Es gibt Zeiten, in denen ein ganzes Land um das Körperteil eines Sportlers bangt. 2010 gab es den Knöchel der Nation, als Deutschland auf die WM-Teilnahme von Kapitän Michael Ballack hoffte. Dieses Jahr zitterte fast ganz Ägypten um die Schulter von Mohamed Salah. Die Mallorquiner sorgen sich hingegen schon seit vielen Jahren um das Knie von ihrem Tennisstar Rafael Nadal. Durch einen alterativen Therapieansatz könnte der 32-Jährige nachhaltig beschwerdefrei werden, meint Arndt Weitendorff. Der Diplom-Osteopath aus Kiel arbeitet seit elf Jahren in seiner Praxis Consulta Artà.

Der Tennisspieler aus Manacor ist fast keine Saison ohne größere Verletzung ausgekommen. Oft war es eine Sehnenreizung im Knie, die ihm Schmerzen bereitete. 2008 brach Nadal mit 22 Jahren erstmals eine Partie wegen Knieproblemen ab. Auch ein Jahr später hemmte ihn die Verletzung noch. Nadal musste in der Folge den Platz an der Weltranglistenspitze abgeben. 2010 kosteten ihm die Kniebeschwerden die Australian Open und zwei Jahre später gar die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London.

Auch die vergangene Saison beendete Nadal mit Knieschmerzen vorzeitig. Von der längeren Erholungsphase profitiert er bislang. „Ich freue mich mehr darüber, wenn ich beschwerdefrei spiele, als wenn ich gut spiele", sagte er am Mittwoch (11.7.) nach dem Viertelfinalsieg bei Wimbledon gegen Juan Martín del Potro. Selbst auf dem von ihm ungeliebten Rasenplatz bewegte sich der Mallorquiner ungehemmt. „Was dich beim Spielen einschränkt ist der Schmerz. Mit schlimmen Knien kann man auf Rasen nicht gut spielen. Man braucht Stabilität, denn Rasen ist der lockerste Untergrund überhaupt."

Ginge es nach Weitendorff, wäre das keine Momentaufnahme. Die Osteopathen haben sich unter anderem, ähnlich wie die Chiropraktiker, darauf spezialisiert, mit manuellen Techniken Fehlfunktionen der Gelenke festzustellen und zu korrigieren.Das Ziel einer osteopathischen Behandlung liege darin, die Ursachen für die Symptome aufzuspüren und zu behandeln. „Es ist unsinnig, nur die Symptome zu behandeln. Man würde beim Auto auch nicht die Öl-Kontrollleuchte wechseln, wenn sie aufleuchtet, sondern am Motor nachsehen und den Ölstand korrigieren", so Weitendorff.

Im Falle von Nadals Knie vermutet der Osteopath, dass die Ursache der Schmerzen woanders liegt. „Die knieumgebende Muskulatur hat ihren Ursprung hauptsächlich an der Darmbeinschaufel des Beckens. Eine Funktionsstörung am dort befindlichen Iliosakralgelenk (ISG) kann eine Sehnenansatzreizung am Knie auslösen." Das sei nicht nur ein Problem von Profisportlern. „Viele Patienten leiden unter einer Funktionsstörung des ISG, was häufig durch Stürze oder Fehltritte ausgelöst werden kann. Diese Unfälle können bereits Jahre zurückliegen und immer wieder für Beschwerden sorgen."

Diese können neben dem Knie auch andere Bereiche des Körpers betreffen. „So blockiert wegen einer direkten Bandverbindung der vierte Lendenwirbel, was für Rückenschmerzen und Bandscheibenproblemen sorgt."

Eine ursachenbezogene Behandlung könne dieses Problem beheben. „In der Orthopädie wird dem ISG aber leider zu wenig Beachtung geschenkt." Darüber streiten sich die Osteopathen mit den Ärzten seit Jahren. Der Nachteil Ersterer ist, dass ihr Beruf in Deutschland nicht anerkannt wird. „Um arbeiten zu dürfen, muss der Osteopath Arzt oder Heilpraktiker sein."

In Spanien dürfen die Osteopathen hingegen als solche arbeiten, müssen sich das Vertrauen der Kunden aber hart erarbeiten. „Vieles geht über Hörensagen. Ich hatte in meinen Anfangsjahren auf der Insel eine 90-jährige Mallorquinerin in der Praxis. Nach einer erfolgreichen Behandlung kam das ganze Dorf."

Auch Rafael Nadals Onkel und ehemaliger Trainer Toni kam schon vor Jahren in die Praxis von Weitendorff. Insofern liegt der Gedanke nahe, dass der Tennisspieler auch noch dem deutschen Osteopathen einen Besuch abstattet, wenn das Knie irgendwann wieder zwickt. „Es besteht Hoffnung auf eine beschwerdefreie Zukunft", glaubt Weitendorff.

Dann könnte der Mallorquiner wohl auch die kommenden Jahre um Grand Slam-Titel spielen. Denn in der Rangliste mit den meisten Trophäen bei den vier größten Turnieren liegt Nadal noch drei Siege hinter seinem Schweizer Freund Roger Federer.