Vier von fünf Spaniern haben sich 2016 an Glücksspielen versucht. Miquel Àngel Riera gehört nicht dazu. Obwohl er einer der Vorsitzenden des balearischen Spiel- und Wettverbandes Sareiba ist, haben es ihn die bunten Automaten oder die verlockenden Quoten der Sportwetten nie angetan. Dennoch rät er allen dazu, mal einen Spielsalon aufzusuchen. „Die Leute sollten mal vorbeischauen, das sind bezaubernde Lokale."

Zumal dort jetzt auch noch mehr Fußball geschaut werden soll. Seit August 2017 dürfen die Lokalbetreiber ihren Besuchern Wetten auf Sportereignisse anbieten. Zuvor war dies nur über das Internet möglich. Bis zum Beginn des Großereignisses Fußballweltmeisterschaft im Juni sollen 140 Spielsalons mit Wettautomaten ausgerüstet werden.

Bislang gibt es nur etwa 50 Spielsalons auf Mallorca, die Sportwetten anbieten. Der Großteil von ihnen befindet sich in Palma. Hinzu kommen vier Wettbüros in der Balearen-Hauptstadt, die sich ausschließlich auf Sportwetten spezialisiert haben. Für die Quoten zeichnen vier Wettanbieter verantwortlich, ein weiteres Unternehmen hat bereits eine Anfrage nach einer Lizenz gestellt.

Genug, meint Antònia Miralles von der Asociación Juguesca, die Spielsüchtige betreut. „Die Sportwetten müssen reguliert werden. Das ist eine Aufgabe des Inselrates." Doch die Pressestelle der für das Glücksspiel verantwortlichen Generaldirektorin Pilar Sansó spielt den Ball zurück: „Das Problem der Spielsucht ist nicht abhängig von der Anzahl der Glücksspielautomaten", heißt es auf MZ-Anfrage. Der Inselrat setze vielmehr auf Prävention und arbeite eng mit Verbänden wie Juguesca zusammen.

Immer jüngere Spieler

Laut einer Studie der Fundación Codere und der Universität Carlos III in Madrid aus dem Jahr 2016 sind 0,3 Prozent der spanischen Bevölkerung zwischen 18 und 75 Jahren spielsüchtig. „Heute müssen Sie ein paar Prozent drauflegen", meint Miralles. „Und nach der Anzahl der jugendlichen Spielsüchtigen fragen Sie besser nicht." Früher hatten die meisten Spielsüchtigen einen Altersdurchschnitt von 35 bis 50 Jahren. Heute sind es eher die 18- bis 25-Jährigen.

Einen großen Teil der Schuld daran sieht Miralles in der ­Werbung. „Si lo sabes y no apuestas, duele" (Wenn du das Ergebnis wusstest und nicht gewettet hast, tut es weh), heißt es in dem Spot eines auch auf Mallorca tätigen Wettanbieters. Im Clip wirken die Stars von Real Madrid wie der Mallorquiner Marco Asensio mit. „Die Werbung läuft auch zu ­Zeiten, zu denen Minderjährige vor dem Fernseher sitzen."

Gediegen zocken

Miquel Àngel Riera vom Glücksspielverband Sareiba macht indes das Internet für den Anstieg der Zahl der Spielsüchtigen verantwortlich. „Zu Hause gibt es keine Kontrolle. Die Einsamkeit führt zur Sucht." Im Spiellokal hingegen würde manisches Verhalten auffallen und das Personal da­raufhin einschreiten. „Wir wollen lieber Leute, die jeden Tag wenig spielen, als Süchtige, die an einem Tag ihr ganzes Geld verspielen", sagt Riera.

Ihm schweben Spiellokale vor, die ähnlich kulturell verankert sind wie die spanische Bar. „Man trifft sich jeden Abend nach der Arbeit. Statt einen Café zu trinken, wird eine Runde gespielt." Zum neuen Image der Spielsalons gehöre auch ein gediegenes Ambiente. „Die Einrichtung eines Spielsalons kostet heutzutage 500.000 Euro. Das sind saubere Geschäfte, Drogen gibt es nicht. Wir sind nicht Son Banya."

Einer der neuesten Wettsalons gehört einer spanischen Kette und liegt an der Plaça Sant Antoni in Palma, eher eine Schmuddel-Ecke der Balearen-Hauptstadt. Wirklich angenommen haben die Mallorquiner den Spielsalon mit Wettautomaten noch nicht. Während ein Fußballspiel läuft, sitzen einige Kunden mit Bier vor dem Fernseher und betrachten flüchtig die Quoten auf dem Bildschirm daneben.

Nicht wirklich behaglich

Auch in einem weiteren Spiel­salon an den Avenidas wird noch nicht gewettet. Die dafür zugehörigen Automaten sind noch in Plastikfolie eingehüllt. Die klassischen Spielautomaten hingegen sind fast alle belegt. Es ist ein ­unbehagliches Ambiente. Außer dem Klimpern von Münzen und dem Rattern der Automaten sind keine Geräusche zu hören.

Auffällig viele Männer sitzen vor den leuchtenden Geräten. Auf zehn spielsüchtige Männer bei der Beratungsstelle kommen nur zwei spielsüchtige Frauen, meint Antònia Miralles. Die Dunkelziffer sei allerdings höher. „Vielen Frauen ist ihr Glücksspielproblem peinlich."

Um die steigende Zahl der Süchtigen einzugrenzen, schlägt sie ein selbst auferlegtes Zugangsverbot vor. „Wenn die Spielsüchtigen dann einen schwachen Moment haben, werden sie nicht mehr reingelassen." Doch dazu müssten die Spielsalons kontrollieren. Bislang ist lediglich der Zugang für Minder­jährige ­verboten.

Sollten Sie ein Spielproblem haben, gibt es bei Verbänden wie Juguesca Hilfe. Unter www.juguesca.es finden Sie auch einen spanischen Fragebogen, mit dem Sie erörtern können, ob Sie spielsüchtig sind.