Berlin, Berlin, wir fliegen nach Berlin - freuen sich 96 spanische Sportler. So viele Spanier haben noch nie an einer Leichtathletik-Europameisterschaft teilgenommen wie bei den Wettkämpfen, die am Montag (6.8.) in der deutschen Hauptstadt beginnen. Einen Bezug zu Mallorca haben allerdings nur zwei der Sportler. Caridad Jerez und Yidiel Contreras, beides Hürdenläufer. „Die Hürden sind eigentlich keine mallorquinische Spezialität", sagt Caridad Jerez. „Yidiel zählt dieses Jahr zur mallorquinischen Riege, weil er sich auf der Insel als Resident angemeldet hat."

Bei der 27-Jährigen aus Palma ist es andersrum. Die Mallorquinerin startet seit Jahren bei Wettkämpfen für den FC Barcelona, trainiert aber in Alicante. „Mir steht es frei, in jedem Ort der Welt zu trainieren. Barcelona habe ich aus privaten Gründen abgewählt."

Caridad Jerez ist das spanische Aushängeschild für den Hürdenlauf der Frauen. Bei den jährlichen Meisterschaften in Spanien läuft sie quasi außer Konkurrenz und gewinnt jedes Jahr mit großem Vorsprung über die 100-Meter-Distanz. Selbst wenn die 27-Jährige von einer Verletzung gehemmt ist, können die anderen spanischen Hürdenläuferinnen nicht mit ihr mithalten. „Ich habe im vergangenen Jahr von März bis September mit Achillessehnenproblemen pausiert. Es war nichts gerissen, aber ich hatte bei jedem Wettkampf große Schmerzen." Trotz der langen Pause krönte sich Jerez vor anderthalb Wochen in Getafe wieder mit der spanischen Meisterschaft. Mit ihrer Finalzeit von 13,41 Sekunden hätte sie sich nicht in Berlin blicken lassen können. Für die EM liegt die Mindestnorm bei 13,25 Sekunden. „Es war ein komisches Finale. Ich habe eine Hürde umgelaufen und bin ständig mit den Armen an die anderen Läuferinnen angeeckt." Glücklicherweise hatte sich Jerez bereits bei einem Wettkampf zuvor für die EM qualifiziert.

So stark die Mallorquinerin gegen ihre Landsfrauen ist, so chancenlos ist sie gegen die internationale Konkurrenz. Mit einer Bestzeit von 12,94 Sekunden ist sie etwa eine halbe Sekunde langsamer als die Siegerinnen bei den großen Turnieren. Bei der EM 2016 landete Jerez auf dem zwölften Platz, bei den Olympischen Spielen in Rio war direkt nach dem ersten Lauf Schluss.

Wahrscheinlich würde eine spanische Gegnerin auf ihrem Niveau Caridad Jerez zu besseren Zeiten anspornen. „Dann schaukelt man sich gegenseitig hoch." Bis 2015 hatte Josephina Onyia diese Rolle inne. Die Spanierin mit nigerianischen Wurzeln hält mit 12,5 Sekunden den spanischen Rekord. 2016 wurde sie aber nach fünf positiven Dopingbefunden auf Lebenszeit gesperrt. „Sie hatte mir sehr geholfen, aber ich vermisse sie nicht. Sie ist eine Betrügerin", sagt die Mallorquinerin.

So muss sich Caridad Jerez weiter allein motivieren. „Man läuft immer gegen sich selbst." Im Vorlauf am Mittwoch (8.8.,10.10 Uhr) will sie mit einer Zeit unter 13,1 Sekunden das EM-Halbfinale erreichen.