Mit einer markanten Stimme und originellen Sprüchen hat sich Wolff-Christoph Fuss bei den Fußballfans beliebt gemacht. „Vor dem Real-Sechzehner ist es so eng, da müssen die Bayern langsam mal 'ne zweite Kasse aufmachen", ist eines von vielen Beispielen für seine humorvolle Art. Seit 2012 kommentiert der 43-Jährige für den Bezahlsender Sky die Bundesliga und internationale Spiele. Die Saisonpause verbrachte Fuss auf Mallorca. „An der Playa de Muro. Seit 25 Jahren bin ich regelmäßig auf der Insel, zwar nicht jedes Jahr, aber im Durchschnitt alle zwei Jahre", so Wolff-Christoph Fuss. An der Insel schätzt er vor allem die Vielseitigkeit. „Es gibt fast eine Sonnengarantie. Es wohnen viele Leute dort, die ich kenne. Man kann gut essen, gut feiern und auch gut stilvoll feiern. Es ist ein herausragendes Gesamtpaket." Die MZ schnappte sich den Kommentator, um über seine Arbeit, Kritiken und die am Freitag (16.8.) startende Bundes-liga zu sprechen.

In den vergangenen Jahren haben die Fans kritisiert, dass die Kommentatoren zu emotional sind und selbst langweilige Szenen zu einem Spektakel machen wollen. Wie sehen Sie das?

Seit es Fußballkommentatoren gibt, wird über sie diskutiert. Meistens melden sich die zu Wort, die nicht zufrieden sind. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Wenn sich 50 Leute beklagen, dass ich zu laut gewesen bin, dann bekomme ich ebenso 50 Nachrichten mit dem Inhalt, warum es heute so ruhig gewesen sei. Jeder Kommentator muss überlegen, wo er stilistisch hinwill. Für mich kann ich sagen, dass Authentizität und Echtheit das A und O sind. Dann kann ich auch mit Kritik leben.

Bei der kommen Sie oft gut weg...

Das stimmt. Ich bin da ein Stück weit außen vor, wenn es um Pöbeleien oder Shitstorms geht.

Wo nehmen Sie Ihre Sprüche her? Wälzen Sie vor dem Spiel Witzebücher?

Nein, das würde einerseits dem Spiel nicht gerecht werden. Andererseits habe ich in der Vorbereitung auf eine Partie viel zu viel wirklich Wichtiges zu tun, als dass ich mir noch witzige Sprüche überlegen könnte. Das Spiel macht den Kommentar und nicht umgekehrt. Wenn es ein langweiliges 0:0 ist, dann ist es halt so. Dann werde ich das nicht verändern. Ich kann höchstens mit meiner Art eine andere Note reinbringen. Es muss aber nicht auf Teufel komm raus ein Spruch sein.

Welches Spiel würden Sie als Highlight Ihrer bisherigen Karriere sehen?

Eines zu nennen ist schwierig, weil es viele gibt. Ich sage mir immer: Das perfekte Spiel ist das nächste. Was mir noch am besten in Erinnerung geblieben ist, ist die Aufholjagd vom FC Liverpool in der vergangenen Champions-League-Saison gegen den FC Barcelona nach einem 0:3 im Hinspiel. Das kam beruflich dem sehr nahe, was ich für mich als ideal bezeichnen würde. Wenn man das Spiel als Drehbuch lesen würde, würde man sagen: Was für ein Kitsch! Das war aber die Realität und einfach toll. Als Kommentator hatte ich auch das Glück, dass ich in den richtigen Momenten auf die wesentlichen Details fokussiert war.

Gibt es einen Club, den Sie am liebsten kommentieren?

Das kann man so nicht sagen. In München halten die Leute mich für einen Dortmund-Fan, in Dortmund für einen Bayern-Fan. Der Club, der mir als Kind zuflog, war der 1. FC Köln.

Dortmund hat im Supercup die Bayern geschlagen. Ist das ein Vorzeichen für die neue Saison?

Dortmund wird wie im Vorjahr in der Lage sein, den Bayern gefährlich zu werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in diesem Jahr zumindest einen Zweikampf um den Titel erleben werden. Dann muss man noch gucken, was Leipzig macht, die ich auch relativ stark sehe. Es wird auf jeden Fall spannend.

Wen tippen Sie als Meister?

Da bin ich unkreativ und sage, dass es die Bayern am Ende wieder machen.

Die haben lange nach Verstärkungen für die Offensive gesucht und viele Absagen bekommen. Letztlich kommt vorerst „nur" Ivan Perisic. Warum scheuen die Weltstars die Bundesliga?

Abwarten, was in München noch passiert. Grundsätzlich gilt: Was der Bundesliga derzeit am meisten fehlt, ist so ein Ausnahme-Superstar. Man hat gesehen, was Cristiano Ronaldo mit der italienischen Liga gemacht hat. Ein Mann hebt die Attraktivität einer kompletten Liga auf ein anderes Level, weil da ein Weltstar ist, wegen dem die Leute ins Stadion gehen. Auch die finanziellen Mittel sind ein Thema. Mit den Löhnen und Ablösesummen, die in England auch von Aufsteigern und Durchschnittsclubs bezahlt werden, können die meisten Bundesligavereine nicht mithalten. Aber noch einmal zu den Bayern: Sie sind im Moment auf der Suche nach ihrem transferpolitischen Weg. Ihr Maßstab sind die superreichen Clubs wie Manchester City, Paris Saint-Germain, Real Madrid oder FC Barcelona. Trotzdem sind sie offenbar nicht willens, diese Größenordnung an Ablösesummen mitzugehen. Dazu kommt, dass nicht mehr jeder Spieler, den die Bayern haben wollen, auch wirklich kommt. Wunschspieler war zuletzt Leroy Sané. Eine Verpflichtung war schon vor seiner Verletzung keineswegs sicher. Jetzt wird es spannend sein zu sehen, inwieweit die Bayern auch einen Plan B oder C haben.

Springen wir ans andere Ende der Tabelle. Wen sehen Sie als Abstiegskandidaten?

Die Aufsteiger werden es nicht so leicht haben. Bei Paderborn und Union Berlin muss viel zusammenkommen, damit es für den Klassenerhalt reicht. Der Vorteil für diese Clubs ist, dass sie darauf vorbereitet sind. Der Abstiegskampf kommt für sie also keineswegs überraschend. Dazu wird auch in Köln, Augsburg, Freiburg und Mainz bis auf Weiteres der erste Blick den Abstiegsregionen gehören.

Zum Auftakt empfängt Bayern München am Freitag (16.8., 20.30 Uhr) Hertha BSC Berlin. Das Spiel wird im ZDF übertragen.