In Deutschland hat ihn jeder Dorfverein, auf Mallorca ist er ein Luxusobjekt. Die Rede ist von einem Naturrasenplatz. Nur drei mallorquinische Clubs spielen auf echtem Gras: Real Mallorca, UD Poblense und Constància Inca. Man könnte meinen, dass die Teams daher stolz auf das Privileg sind. In Inca träumt man jedoch vom Kunstrasen. Denn den Naturrasen können fast nur die Männer nutzen. „Die Kinder sind aber wichtiger als die erste Mannschaft", sagt Rafel Palou, der seit sieben Jahren dem Verein als Präsident vorsitzt.

Das Stadion Nou Camp in Inca ist seit 1965 die Heimspielstätte des Clubs. „Damals spielte der Verein noch in der zweiten Liga." Das ­ehemalige Stadion Es Pos war mit seinen 3.000 Plätzen regelmäßig ausverkauft. „Die wichtigsten Unternehmer der Stadt haben sich zusammengeschlossen und das neue Stadion mit 10.000 Plätzen finanziert." Damals wie heute war es selbstverständlich, dass ein Zweitligist auf Naturrasen spielt.

Die einst glorreichen Zeiten wirken auf den Club heute wie eine Altlast. Drei Jahre nach der Eröffnung des Stadions stieg Constància in die dritte Liga ab, seit fünf Jahren spielt der Verein nur noch in der viertklassigen Tercera División. „Als ich mein Amt antrat, wollte ich dem Club erst einmal wieder eine Identität geben." Denn zu Drittligazeiten hat der Verein auf Spieler vom Festland gesetzt und sich in Schulden gestürzt. Nachwuchsarbeit war damals Fehlanzeige. „Das Profiteam und die Jugendabteilung hatten zwei unterschiedliche Vorstände." Auch für das Nou Camp war kein Geld mehr da. „Vor drei Jahren lag das Stadion brach und das Gras stand hüfthoch."

Rafel Palou hat aufgeräumt. Es gibt nur noch einen Vorstand. Dieses Jahr tilgt der Verein voraussichtlich die letzten Schulden. Und Constància entwickelt sich allmählich zur Nachwuchsakademie. „Drei unserer Jugendspieler gehören zur ersten Mannschaft. Ein anderer hat im April ein Probetraining beim FC Liverpool." Auch das Feld im Stadion wurde wiederhergerichtet.

Quasi heile Welt 2019. Wenn da nur nicht das Rasenproblem wäre. Neben dem Nou Camp verfügt der Club auf der anderen Seite der Bahnschienen über einen großen und einen kleinen Kunstrasenplatz. „Das reicht aber nicht aus. Denn im Stadion trainieren nur die Herren und Kinder unter sechs Jahren, die den Platz nicht zertrampeln." Insgesamt spielen 450 Fußballer in 26 Teams für Constància.

„Jedes Jahr müssen wir 70 interessierten Spielern absagen, da wir keinen Platz haben." In der kommenden Saison will der Verein um zwei weitere Teams aufstocken: ein weiteres Jugendteam und eine Frauenmannschaft.

Aus finanzieller Sicht ist ein Naturrasenfeld auf Mallorca wenig sinnvoll. Dieser Tage ist der Platz in einem schlechten Zustand. „Der trockene und sonnige Winter war nicht gut." Das Feld ist hart, der Grasbewuchs weist kahle Stellen auf. Nach der Saison soll der Platz neu besät werden. „Etwa 45.000 Euro kostet uns das Feld in der Saison - und das quasi für nur ein Team." Allein eine Fuhre Saatgut - für den Winter und den Sommer werden unterschiedliche Grassorten gepflanzt - kostet 4.000 Euro. Hinzu kommen Ausgaben für Rasenmäher und einen Platzwart in Vollzeit.

Ein neuer Kunstrasenplatz würde jedoch 400.000 Euro kosten, die der Verein allein nicht aufbringen kann. Besserung ist in Sicht. Denn das Rathaus verhandelt mit der Anlegergemeinschaft über einen Kauf des Stadions. Am Donnerstag (4.4.) gibt es eine Sitzung mit allen Parteien. Geplant ist, dass die Stadt bei einer Versteigerung 50 Prozent der Anteile für 1,8 Millionen Euro - die Hälfte des vom Katasteramts geschätzten Werts - kauft.

Ein Problem ist, dass die Anteile über Generationen vererbt wurden und nicht alle Besitzer ausfindig gemacht werden konnten. Zudem könnte ein Investor bei der Versteigerung dazwischenfunken. „Für den Verein hätte das vorerst keine Auswirkungen", so Palou. „Wir haben einen 20-jährigen Nutzungsvertrag, der noch 17 Jahre läuft." Bis 2020 soll der Verkauf der Anteile gelingen. Danach könnte die Stadt in ein Kunstrasenplatz investieren.

Neben dem Feld gibt es noch weitere Baustellen: Tribünen, Spielertunnel und Umkleiden wurden nie renoviert. „Wir haben nur die Haupttribüne überdachen lassen", sagt Palou. Von der wurde ein Teil abgetrennt, der nun als Auswechselbank fungiert. „Nach englischem Vorbild." Das soll die Zuschauer näher an das Team heranführen, was auch nötig ist. Lediglich an die 300 Fans kommen zu den Heimspielen. „Wir haben außer der Haupttribüne alle weiteren Plätze geschlossen, um Atmosphäre zu schaffen." Genutzt hat es wenig. „Die Spieler haben sich beklagt, dass sie niemand anfeuert. Wenn wir in Inca spielen, ist es gefühlt ein Auswärtsspiel."

Die Vorteile eines Naturrasenplatzes kann der Verein kaum nutzen. Interesse europä­ischer Clubs für ein Trainingslager in Inca habe es zwar gegeben. „Als die Verantwortlichen dann aber unsere Duschen gesehen haben, haben sie das Weite gesucht." Auch prominente Gegner gibt es kaum noch. „Vor Jahren hatten wir den Trofeu Dijous Bo ausgetragen. Da kamen Erstligisten wie Espanyol Barcelona, der FC Valencia oder Betis Sevilla. Doch es wurde zu schwierig, die Top-Teams für ein Freundschaftsspiel unter der Woche zu begeistern."

So ist in Inca niemand traurig, wenn das Privileg eines Rasenplatzes verschwindet. Auch vom großen sportlichen Erfolg träumen wohl nur wenige. Rafel Palou wünscht sich zum 100-jährigen Bestehen des Clubs 2022 statt des Aufstiegs lieber ein neues Vereinsheim.