In der Halbzeitpause hatten die Fans noch gescherzt. "Also, von mir aus kann er abpfeifen. Wir sind in der zweiten Liga", sagte einer. "Ich weiß nicht, wie ich die zweite Halbzeit aushalgten soll", lautete die Antwort seines Freundes, der seine Nervosität bei diesem Play-Off-Spiel um den Aufstieg nicht in Humor umzuwandeln vermochte.

Atlético Baleares war zu dem Zeitpunkt auf einem guten Weg, nach einem kämpferischen Start in die Partie. Kapitän Francesc Fullana hatte sein Team in der 40. Minute durch einen Foulelfmeter gegen Racing Santander in Führung gebracht. "Schieß mit allen Eiern dieser Welt", hatte ihm ein Fan kurz vor dem Strafstoß zugerufen und sich zur Untermalung der Aussage mit Schmackes in den Schritt gefasst.

Prominentes Publikum

Einen kleinen Moment war die Welt heil am Sonntagmittag (2.6.) in diesem kleinen, ungemütlichen Stadion Son Malferit zwischen Autobahn und Gewerbegebiet. Die 1.800 Zuschauer - ausverkauftes Haus - sakndierten "Que sí, joder, que vamos a ascender" (Ja, verdammt, wir werden aufsteigen. Mitten drin Bürgermeister Antoni Noguera und Balearenpräsidentin Francina Armengol - und auch Disco-König Tolo Cursach hatte es sich nicht nehmen lassen, sein Team bei diesem so wichtigen Spiel anzufeuern.

"Was machen denn diese Idioten?", rief ein Atlético-Fan zu Beginn der zweiten Halbzeit. Die Fans des Gegners - die angesichts der mallorquinischen Sonne größtenteils oben ohne ins Stadion gekommen waren-, hatten sich an die Maschen des Schutznetzes gehängt, das den Ball hinter der Torauslinie aufhalten soll. Kurz sah es so aus, als würden die Fans den meterhohen Zaun zum Einsturz bringen.

Unter selbigem liefen sie in der 65. Minute durch, um Aitor Buñuel zu umarmen. Der Verteidiger hatte den Ball nach einer einstudierten Ecke, flach von außerhalb des Strafraums ins Tor geschossen. 1-1. Waren bislang die Baleares-Fans stimmlich die lauteren gewesen, hörte man jetzt fast nur noch die Gäste. Ab und zu versuchten sich die balearicos an einem "Sí, se puede" (Yes, we can) - aber so wirklich überzeugt klang es nicht.

Mindestens zehn Minuten

Nach dem torlosen Hinspiel reichte Santander ein Unentschieden, um direkt in die zweite Liga aufzusteigen. Und das nutzten die Spieler aus. Je weiter die altmodische Stadionuhr voranschritt, desto häufiger landeten die Spieler auf dem Rasen und blieben länger liegen. Baleares wurde hektischer, die Fans lauter. Sechs Minuten Nachspielzeit zeigte der vierte Schiedsrichter nach 90 Minuten an - in den Augen der Heimfans ein Witz. "Mindestens zehn Minuten", forderte einer.

Álvaro Cejudo fing sich in der 91. Minute wegen einer Tätlichkeit die rote Karte ein - und brauchte dann fast drei Minuten zwischen Protesten, um das Spielfeld zu verlassen. Die verlorene Zeit wurde nicht nachgeholt.

Während Spieler, Betreuer und Fans der Gäste einen jubelnden Pulk bildeten, verstummten die Fans von Baleares. "Naja, dann eben noch zwei Gegner", sagte einer schließlich. Baleares ist noch nicht ganz raus aus dem Rennen, kann nun die normalen Play-Offs bestreiten. "Ja, aber wenn wir da so spielen wie heute, sehe ich schwarz", entgegnete ein anderer. /pss