Für Anastasija Sevastova ist Mallorca auch sportlich etwas ganz Besonderes. Die Lettin gewann im vergangenen Jahr das internationale WTA-Turnier Mallorca Open in Santa Ponça - ihr erster Turniersieg nach ihrem Comeback 2015 und erst ihr zweiter Turniersieg überhaupt. Bereits 2016 stand Sevastova bei der ersten Ausgabe des Turniers im Finale und musste sich da der Französin Caroline Garcia geschlagen geben. Ehrensache, dass die 28-Jährige auch diesmal wieder in Santa Ponça an den Start geht. Die MZ ruft die Weltranglisten-19. vorab an. Sevastova spricht überraschend gut Deutsch, mit einem sympathischen österreichischen Einschlag. Sie lebt seit rund vier Jahren in Wien.

War es Pflicht, nach den beiden erfolgreichen Teilnahmen in Santa Ponça wiederzukommen?

Vergangenes Jahr habe ich in Santa Ponça meinen ersten Sieg nach meinem Comeback gefeiert. Ich musste einfach zurückkommen. Mir gefällt Mallorca sehr. Hier kommt immer ein bisschen Urlaubsfeeling auf, auch wenn man auf dem Tennisplatz steht. Mir liegt auch der Rasen in Santa Ponça sehr, die Bedingungen bei diesem Turnier sind außerordentlich. Es ist gut, vor Wimbledon auf Mallorca zu spielen, weil diese beiden Orte ziemlich unterschiedlich sind.

Eigentlich werben die Organisatoren auf Mallorca immer damit, dass die Bedingungen denen in Wimbledon ähneln. Welche Unterschiede sehen Sie?

Das geht schon bei der Temperatur los. Die ist auf Mallorca ja doch meistens angenehmer. Hier wird der Rasen bewässert, in London ist das meistens nicht nötig. Da regnet es ja ständig. Außerdem finde ich, dass sich gerade Turniere auf Rasen sehr von Ort zu Ort unterscheiden. Der Rasen ist immer anders. Wenn es heiß ist, wird er schneller. Ist es kühler, wird das Spiel langsamer. Da kommt es auch ganz da­rauf an, ob man mittags spielt oder abends, wenn es schon ein bisschen frischer wird.

Auf Mallorca werden Sie auf eine Top-Ten-Spielerin und zwei weitere Top-20-Spielerinnen treffen. Wie stark ist das Turnier in Santa Ponça im Vergleich besetzt?

Ich finde die Besetzung auf Mallorca sehr stark. Es dürfte sehr schwer werden, wieder zu gewinnen. Ich habe mir vorgenommen, das Turnier einfach zu genießen.

Einmal einen Grand Slam gewinnen. Wie realistisch ist das für Sie?

Das ist der Traum jeder Tennisspielerin. Ich war bisher zweimal im Viertelfinale bei den US Open. Beim letzten Mal bin ich äußerst knapp ausgeschieden. Das Halbfinale wäre natürlich toll gewesen, aber ich bin der Meinung, man sollte sich nicht so viel Druck machen.

Sehen Sie das anders, seit Sie 2015 nach fast zweijähriger Pause ein Comeback schafften?

Ich versuche auf jeden Fall, lockerer zu werden. Leider klappt das nicht immer. Im Endeffekt ist man allein auf dem Platz, und Tennis ist auch für den Kopf ein anstrengender Sport.

Das war es vor allem im Jahr 2013, als Sie sich zurückzogen. Ihre Karriere schien beendet. Was war da passiert?

Ich hatte ständig mit Verletzungen zu kämpfen. Mein Arm tat weh, ich hatte mir mehrere Bänder gerissen. Ich hatte Probleme beim Liegen, der Rücken schmerzte Tag und Nacht. Es machte keinen Spaß mehr. Ich war nicht glücklich und brauchte einen Wechsel.

Anastasija Sevastova zog nach Österreich, um Tourismusmanagement zu studieren. Nebenbei gab sie Kindern Tennisstunden. So lernte sie den Tennislehrer Ronald Schmidt kennen. Er wurde ihr Trainer und Lebensgefährte. Das Comeback war riskant, Sevastova und Schmidt plünderten ihre Konten, um die Reisen zu den Turnieren zu finanzieren. Doch es funktionierte: Sevastova fuhr schon zu Beginn einen Sieg nach dem anderen ein.

War es Ronald Schmidt, der Sie zum Comeback überredet hat?

Nein, ich habe mich selbst irgendwann viel besser gefühlt, vor allem körperlich. Ich wollte wieder ganz von vorne anfangen. Wirklich kleine Turniere spielen, Fitness aufbauen. Das hatte ich, obwohl ich ja weiter Tennis spielte, doch ziemlich vernachlässigt. Aber es war richtig, wieder ganz unten anzufangen. Ich glaube, sonst hätte ich es nicht dahin geschafft, wo ich jetzt bin.

Ganz oben an der Weltspitze steht zurzeit die weniger bekannte Rumänin Simona Halep. Fehlen im Damentennis die großen Namen?

Das würde ich nicht sagen. Es gibt einfach keine Überspielerin mehr. Das Feld ist sehr ausgeglichen. Da gewinnt plötzlich jemand einen Grand Slam, mit dem niemand gerechnet hatte. Das ist doch reizvoll.

Dreht sich eigentlich bei Anastasija Sevastova und Ronald Schmidt auch daheim 24 Stunden alles ums Tennis?

Natürlich sprechen wir viel über Tennis, auch wenn wir nicht auf dem Platz stehen. Aber wir haben noch viele andere Gemeinsamkeiten. Wir gehen gerne Skifahren, Wandern, Langlaufen oder Schwimmen. Ich liebe das Meer.

Dann wäre doch Mallorca ein idealer Wohnort.

Wir haben uns tatsächlich schon nach einer Wohnung auf der Insel umgeschaut. Ein Verwandter hat ein Apartment in Port d'Andratx, in der Ecke könnte es mir gefallen. Aber das lohnt sich erst nach der Karriere. Vorher bin ich zu viel unterwegs.