Das kann ja wohl nicht wahr sein, dachte sich Fernanda Ruffini. Vor zehn Jahren kam die Argentinierin auf die Insel und musste feststellen, dass die Mallorquiner von ihrer Leidenschaft keinen blassen Schimmer haben. Die 33-Jährige ist begeisterte Feldhockeyspielerin. „Das kennt auf Mallorca niemand", sagt sie noch heute leicht entsetzt. Doch Schritt für Schritt ist Ruffini dabei, das zu ändern. Die Argentinierin ist Gründerin, Präsidentin, Trainerin und Spielerin des einzigen balearischen Feldhockeyclubs, dem Mallorca HC.

Bereits seit 1908 ist Feldhockey eine olympische Sportart. Im internationalen Vergleich schneiden die Spanier gar nicht so schlecht ab. In Peking 2008 holten die Herren Olympia-Silber. Die Damen gewannen bei der WM 2018 Bronze. „Und dennoch ist es hier in Spanien eine Randsportart", seufzt Ruffini. Anders sieht es in Argentinien aus. „Um die 200.000 Spieler sind dort beim Verband eingeschrieben", erklärt Erwin Hess. Der Argentinier mit deutschen Vorfahren hat den Mallorca Hockey Club mitbegründet. „Bei den Frauen ist es die Sportart Nummer 1. Deswegen sind auch 80 Prozent aller Spieler Frauen."

Die Frauen sind in der Überzahl

Diese Verteilung zeigt sich auch beim Club auf der Insel. Die Frauen stellen mit 28 Spielerinnen - elf stehen beim Feldhockey auf dem Platz - erstmals eine balearische Mannschaft. Der Großteil der Spielerinnen kommt aus Argentinien. Bei den Herren haben sich hingegen nur acht Spieler zusammengefunden, die sich mit Hallenhockey - hier werden nur sechs Spieler benötigt - begnügen müssen.

Mangelndes Interesse war auch der Grund, warum es jahrelang nicht mit einem Hockeyclub auf Mallorca geklappt hat. „Wir waren immer nur sechs, sieben Spielerinnen und Spieler, die sich zusammenfanden. Damals haben wir aber auch noch keine Suchanzeigen über die sozialen Netzwerke erstellt", sagt Ruffini. Zwei Versuche, ein Team zusammenzustellen, scheiterten. Erst im dritten Anlauf im Februar 2017 erreichte Ruffini übers Internet ausreichend Hockeyspieler. „Mittlerweile schreiben uns Leute aus aller Welt über Facebook an. Das sind oft junge Spieler, die nach Mallorca ziehen und einen Hockeyverein suchen."

Doch Spieler alleine reichten nicht. Ein großes Problem am Anfang war die Suche nach dem Material. „Auf der Insel gibt es kein Geschäft, das Hockeyschläger verkauft. Wir haben uns über Anzeigen im Internet sechs gebrauchte Schläger gekauft, die wir dann immer abwechselnd benutzt haben", sagt Ruffini. Eine weitere Hürde war und bleibt, dass es auf der Insel keinen Feldhockeyplatz gibt. Ein Hockeyfeld misst 91 mal 55 Meter, was in etwa einem Großfeld im Fußball entspricht. „Die sind in Palma jedoch alle belegt. Zudem sind sie nicht für Feldhockey gedacht." So fehlen die Linien und die Tore. Mittlerweile trainiert der Verein auf einem Fußball-Kleinfeld der Schule CEIP Rafal Vell in Palma. Die Tore haben Ruffini und Hess selbst gebastelt.

Sogar schon Tabellenführer

Für Ligaspiele reicht das nicht. Im zweiten Jahr hat sich der Mallorca Hockey Club in der dritten Liga eingeschrieben. Der spanische Verband ordnete den Verein der regionalen Liga von Valencia zu. Seine Heimspiele muss der Club auf dem Festland austragen. Trotz der widrigen Umstände läuft es sportlich gut. „Ich hatte gedacht, die erste Saison wird ein Desaster", sagt Ruffini. „Aber die Gegner und Schiedsrichter gratulieren uns zu unserer Leistung." Bis zum vergangenen Wochenende führte der Mallorca Hockey Club die aus sechs Teams bestehende Liga sogar an. Nach einer Pleite gegen Alicante ist es nun Platz drei. Die ersten vier Mannschaften qualifizieren sich für die Play-offs. Spanienweit steigen aus allen regionalen Ligen drei Mannschaften in die zweite Liga auf. „Das ist das Ziel", sagt Ruffini.

Die Argentinierin will den Hockey-Sport auf den Balearen immer weiter professionalisieren. Auch auf den Nachbarinseln haben sich mittlerweile Spieler gefunden, die kurz vor der Gründung von eigenen Clubs stehen. Das Training der Kindermannschaft am Montag (18.2.) leitete Andrés Mondo. Der Spanier ist der Nationaltrainer der weiblichen U-16 und gehört auch zum Trainerteam der Frauennationalmannschaft. „Zudem ist er der Verantwortliche für den Hockeysport an Schulen. Wir wollen, dass künftig mehr mallorquinische Schulen Hockey anbieten", sagt Ruffini.

Dann gilt es nur noch, am Platzproblem zu arbeiten. „Mit einem eigenen Platz könnten wir den Tourismus in der Nebensaison fördern", ist sich Hess sicher. Mit dem Mettmanner THC kam schließlich schon ein deutsches Team als Testspielgegner vorbei. Weitere Anfragen würden bereits vorliegen.