Für einen 18-Jährigen wirkt Vincent Graven schon sehr routiniert. Der deutsche Volleyballspieler verstärkt in dieser Saison den Erstligist Urbia Palma. Nervös macht ihn das nicht. Dabei ist es für Graven die erste Station im Profi-Sport überhaupt, und dann auch noch in einem anderen Land weit weg von der Heimat. Doch Vincent Graven kennt die Insel. Bereits vor drei Jahren spielte er als Jugendlicher beim CV Sóller.

Im Rahmen eines Austausches der Volleyballclubs von Sóller und Dachau, des Heimatvereins von Vincent Graven, wechselte der Deutsche 2015 gemeinsam mit einem weiteren Spieler auf die Insel. „Ich habe in Palma bei einer Gastfamilie gewohnt, die auch Deutsch sprach, bin in Magaluf auf eine internationale Schule gegangen und täglich zum Training nach Sóller gependelt. Es war eine Menge Fahrerei", sagt Graven, der die Erfahrung aber nicht missen möchte. „Sóller ist als Ort wie eine große Familie. Ich kann nur jedem empfehlen, so einen Austausch zu machen."Profi statt Nachwuchsspieler

Der CV Sóller fungiert als Filialteam von Urbia Palma. In der Vorsaison ist das Team spanischer Juniorenmeister geworden. Während seiner Zeit dort lernte Graven den heutigen Trainer des Erstligisten, Marcos Dreyer, und einige seiner aktuellen Mitspieler kennen. Man blieb in Kontakt.

2018 hat Vincent Graven sein Abitur gemacht und ist mit seiner Familie nach Palma gezogen. „Der Plan sieht vor, dass wir ein Jahr bleiben und danach nach Deutschland zurückkehren." Eigentlich wollte Graven erneut für Sóller auflaufen und nebenbei durch Praktika erste Erkenntnisse in der Arbeitswelt sammeln. „Da mein Wechsel jedoch als Auslandstransfer gilt, darf ich nicht länger für eine Jugendmannschaft spielen."

Ein Umstand, der Marcos Dreyer offenbar nicht unglücklich macht. „Er hat sich ein wenig mit dem Trainer von Sóller um mich gestritten", sagt Graven schmunzelnd. Für ihn selbst sei Urbia Palma eine tolle Möglichkeit. „Hier habe ich die Chance, mit spanischen Nationalspielern zusammen zu spielen." Die Idee mit den Praktika hat er für die Profikarriere flugs verworfen.

Die Veggie-Boys

In Deutschland schaffte es Vincent Graven mit dem ASV Dachau nur in die dritte Bundesliga. „Wir hatten einen fest angestellten Trainer und jeden Tag trainiert." Ein Gehalt bezog er aber nicht. „Als das Team vor ein paar Jahren noch in der zweiten Liga spielte, wurden die Spieler bezahlt. Danach hat man auf jüngere Volleyballer gesetzt. Der älteste in unserer Mannschaft war 21."

Das Team hat durch ein Projekt für Schlagzeilen gesorgt. Gemeinsam mit Ernährungswissenschaftlern hat der ASV Dachau die Auswirkung einer veganen Ernährungsweise auf Leistungssportler getestet. Drei Monate lang verzichteten die Spieler in der vergangenen Saison auf tierische Lebensmittel. Die Presse nannte das Team die Veggie-Boys. Vegan sei ­gesünder, meinten die Ernährungswissenschaftler. Sportlich war die fleischlose Ernährung jedoch von keinem Erfolg gekrönt. Das junge Team war mit dem Ziel Aufstieg in die Saison gestartet. „In der Hinrunde hatten wir alle Spiele gewonnen. Nach der Ernährungsumstellung kamen die Niederlagen", sagt Graven. Dass es am Ende nur für den zweiten Platz - und somit nicht den Aufstieg - gereicht hat, soll aber nicht nur an der Ernährung gelegen haben. „Ich habe mich ganz normal gefühlt. Es war nur aufwendig, jeden Abend zu kochen, statt einfach ein Schinkenbrot zu essen." Für den sportlichen Misserfolg macht der 18-Jährige mangelnde Konstanz und Erfahrung verantwortlich.

Die Geheimwaffe auf der Bank

Während Graven in Deutschland Stammspieler war, muss er sich in Palma mit einem Platz auf der Bank begnügen. Auf seiner Position des Außenangreifers hat der Inselclub in der Sommerpause mit Gerard Osorio einen der besten Spieler der Liga verpflichtet. „Ich werde eigentlich nur zum Aufschlag eingewechselt", sagt Graven. Da er danach im hinteren Teil des Feldes positioniert ist, kommt er eigentlich nur in der Verteidigung und nicht im Angriff zum Einsatz. „Wobei meine Aufschläge so hart kommen sollen, dass sie gar nicht erst zurückkommen." In den bisherigen zwei Spielen hat der Deutsche sieben Mal aufgeschlagen und dabei drei Asse bei einem Fehlversuch geholt. Auf der Position des Außenangreifers ist das ligaweit hinter Teamkamerad Osorio (vier Asse) der zweite Platz. Wobei der Spanier 20 Versuche hatte und fünf nicht ins Feld brachte.

Mit zwei 3:0-Siegen ist Urbia Palma ideal in die Saison gestartet und führt die Tabelle an. Am Sonntag (28.10., 17.30 Uhr) kommt mit Meister Teruel der vermeintlich stärkste Gegner in die Halle von Son Moix. „Ich kenne die Mannschaft nicht, daher bin ich auch nicht nervös", zeigt sich Graven gelassen. Angst sollte eher der Meister vor dem Aufschlag des Deutschen haben.