch einiges - und zwar möglichst schnell, wenn tatsächlich in dieser Saison noch hier gespielt werden soll. Der Plan sieht vor, die ersten fünf Sitzreihen zu erhalten, weil sie fest einbetoniert sind, und auf der Haupttribüne Fertig­tribünen zu errichten, wie sie auch in Son Malferit stehen. Ob das auch so hinhaut wie gedacht, weiß Volckmann noch nicht. Schließlich bestehen die Tribünen zum Teil aus dem zwar durchaus ansehnlichen, aber eben auch sehr porösen mallorquinischen Marès-Stein. Ins Stadion sollen nach dem Umbau zunächst rund 5.000 Fans passen, bei mehr Bedarf kann aufgebaut werden.

Erhalten bleiben soll das Dach über der Haupttribüne. „Das wurde erst vor ein paar Jahren neu gemacht. Zum Glück, denn das wären locker 600.000 Euro mehr", sagt Volckmann. Neu errichtet werden müssen hingegen die vier Flutlichtmasten. Sie sind allesamt stark oxidiert.

Beim Rundgang durch die Katakomben wird das Ausmaß der Zerstörung klar, das hier hausende Unbekannte hinterlassen haben. In den Kabinen wurde alles kurz und klein gehauen, von Waschbecken über Spinde bis hin zu den Toiletten. Sogar Feuer war im Juni ausgebrochen, die Feuerwehr musste zum Löschen anrücken, die Schäden sind deutlich sichtbar, sollen aber bald beseitigt sein. Die Kabinen seien nämlich für die dritte Liga ein Luxus. Das gilt erst recht für den Raum eine Tür weiter. Hier ­rotten zwei ­verlassene ­Whirlpools vor sich hin. „Ob wir die wieder herrichten, ist noch nicht ganz klar." Ein Fitness­studio soll es aber auf jeden Fall geben - und zwar dort, wo bisher die Wohnung des Hausmeisters unter­gebracht war. Hier liegen CDs, ­Schuhe, Puppen und alte Zeitungen aus dem Jahr 2009 auf dem Boden.

Wann die Bauarbeiten losgehen können, ist noch unklar. „Die Genehmigungen sind zum Großteil beantragt", sagt Volckmann. Möglich geworden war das Projekt durch eine Einigung mit den Besitzern des Stadions, die auf ihre Anteile verzichteten. Das Estadi Balear war, ähnlich wie das inzwischen ­abgerissene ­Stadion Lluís Sitjar, mithilfe von Kleinaktionären erbaut worden - im Fall des Estadi Balear 2.000 Einzelpersonen. Nur rund 300 konnten ausfindig gemacht werden. Drei von ihnen wollten die Anteile nicht an den Club abtreten. „Die werden - gemäß ihrem Anteil - eine Rechnung für die Arbeiten erhalten."