Alexandre Jordi Hoffmann ist sauer. Er, der spanische Juniorenmeister 2016 im Karate, ist nicht für die Nationalmannschaft nominiert. Das könne nicht mit rechten Dingen zugehen. Zumal es Hinweise gebe, dass der spanische Verband den Mallorquiner wegen seiner politischen Einstellung benachteiligt. Auf Facebook hatte der Karateka Seiten mit einem „Gefällt mir" bewertet, die die Unabhängigkeit Kataloniens befürworten. Zudem hatte er auf Katalanisch seine proseparatistische Meinung geäußert. Ein Mitglied des spanischen Karateverbandes habe seinem Trainer David Mulet im Vertrauen gesagt, dass dem Verband die politischen Äußerungen des Mallorquiners missfallen. Alexandre Jordi Hoffmann ist sich sicher, dass das der Grund für seine Nichtberücksichtigung war.

Sein Trainer wiegelt ab: „Der Junge, der an der Stelle von Alexandre nominiert wurde, ist der Dritte der Weltrangliste. Neben Alexandre wurden auch 100 weitere Karateka nicht berücksichtigt", sagt Mulet. Im Fall der politischen Debatte hält der Trainer zum Verband. „Als Teil der Nationalmannschaft repräsentiert Alexandre Spanien. Da kann er nicht gegen den Staat wettern." Er empfiehlt seinem Schützling: „Alexandre sollte sich bei Facebook zurückhalten und sich eher auf den Sport konzentrieren."

Bei all dem Ärger kommt es dem 17-Jährigen gelegen, dass sein Vater aus Deutschland stammt und auch Alexandre über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügt. Seine Mutter ist Mallorquinerin. Dank seiner deutschen Herkunft kann er sich beim Landesturnier von Rheinland-Pfalz am Samstag (17.3.) für die deutsche Meisterschaft qualifizieren. An ihr hatte er bereits 2017 teilgenommen und fast gewonnen, so Marcus Gutzmer, Auswahltrainer von Rheinland-Pfalz.

Aber: „Kurz vor der Meisterschaft habe ich mich verletzt", sagt Hoffmann. „Der Zweitplatzierte rückte nach, wurde deutscher Meister und durfte mit der Juniorennationalmannschaft zur WM nach Russland." In diesem Jahr ist Hoffmann in der Favoritenrolle „Mit dem Titel wäre er auf dem Sprung in die Nationalmannschaft", sagt Gutzmer.

Für den deutschen Verband könnte sich der Streit also als Glücksfall erweisen. „Einen vergleichbaren Athleten habe ich momentan nicht", zeigt sich Gutzmer erfreut. Kennengelernt habe man sich bei einem Trainingslager in Can Picafort, wo Gutzmer als Leiter des Karatevereins Budokan Kaiserslautern teilgenommen hatte. „Jemand hatte mir von Alexandre erzählt und ich hatte ihn dann zum Training eingeladen."

Auf den Balearen ist der Kämpfer aus der Karateschule Sonkei in Can Picafort fast konkurrenzlos. Seit Jahren gewinnt er regelmäßig die balearische Juniorenmeisterschaft. In diesem Jahr siegte er auch erstmals im Wettbewerb der Herren. Für den deutschen Verein hat Hoffmann beim Landesturnier im Vorjahr zum ersten Mal gekämpft und gewonnen. Auch bei der diesjährigen Ausgabe hat der 17-Jährige hohe Erwartungen. „Wenn ich einen guten Tag

habe, sollte ein Sieg kein Problem sein", sagt er.

Aus sportlicher Sicht scheint Hoffmann der Weg frei für eine große Karriere in der deutschen Nationalmannschaft. Doch aus emotio­naler Sicht kommen dem Karateka Zweifel. „An manchen Tagen halte ich es für eine schlechte Idee, für Deutschland anzutreten, weil ich mich doch eher als Mallorquiner fühle", sagt Hoffmann. „Ich könnte den Ärger der deutschen Kämpfer verstehen, wenn ich ihnen quasi als Ausländer den Platz wegnehme."

Nach dem Streit mit dem spanischen Verband bleibt ihm aber kein anderer Weg, wenn er es eines Tages zu den Olympischen Spielen schaffen will. Bei Olympia 2020 in Tokio gehört Karate mit den Disziplinen Kata und Kumite erstmals zum Programm. Die Spiele in Japan kommen für den 17-Jährigen noch zu früh. Zu den Qualifikationswettkämpfen sind nur die besten 64 Karatekas zugelassen. 2024 könnte der Mallorquiner dann für deutsche Medaillen sorgen.