Dass Mallorca für Radsportler ein gelobtes Pflaster ist, ist bekannt. Amateure und Profis schätzen gleichermaßen das angenehme Klima und die Ausfahrten auf den Inselstraßen. Umso verwunderlicher ist es, dass es seit Jahren keinen mallorquinischen Rennstall im Profiradsport gibt. Toni Vallcaneras will das nun ändern. Der 39-jährige Chef der mallorquinischen Kaffeerösterei Arabay hat ein Team gegründet. Sein mittelfristiges Zeil: in den kommenden Jahren in die UCI World Tour, die erste Liga im Radsport, aufsteigen.

Das bislang letzte große mallorquinische Radsportteam entstand 2004, als die Balearen-Regierung als Sponsor in Erscheinung trat und das Team Illes Balears gründete. Zwei Jahre später war es mit der Unterstützung auch schon wieder vorbei. Über Umwege wurde 2011 aus dem mallorquinischen Rennstall das Movistar Team, welches heute das einzige spanische UCI World Team ist. „Seither gab es immer wieder Versuche von Ex-Profis, ein Radteam auf der Insel zu gründen", sagt Vallcaneras. „Aber durch die Konkurrenzsituation in der aktiven Zeit waren viele ehemaligen Radsportler nicht gut aufeinander zu sprechen." Statt zusammenzuarbeiten, gab es Neid und Missgunst. Das haben jeden neuen Anlauf erschwert.

Das war selbst bei der Vorstellung des ­Arabay Teams in der vergangenen Woche zu spüren. „Einige springen sich an die Gurgel", sagt Vallcaneras. Bei dem Projekt wirken im Prinzip alle Radsportler mit, die eine Verbindung zu Mallorca haben. Der zweifache Olympiasieger aus Porreres, Joan Llaneras, ist als Aufseher ­tätig. Als Sportdirektoren fungieren der ­mallorquinische Movistar-Profi Lluís Mas und Ex-Profi Vicenç Reynes. Als Botschafter konnte ­Vallcaneras die mallorquinischen ­Profis Enric Mas, Mavi García, Albert Torres sowie die Ex-Profis David Muntaner, Toni Colom und Toni Tauler gewinnen. „Nach der Pressekonferenz haben wir gemeinsam zu Abend gegessen. Vorher sind einige der Herren zu mir ­gekommen und haben mir wie kleine Kinder gesagt: Neben dem will ich nicht sitzen!"

Dennoch ist Vallcaneras zuversichtlich, dass er mit seinem Team Erfolg haben wird. „Der Rennstall trägt nicht den Namen eines einzigen Sportlers. Ich habe mit der Konkurrenzsituation nichts zu tun. So können alle Radsportler mir helfen. Denn ohne ihre ­Kontakte, müsste ich Millionen Euro für ein Durchschnittsteam ausgeben", sagt er. ­„Zudem kennt man Arabay auf der Insel als ­familiäres Unternehmen und seriösen Handelspartner. Die Leute wissen, dass wir keine Luftschlösser bauen."

Ganz aus dem Nichts kommt das Arabay Team nicht. Bereits 2007 hat Vallcaneras den Radclub Sporty+ gegründet. „Ich bin Hobbyradsportler und bin mit drei Freunden unter diesem Namen bei mallorquinischen Rennen angetreten." Seit 2015 tritt das Team bei ­praktisch allen Inselrennen an. Zwei Jahre ­später stieß Lluís Mas, der eng mit Vallcaneras befreundet ist, zum Rennstall hinzu. Seit der vergangenen Woche ist Arabay der Hauptsponsor, und das Projekt kann durchstarten.

Kaffee und Radsport seien eng miteinander verknüpft, meint Vallcaneras. „Radfahrer sind große Kaffeetrinker", sagt er. Die Kaffeemarken revanchieren sich durch ein Sponsoring bei den Teams. So unterstützt Arabay auch Movistar. Dadurch und durch den Umstand, dass viele der mitwirkenden Profis beim spanischen Rennstall unter Vertrag stehen, könnte man auf die Idee kommen, dass das Arabay Team eine Art zweite Mannschaft von Movistar wird. Der Chef aber widerspricht „Wir haben nichts mit denen zu tun. Wir sind ein eigenständiges Team von den Balearen."

Als neuer Rennstall ist der mallorquinische Club auf Einladungen bei den nationalen Rennen angewiesen, die zur dritten Kategorie gehören. Anfang Februar sollen die 24 Sportler das erste Mal in Murcia an den Start gehen. Für die Saison hat Vallcaneras einen Etat von 270.000 Euro vorgesehen, was von den hauptsächlich internationalen Sponsoren getragen wird. „Auch der Etat für 2021 in Höhe von 350.000 Euro ist schon abgesichert. Auf dieser finanziellen Ebene könnten wir das Team mindestens acht Jahre lang führen. Unser Plan ist es aber, jährlich den Etat zu steigern und 2025 die Millionengrenze zu durchbrechen", sagt Vallcaneras. Derzeit beschäftigt Arabay zwei Trainer in Vollzeit und acht Mitarbeiter in Teilzeit, die sich um das Drumherum kümmern. Neben der Rösterei in Lloret de Vistalegre sollen eine Lagerhalle und Büroräume dem Team zu Verfügung stehen. Sportlich sollen die Radfahrer in dieser Saison Punkte sammeln, damit sich das Team im kommenden Jahr auch über die Rangliste für Rennen qualifiziert. „Vielleicht können wir 2022 dann schon in der Continental Tour fahren, was in etwa die zweite Liga im Radsport ist", sagt Vallcaneras.