Als Joan Forteza zum Gespräch erscheint, steigt er quietschfidel aus dem Auto. Zweieinhalb Jahre ist es her, dass die MZ den Ex-Fußballer von Real Mallorca zuletzt getroffen hatte. Damals waren seine Gesichtszüge noch angespannt und verärgert. Sein Club stand vor dem Abstieg in die dritte Liga. Wortkarg, aber gestenreich kommentierte Forteza die damalige Situation. Nun, nach der Rückkehr in die erste Liga, ist der 84-Jährige bestens gelaunt. „Ich hätte nie gedacht, dass ich Real Mallorca noch mal in der Primera División erlebe."

Der Mallorquiner ist eine Legende beim Inselclub. „Elf Jahre habe ich bei Real Mallorca gespielt. Zwei Aufstiege und einen Abstieg miterlebt." In die Geschichtsbücher ging er aber wegen einer einzelnen Aktion ein. „Der 18. September 1960", sagt er wie aus der Pistole geschossen und kramt sogleich aus seinem Fotoalbum die dazugehörigen Bilder heraus. „Damals habe ich das erste Tor für Real Mallorca in der Primera División geschossen." Nach einer Flanke von Julià Mir von der linken Seite köpfte Joan Forteza ein. Real Mallorca gewann das Spiel gegen Racing Santander am Ende mit 2:1. „Ich möchte meine Leistung nicht schmälern", sagt Forteza. „Aber es war ein sehr einfaches Tor. Der Torwart irrte im Strafraum umher und ich hatte leichtes Spiel."

Wie die aktuelle Mannschaft der Mallorquiner hat auch das damalige Team um Joan Forteza den Durchmarsch von der dritten in die erste Liga geschafft. Den Aufstieg in die zweite Liga besiegelte ein 6:0-Sieg gegen ­Tarragona. „Ich habe damals dort auch das ­erste Tor geschossen", sagt Forteza stolz. In seiner Karriere kommt er auf 91 Treffer in 283 Spielen für Real Mallorca. Viele Tore, dafür dass er nicht als Stürmer, sondern als offen­siver ­Mittelfeldspieler aufgelaufen ist. „Ich war körperlich zu schwach, um mich mit den ­großen Innenverteidigern zu messen. Mit der Position weiter hinten konnte ich immer auf Abstauber lauern."

Anders als bei der heutigen Mannschaft war der Durchmarsch damals aber keine Überraschung. „Wir waren von Saisonbeginn an auf Titelkurs. Das war auch die Vorgabe", erinnert sich der 84-Jährige. „Was gar nicht so viele Leute wissen, ist, dass ich beim Aufstieg in die erste Liga gar nicht dabei war." Beim Spiel zuvor gegen Córdoba ist Forteza vom Platz geflogen. „Unser damaliger Spielertrainer Juan Carlos Lorenzo kam nach der Partie zu mir und meinte: Glückwunsch! Ich war perplex, aber er sagte mir: Durch die Aktion hast du es geschafft, dass mit deren Innenverteidiger auch der beste Mann vom Platz gestellt wurde."

Vier Spiele Sperre hatte der Verband Forteza aufgebrummt. Bei der Partie darauf gegen Levante in Valencia musste er daheim bleiben. „Da das Reisen damals teuer war und es sowieso keine Auswechselspieler gab, durfte ich nicht zur Unterstützung mit." Mit dem Radio hat er mitverfolgt, wie sein Team durch einen 2:1-Sieg vorzeitig in der Liga den Aufstieg feierte. Die Party in Valencia musste er sausen lassen, auf dem Schildkrötenplatz in Palma, wo damals wie heute derartige Erfolge zelebriert werden, war er natürlich dabei. „Bier und Sekt haben da nicht gefehlt."

Entspannter ging die Aufstiegsfeier dieses Jahr beim 84-Jährigen zu. „Ich bin alt. So eine große Menschenmenge macht mir mittlerweile Angst. Ich war im Stadion und habe danach mit der Familie gefeiert. Danach hatten wir eine Woche lang immer wieder Partys mit ehemaligen Spielern." Die Freude war umso größer, da sie auf eine Phase der Wut folgte. „Real Mallorca ist manchmal mein größter Albtraum. 2017 hatte das Team nicht nur den Aufstieg vermasselt, sondern ist in die dritte Liga abgestiegen. Das war ein harter Schlag für mich und hätte nie passieren dürfen."

Dass die Spieler, die damals schon in der dritten Liga für den Verein aufliefen, nun auch in der ersten Liga randürfen, hält Forteza für gerecht. „Sie haben sich die Primera División verdient und auch bei den Fans einen Kredit erspielt." Dennoch fehlt dem 84-Jährigen noch eine Verstärkung. „Ein Spieler mit einem bekannten Namen wäre gut. Das würde den Fans zeigen, dass es der Verein mit dem Projekt Klassenerhalt ernst meint."

Der Rentner arbeitete nach seiner aktiven Zeit bei einer Bank („Die wollten nur mein Gesicht. Ich hatte keine Ahnung, was ich da tat") und in der familieneigenen Fleischerei. Bei den Spielen von Real Mallorca war er als Zuschauer immer dabei. So auch bei den Testspielen wie zuletzt bei der Generalprobe am Samstag (10.8.) gegen Levante. Die Mallorquiner verloren mit 1:2. „Ich habe gute Ansätze gesehen. Es fehlt aber ein Torjäger, der für Gefahr sorgt. Die Neuzugänge sind noch schwer einzuschätzen", sagt Forteza. „Sie sind wie beim Kauf von Melonen. Solange man sie nicht öffnet, weiß man nicht, ob sie gut oder schlecht sind."

An seine Auftritte in den legendären Stadien Camp Nou und Santiago Bernabéu kann sich der ehemalige Fußballer kaum noch erinnern. „Ich weiß nur noch, dass wir vor den Spielen gegen Barcelona und Madrid die Hosen mächtig voll hatten. Wir hatten gehofft, dass wir uns nicht lächerlich machen."

Joan Forteza hat vor 59 Jahren mit seinem Team in der Debütsaison den Klassenerhalt geschafft. „Das ist auch alles, was ich mir jetzt für die Mannschaft wünsche. In der ersten Liga gibt es Gegner, die praktisch unschlagbar sind. Es wird schwierig für Real Mallorca, Spiele zu gewinnen."

Beim Saisonauftakt, der nach den Streitereien zwischen Liga und Verband letztlich auf Samstag (17.8., 20 Uhr) datiert wurde, gegen Eibar im Son Moix ist Forteza natürlich dabei. „Der Verein behandelt mich gut und schenkt mir jede Saison eine Dauerkarte für die VIP-Loge und einen eigenen Parkplatz vor dem Stadion." Wer dann, 21.518 Tage nach seinem historischen Tor, vielleicht den ersten Treffer für Real Mallorca nach der Rückkehr in die Primera División erzielt, ist ihm egal. „Hauptsache, sie machen überhaupt ein Tor."