So viel Trubel gibt es in Molinar selten. Hunderte Autos parken auf einem Feld, wo ein paar arme Schlucker in Ruinen hausen. Am Rande des Fußballplatzes von Rotlet Molinar haben Arbeiter Tribünen und einen Turm für Fernsehkameras hochgezogen. Sie sind auf das Feld ausgerichtet, wo sonst der Fünftligist vor wenigen Zuschauern spielt. Anlass ist ein Jugendfußballturnier für Kinder unter zehn Jahren. Mit Atlético Madrid, Real Sociedad San Sebastián und dem FC Valencia sind Top-Vereine vertreten. Auch die deutschen Clubs Borussia Dortmund und Borussia Mönchengladbach sind mit dabei. Die MZ hat beim BVB-Nachwuchscoach Giovanni Loto nachgefragt.

Warum spielen Europas beste Jugendmannschaften bei einem mallorquinischen Kreisklasseclub?

Wir sind vom Veranstalter eingeladen worden. Solche Einladungen bekommen wir eine Menge. Dann gucken wir, welche Teams dabei sind und mit wem wir uns messen wollen, um die Qualität unserer Arbeit bewerten zu können. Für das Turnier hier haben Atlético Madrid und Real Sociedad San Sebastián den Ausschlag gegeben. Das ist ein guter Maßstab, um zu sehen, wie weit der Fußball im Grundlagenbereich in Spanien ist und wie wir im Vergleich dazu stehen.

Wie bewerten Sie Ihr Abschneiden?

Wir haben im Viertelfinale gegen Atlético Madrid mit 0:1 verloren. Das geht in Ordnung, Madrid war besser. Insgesamt haben wir gesehen, dass die Spanier vor allem bei der individuellen Entwicklung besser drauf sind. Die Spieler haben mehr Biss, mehr Siegeswillen.

Wie professionell geht es bei einer U10 zu?

Wir haben drei Trainingseinheiten pro Woche und den Spielbetrieb. Wir spielen in einer inoffiziellen Liga zwischen den Nachwuchsleistungszentren in NRW. Die laufen als Freundschaftsspiele. Unsere Spieler werden gesichtet und kommen aus einem 50-Kilometer-Umkreis um Dortmund. Anfang Januar haben wir einen Tag der Talente für die Jahrgänge 2010 bis 2012. Da können sich alle Kinder über die Website des BVB anmelden.

Kritiker behaupten, in Deutschland fehlen die Straßenfußballer. Stimmt das?

Im Vergleich zu früher gibt es viel mehr Playstation- und Computerspiele. Man sieht die Kinder kaum noch auf der Straße spielen. Das finde auch ich schade. Man muss nur mal in Länder wie Kroatien schauen. Trotz nur vier Millionen Einwohnern bringen die Kroaten viele Profis hervor. Einer der Gründe ist der Straßenfußball. Dort spielen Kinder unterschiedlichen Alters gegeneinander. Auf dem harten Boden versuchen sie, nicht hinzufallen und schnell zu spielen. Das gibt es bei uns nicht mehr. Wir müssen schauen, wie wir das auffangen können. Im Nachwuchsleistungszentrum machen wir das mit Technik- und Koordinationstraining.

Man hat den Eindruck, dass immer die gleichen Spielertypen ausgebildet werden. Technisch starke und wendige Mittelfeldspieler wie Mario Götze, Kai Havertz oder Julian Brandt gibt es viele. Außenverteidiger oder Stürmer so gut wie gar nicht €

Die Vereine und auch der Deutsche Fußballbund machen sich viele Gedanken, und es wird immer wieder alles hinterfragt, überprüft und an vielen Rädchen gedreht, um den deutschen Nachwuchsfußball nach vorne zu bringen. Ich glaube, dafür kann dann auch so ein Turnier wie auf Mallorca dienen, um die wirklichen oder nur gefühlten Unterschiede zu spanischen Teams zu erkennen.

Können Sie bei einem Zehnjährigen schon einschätzen, ob er das Zeug zum künftigen Profi hat?

Das Talent können wir erkennen. Ob es dann reicht, entscheiden viele Faktoren. Die Kinder kommen in eine Wachstumsphase, wechseln die Schule und den Freundeskreis. Da muss man fragen, ob bei einem 15-Jährigen dann noch der Fokus auf dem Fußball liegt oder doch eher auf der Freizeit. Relevant ist, ob die Spieler ballgeil sind. Also dass sie den Ball auf dem Platz haben wollen und den Zweikampf gewinnen wollen. Das sind mentale Dinge wie Widerstandsfähigkeit und Entscheidungsfreude. Ohne die fehlt es an Durchsetzungsvermögen.

Welchen Namen sollte man sich merken?

Da würde ich mich weit aus dem Fenster lehnen. Meine Mannschaft ist sehr ausgeglichen. Sie zeichnet sich durch Teamgeist aus und nicht durch Individualisten.

Bekommt ein Jugendspieler von Borussia Dortmund eingeimpft, dass er Schalke hassen muss?

Nein, Hass ist niemals gut und das wollen wir unseren Kindern auch sicherlich nicht vermitteln. Die Rivalität zwischen den Vereinen ist aber natürlich da, das merken die Kinder früh. Es ist ein Derby. Das vermitteln wir auch den Kindern. Es muss aber auf sportlicher Ebene bleiben.