2010 sollte die Circuit Mallorca in Llucmajor einen großen Bruder bekommen. Der spanische Architekt Gabriel Palmer wollte direkt gegenüber, in Richtung Meer, eine Rennstrecke für die Formel-1 bauen. Der damalige Chef der Rennserie, Bernie Ecclestone, soll von der Idee begeistert gewesen sein. Investoren für das bis zu 200 Millionen Euro teure Projekt standen angeblich parat, das erste Rennen war für den 25. September 2012 geplant. Daraus wurde bekanntermaßen mangels Baulizenz nichts.

Die drei Kilometer lange Circuit Mallorca gibt es immer noch, mittlerweile schon seit 22 Jahren. „Eine Formel-1-Strecke auf der Insel ist völlig an der Realität vorbeigegangen", sagt Helmut Gay. Der Deutsche betreibt seit November 2013 die von spanischen Betreibern gebaute Rennstrecke. 2005 kaufte Arnold Hollerbach das Grundstück und nannte die Strecke vorübergehend in RennArena um. Mit dem Einstieg von Helmut Gay und seinem Schweizer Partner Dieter Zuber als Betreiber heißt die Rennstrecke wieder Circuit Mallorca.

An den Plänen einer Formel-1-Rennstrecke sei Arnold Hollerbach nie beteiligt gewesen, so Gay. Ebenso wenig an den Machenschaften der Hells Angels. Die Rockerband hatte die Pläne aufgegriffen und wollte angeblich eine eigene Formel-1-Strecke am Circuit bauen, allerdings mit Schwarzgeld, was die Polizei auf den Plan rief (MZ berichtete). Die Beamten grätschten mit einer Razzia im Juli 2013 dazwischen, nahmen den Chef Frank Hanebuth und weitere 25 Rocker wegen vielerlei anderer Anklagepunkte fest. Bis heute warten sie auf ihren Prozess.

Die Rennstrecke heute

Das Konzept von Helmut Gay setzt eher auf Vermietung. „Offizielle Rennen dürfen wir selbst nicht veranstalten", sagt Gay. „Aus Sicherheitsgründen können auf unserer Strecke nicht mehr als 15 Autos fahren." So drehen meist lediglich drei bis vier Wagen der Firmen, die den Circuit für Testfahrten buchen, auf der Strecke ihre Runden. Porsche hatte sich in den vergangenen Monaten in Llucmajor eingemietet, um internationale Händler auf den neuen Carrera 911 zu schulen. Zuletzt war das Formel-E-Team von Audi da. Der nächste Gast wird Seat sein. Womöglich wird hier der neue Cupra Formentor vorgestellt, der vor zwei Wochen in Genf präsentiert wurde.

Der jüngste Neuzugang vom Circuit ist ein Offroad-Kurs. Für Rallycross-Fahrten wird zu 60 Prozent der normale Kurs genutzt. Danach geht es auf die anschließende 1.300 Meter lange planierte Erdstrecke. Das Projekt hatte Gay gemeinsam mit dem Ex-DTM-Fahrer Timo Scheider geplant. Dieser träumte auch von DTM-Rennen auf der Insel. Nach einem Jahr lief der Vertrag zwischen Scheider und Gay aus, und der Rennfahrer verabschiedete sich von dem Projekt.

So fahren auf dem Circuit Mallorca lediglich zweirädrige Fahrzeuge um die Wette. „Wir fördern Kinder- und Jugendarbeit und lassen die Motorradfahrer vom balearischen Verband kostenlos trainieren", sagt Gay. Auch der mallorquinische MotoGP-Fahrer Joan Mir nutzt die Rennstrecke zum Training. „Wir sind die Ausländer hier und können die Einheimischen nicht aussperren. Wo sollen die sonst auch hin?"

Wer sich selbst einmal als Rennfahrer fühlen möchte, kann sogenannte Taxifahrten kaufen. Auf dem Beifahrersitz eines ehemaligen DTM-Wagens geht es dann im Höchsttempo über die Rennstrecke. Der Preis für das rasante Abenteuer beginnt bei 1.500 Euro. Günstiger gibt es eine Runde Gokart auf einer kleinen Nebenstrecke. 20 Minuten kosten 40 Euro, zehn Minuten 23 Euro.

Manchmal geht es auch ohne Motor. Im vergangenen Sommer hat die Gemeinde Llucmajor ein zwölf Stunden langes Radrennen auf der Rennstrecke abgehalten. Rollt doch auf der Circuit Mallorca.