Der Super Bowl, das Finale der US-amerikanischen Football-Liga NFL, gilt als eines der wichtigsten Sportereignisse überhaupt. Wer dieses Jahr beim Duell der Kansas City Chiefs gegen die San Francisco 49ers in Miami vor Ort dabei sein will, muss mehr als das Sparschwein plündern. Zwischen 6.000 und 7.000 US-Dollar (etwa 5.400 bis 6.400 Euro) kostet eine Eintrittskarte auf den gängigen Internetportalen (Anpfiff nach deutscher Zeit am Montag, 3.2., um 0.30 Uhr, live auf Pro Sieben). Günstiger - sowohl für die Finanzen als auch für den Schlafhaushalt - ist da ein Besuch bei den Mallorca Voltors. Der Erstligist bestreitet am Sonntag (2.2., 12 Uhr) gegen die Murcia Cobras auf einem Nebenplatz vom Son Moix das erste Heimspiel der neuen Saison. Mit dabei sind zwei neue deutsche Spieler.

Max Siemssen und Markus Hachenberg lernten sich 2013 in der Jugend eines Football-Vereins in Bonn kennen. „Wir hatten beide am selben Tag unser erstes Training ", sagt ­Hachenberg, der im Urlaub den in Europa noch ein Randsportart-Dasein fristenden Football kennenlernte. „Ich hatte mir dann selbst einen Ball gekauft und den mit Freunden geworfen. Ich kann recht gut fangen, und es fühlte sich toll an, in etwas gut zu sein." Nach einer Station in Paderborn wechselte er zum Erstligisten Cologne Crocodiles, wo er im Vorjahr spielte. Er läuft als Tight End auf. Diese ­Position ist dafür da, Bälle des Quarterbacks zu fangen oder ihn vor gegnerischen Abwehrspielern zu schützen.

Der 22-Jährige studiert Sportwissenschaften. „Auf Mallorca werde ich meine Bachelorarbeit beenden. Die dreht sich um die Fitnessarbeit im Jugendbereich im American Football." ­Außerhalb des Studiums erstellt er Trainingspläne für Teams und Sportler und ist einer der Trainer der Nachwuchsauswahl von ­Nordrhein-Westfalen.

Siemssen hingegen wechselte von der Bonner Jugendmannschaft auf ein Sportinternat in Paderborn. Mit dem Team wurde er 2017 deutscher Jugendmeister. „Im Finale haben wir vor 2.500 Zuschauern gespielt. Das war eine tolle Sache, und ich habe mir geschworen, dass ich alles dafür gebe, in großen Stadien zu spielen", sagt der 21-Jährige. Im Jahr darauf wechselte er zu Frankfurt Universe, einer ­Spitzenmannschaft der deutschen Liga GFL. „2018 wurden wir dann im German Bowl, dem Finale, vor 15.000 Leuten Zweiter."

Gemessen an den Zuschauerzahlen vor den Fernsehgeräten ist American Football nach dem Fußball der zweitbeliebteste Sport in Deutschland. Das liegt daran, dass die Konkurrenz, wie Handball oder Basketball, nur im Pay-TV läuft, während viele Spiele der NFL kostenlos ausgestrahlt werden. Den Super Bowl im Vorjahr schauten im Durchschnitt 1,92 Millionen Zuschauer - man bedenke, dass das Spiel bis in die frühen Morgenstunden dauerte - bei einem Marktanteil von 43,6 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Die GFL verpasst es jedoch, auf den Zug aufzuspringen und den Football-Boom in Deutschland zu nutzen. Die Liga zählt zwar zur stärksten Europas, verwehrt sich aber Entwicklungschancen. „Der internationale Verband IFAF - vergleichbar mit der FIFA im Fußball - zog vor ein paar Jahren von Paris nach New York, um näher an der NFL zu sein und von dort zu lernen. Deutschland lehnte das ab. Seitdem werden wir nicht mehr zu Europa- oder Weltmeisterschaften eingeladen, und es gibt auch keine deutsche Nationalmannschaft mehr", sagt Siemssen.

„Chance, Spiele zu entscheiden"

Auf Mallorca müssen sich die Football-Spieler keine Gedanken über den Streit machen. Die spanische Liga ist noch weit hinter der ­deutschen hinterher. Der Entschluss, auf die Insel zu kommen, sei eines Morgens beim Frühstück auf der Terrasse gekommen. „Die ­deutsche Liga geht erst im Mai wieder los. ­Meine Eltern haben ein Haus in Pollença", sagt Max Siemssen. „In Deutschland sind wir zudem nur Ersatzspieler. Hier haben wir die Chance, Spiele zu entscheiden", sagt Siemssen, der als Wide Receiver - der Ballfänger - und ­Kicker spielt.

Diese Saison haben die Mallorca Voltors, die in der Südstaffel der ersten Liga spielen, groß aufgerüstet. Mit neuen Sponsoren konnten acht ausländische Spieler angeheuert werden. Neben den zwei Deutschen sind das drei US-Amerikaner, zwei Isländer und ein Slowake. „Die einzige Vorgabe ist, dass höchstens zwei EU-Ausländer zur selben Zeit auf dem Platz stehen", sagt Hachenberg.

„Auffällig ist, dass die Spieler im Team ­entweder sehr jung oder sehr alt sind. Der ­Altersschnitt 21 bis 28 Jahre fehlt völlig", sagt ­Siemssen über die Voltors. Die beiden Bonner haben erst zwei Wochen mit der Mannschaft trainiert. „Die Abstimmung fehlt noch etwas. Ich habe im ersten Spiel keinen einzigen Ball bekommen, obwohl ich oft frei war." Beim deutlichen 41:6-Sieg gegen Fuengirola Potros war die deutsche Hilfe auch nicht notwendig.

Nach der Saison kehren die Deutschen zu ihren Vereinen in der Heimat zurück. „Wir wollen mit den Voltors aber vorher noch den Titel holen. Auch wenn wir dadurch bis Ende Mai bleiben müssen und den Saisonstart in Deutschland verpassen", sagt Hachenberg. Meister waren die Mallorquiner noch nie.

Für den Super Bowl sehen die beiden die Kansas City Chiefs im Vorteil. „San Francisco hat die beste Abwehr der Liga, Kansas den besten Angriff. Meist hat sich bei solchen direkten Duellen zwar die defensiv stärkere Mannschaft durchgesetzt, aber ich glaube, dass Patrick ­Mahomes, der Quarterback von Kansas, den Unterschied ausmachen wird", sagt Siemssen.