Als Sportdirektor eines Fußballclubs hat man es nicht leicht. Zu den Spielen des Vereins herrscht Anwesenheitspflicht. In der Sommerpause, wenn die Fußballer im Urlaub sind, muss der Sportdirektor den Kader für die neue Saison zusammenstellen. Zeit für Erholung bleibt da nicht. „Vielleicht kann ich im September mal eine Woche freinehmen", sagt Patrick Messow, der die Geschicke des Drittligisten Atlético Baleares leitet.

Der unerwartete Abstiegskampf mit Rettung am letzten Spieltag war für den erst 28-jährigen Sportdirektor Neuland. „Wir haben zwei Lehren daraus gezogen: Erstens war es dämlich, vor der Saison intern wie extern so offensiv das Ziel Aufstieg auszugeben. In dieser Saison warten wir ab und sprechen erst zehn Spieltage vor Saisonende von einem möglichen Aufstieg, sollten wir in einer entsprechenden Tabellensituation sein", sagt Messow. „Zweitens achten wir bei der Kaderzusammenstellung dieses Jahr mehr auf den menschlichen Aspekt. Mir ist es lieber, wenn wir etwas weniger Qualität haben, dafür aber einen starken Teamgeist. Die Spieler müssen selbstkritisch sein."

Mit dem Start der Vorbereitung vergangene Woche hatte Atlético Baleares den Kader schon fast komplett. Zwölf Abgängen stehen sieben externe Neuzugänge gegenüber. Zudem rückten drei Spieler von der zweiten Mannschaft, dem Viertligisten CD Santanyí, auf. Große Namen sucht man bei Atlético Baleares vergeblich. „Die Mannschaft ist der Star. Heraus­ragende Einzelspieler haben wir diese Saison nicht."

In den vergangenen zwei Jahren hatte diese Rolle Xisco Hernández inne. Der Mittelfeldspieler schoss Tore, legte Treffer auf und konnte ein Spiel im Alleingang entscheiden. Nach einer schweren Verletzung kehrte er zum Ende der vergangenen Saison zurück und führte das Team zum Klassenerhalt. Sein Vertrag wurde jedoch nicht verlängert. „Das hatte zwischenmenschliche Gründe. Zudem hat es auch finanziell nicht gepasst", so Messow. Hernández läuft in der kommenden Saison für den indischen Club Bengaluru FC auf. Vor seinem Abschied schoss er noch gegen Atlético Baleares: Der deutsche Eigentümer Ingo Volckmann und Patrick Messow seien feine Menschen, aber von geldgeilen Beratern umgeben. „Ingo ist ein erfahrener Mann. Er lässt sich von niemandem beeinflussen", sagt Messow.

Eines der größten Probleme in der zurückliegenden Spielzeit war die Flaute im Sturm. Atlético Baleares versuchte viel, fand aber keinen treffsicheren Angreifer. Für die neue Spielzeit wird das Personal fast komplett ausgetauscht. Mit Adrián Hernández, Marcos de la Espada und Nuha Marong wurden drei Stürmer geholt. „Sie sind alle drei gleichwertig", sagt Messow. Die Neuzugänge müssen sich mit Angreifer Hugo Díaz um einen Platz in der Startelf streiten.

Eigentlich sollte ein Rückkehrer für Tore bei Atlético Baleares sorgen. Rubén Jurado wechselte vor einem Jahr nach Polen. Bereits im Winter wollte Atlético ihn zurück. Doch erst im Sommer klappte der Wechsel. Im Juni unterschrieb Jurado bei Atlético, es sollte nicht seine einzige Unterschrift bleiben. Offensichtlich hat AEL Limassol aus Zypern dem Stürmer ein besseres Angebot gemacht. „Ich habe es durch die Medien erfahren, dass er nicht zu uns wechselt", sagt Messow. Ein unbefriedigendes Telefonat mit dem Stürmer später war dem Sportdirektor klar, dass er rechtliche Schritte einleiten muss. „Wir haben bei der FIFA Anzeige wegen Vertragsbruch eingereicht." Der Verband entscheidet nun, ob der Spieler gesperrt wird oder Limassol noch eine Ablöse zahlen muss.

Nach dem Karriereende der deutschen Spieler Marcel Ndjeng und Malik Fathi steht im Kader mit Torhüter Carl Klaus nur noch ein Deutscher. Der bekommt dafür einen Stammplatz, nachdem sein Konkurrent Oinatz Aulestia den Club verlassen hat. „Es ist der Moment von Carl", sagt Messow. Der Sportdirektor wollte eigentlich auch weitere deutsche Spieler verpflichten. „Für zwei hatten wir auch ein Angebot abgegeben. Aber es hat nicht gepasst."

Immerhin bleibt Malik Fathi in einer neuen Funktion dem Verein erhalten. Er wird die Mannschaft in der Vorbereitung als Mentaltrainer begleiten. „Er beobachtet die Trainingseinheiten und führt danach Einzelgespräche", sagt Messow. „Es geht dabei aber weniger um das Miteinander, sondern mehr um die persönlichen Ziele jedes Einzelnen."

An der Teamarbeit soll ab Donnerstag (26.7.) gearbeitet werden. Dann fliegt die Mannschaft ins einwöchige Trainingslager nach Murcia. Den Fans soll das neue Team am 12. August beim Testspiel gegen Esporles vorgestellt werden. Anpfiff ist um 19 Uhr im Stadion von Son Malferit. Dort wird Atlético auch in die Saison starten, denn die Renovierungsarbeiten am Estadi Balear verzögern sich weiter. „Wir hoffen, noch in der Hinrunde umzuziehen", lautet der aktuelle Zeitplan.