Wie der Vater so der Sohn - das Sprichwort trifft auch im Sport oft zu. Häufig versucht der Nachwuchs, an die erfolgreichen sportlichen Zeiten der Vorfahren anzuknüpfen. Nur selten gelingt das auch. Luca Beckenbauer, der 19-jährige Enkel des ehemaligen Weltmeisters, ist so ein Fall. Er dümpelt in der Regionalliga herum, und es hat nicht den Anschein, dass der Innenverteidiger den Sprung in den Profifußball schafft. Auch die Söhne von Basketballlegende Michael Jordan, Marcus und Jeffrey, haben am ­College Basketball gespielt. In die NBA ­kamen die Brüder aber nicht.

Ein Lied vom Scheitern kann auch Miguel Indurain jr. singen. Der 23-Jährige ist der Sohn des gleichnamigen fünffachen Tour-de-France-Siegers. Statt in der UCI World Tour in die Pedale zu treten, serviert Indurain junior heute in einer Filiale der auf Radsport spezialisierten Mode- und Lifestyle-Marke Rapha in Palmas Zentrum Kaffee an Hobbysportler und Touristen. Dass die Karriere im Profisport nicht geklappt hat, mache ihm nichts aus. „Das hat auch Vorteile. So kann ich jetzt mehr Bier trinken", sagt er und lacht.

Miguel Indurain senior gehört zu den besten Radfahrern aller Zeiten. Von 1991 bis 1995 dominierte er die Tour de France. Den Giro d'Italia gewann der heute 55-Jährige zwei Mal. Hinzu kommen ein WM-Titel und ein Olympiasieg. Der Erfolg des Baskens wird oft mit seinem Ausnahmekörper begründet. Indurain soll die doppelte Lungenkapazität eines normalen Menschen haben. Mit 28 Schlägen pro Minute hält er auch den Rekord des niedrigsten gemessenen Ruhepulses bei einer gesunden Person. Auch bei der Kraftübertragung auf das Rad rangiert er mit 455 Watt vorn.

Von der Genetik seines Vaters hat Miguel Indurain junior nicht viel abbekommen. „Bei mir hat es körperlich nicht zum Radprofi gereicht", sagt der im Gegensatz zu seinem hünenhaften Vater schlaksige 23-Jährige. „Ich war nicht gut genug, und später hat auch die Motivation gefehlt."

Miguel Indurain jr. hat einen jüngeren Bruder und eine Schwester. „Kurz nach meiner Geburt hat mein Vater mit dem Profisport aufgehört. Ich hatte daher eine völlig normale Kindheit", sagt der 23-Jährige. In der Schule habe es wenig Aufmerksamkeit ob seines prominenten Vaters gegeben. „Einige meiner Klassenkameraden dachten, ich veralbere sie mit meinem Namen."

Wie andere Kinder auch hat er sich an verschiedenen Sportarten probiert. Nach einer Weile in einem Fußballclub startete er mit zwölf Jahren mit dem Radsport. „Das war meine eigene Entscheidung. Mein ­Vater hatte damit nichts zu tun." Mit Freunden lieferte er sich kleine Wettrennen in seiner Heimatstadt Pamplona. Später wechselte er in die Nachwuchsabteilung des spanischen Rennstalls Caja Rural. Doch die Entwicklung stockte. „Ich trainierte viel, aber die Ergebnisse blieben aus. Da verlor ich die Lust." Mit 20 hörte er auf und machte einen Bachelor in BWL. „Nach der Uni wusste ich nicht weiter. Rapha hatte mir als ­Laden immer gefallen, und ich wollte dem Radsport verbunden bleiben. So bin ich vergangenes Jahr als Aushilfe im Laden auf Mallorca gelandet."

Hier will er sich nun hocharbeiten und vor allem seine Fremdsprachenkenntnisse in Englisch und Deutsch verbessern. Neben dem Kaffeeausschank hilft er mittlerweile auch schon bei der Geschäftsleitung aus. Sein Vater sei nicht traurig über seinen Abschied vom Radsport gewesen. „Er lässt mir alle Freiheiten." Zumal der Sohnemann noch an kleineren mallorquinischen Rennen teilnimmt und manche auch gewinnt.