Dass eine vermeintlich kleine Mannschaft in einer Saison mal einen Höhenflug hat, passiert im Prinzip in allen Fußballligen. Man denke beispielsweise an die Ausflüge von Paderborn, Fürth oder Darmstadt in der Bundesliga. Ähnlich belächelt wurde in der Vorsaison der FC Getafe. Das Team scheiterte nur um zwei Punkte an der Teilnahme an der Champions League. Die Doppelbelastung mit Liga und Europa League wird der Mannschaft dieses Jahr stark zu schaffen machen, dachte auch die MZ in der Saisonprognose. Doch Getafe hört einfach nicht auf, erfolgreich zu sein. Der Club aus der Vorstadt von Madrid spielt am Sonntag (1.3., 18.30 Uhr) im Stadion von Son Moix gegen Real Mallorca.

Die Geschichte von Getafe ist ein kleines Fußballmärchen. Der Verein wurde erst 1983 gegründet. 2004 stieg die Mannschaft in die Primera División auf und hielt sich jahrelang wacker. Der Höhepunkt war das Viertelfinale im Uefa Cup 2008, wo Getafe dramatisch gegen den FC Bayern ausschied. 2011 kaufte ein Investmentunternehmen aus Dubai den Verein und wollte eine spanische Spitzenmannschaft formen. Das ging erst einmal schief.

2016 stieg das Team ab und versaute auch den Saisonstart in der zweiten Liga. Nach sieben Spielen stand Getafe auf dem vorletzten Platz. Es drohte der völlige Absturz. Doch dann kam der Messias. José Bordalás übernahm den Trainerposten. Der 55-Jährige ist ein Coach der Marke „Schleifer". Als Kind lernte er die harte Arbeit zu schätzen, als er sich ein neues Fahrrad verdiente, indem er auf einem Feld Melonen pflückte. Diese Einstellung gibt er an seine Spieler weiter. „Das Geheimnis ist harte Arbeit und hoher Einsatz. Ich bin ein sehr fordernder Trainer", beschreibt sich Bordalás.

„Bordalás war der Fußballwelt einen Schritt voraus", sagte Fitnesstrainer Javier Vidal der Sportzeitung „Marca". „Fußball bestand aus Technik und Taktik. Aber es gehören auch die physische Komponente und die Mentalität dazu. In diesen Punkten ist unser Trainer die Nummer eins." Vidal ließ auch durchblicken, was das Training bei Getafe so besonders macht. Das Trainerteam verbietet den Spielern während der Einheiten zu gehen. Die täglichen Übungen können sich schon mal drei Stunden hinziehen. Pro Woche spulen die Fußballer an die 40 Kilometer herunter.

Ähnlich intensiv geht es in den Spielen zu. Bordalás lässt seine Spieler das Feld hoch und runter sprinten. Statt dem spanientypischen Kurzpassspiel Tiki-Taka gibt es harte Zweikämpfe und lange Bälle auf die Angreifer. „Weil wir so viel laufen, kommen wir auch manchmal zu spät", so der Trainer. Getafe hatte schnell den Ruf als Tretertruppe weg.

Die Statistik belegt das. Mit 472 Fouls führt das Team die Liga in dieser Kategorie an. Ebenfalls mit den 84 gelben Karten. Die unattraktive Spielweise führte dazu, dass Fernsehzuschauer bei Getafe-Spielen regelmäßig umschalten.

Der Zweck heiligt die Mittel. Nach dem Fehlstart in der zweiten Liga 2016 schaffte José Bordalás noch den Wiederaufstieg. Als Neuling schrammte der Club in der ersten Saison an der Europa League vorbei, im Vorjahr an der Champions League. Vor dem 0:3-Ausrutscher gegen den FC Sevilla am vergangenen Spieltag war Getafe hinter Real Madrid und dem FC Barcelona Dritter. Nun liegt das Team auf dem fünften Platz.

„Der Spielstil von Getafe wird heute von der halben Liga kopiert", bilanziert „Marca". Was dem Verein noch fehlt, ist die Publikumsbegeisterung. Bereits 2011 versuchte der Club mit dem Werbefilm „Heiße Zombiebräute aus Getafe" Männer dafür zu bewegen, in einer Samenbank für Nachwuchs zu sorgen. 2015 folgte die App „Getafinder", die wie die Flirt­App „Tinder" Fans von Getafe zusammenbringen sollte. Der Erfolg hielt sich in Grenzen. Im Durchschnitt sahen nur 11.000 Fans die Spiele in der vergangenen Saison. Zum Vergleich: Real Mallorca begleiten in dieser Spielzeit 14.742 Zuschauer im Abstiegskampf.

Die Mallorquiner haben am Freitag (21.2.) gegen Real Betis beim 3:3 ihren zweiten Auswärtspunkt geholt. Das Team von Vicente Moreno steht weiter auf Abstiegsplatz 18 mit zwei Punkten Rückstand auf Celta de Vigo. Am Dienstag (25.2.) verpflichtete Real Mallorca den vereinslosen Sung-yong Ki. Der südkoreanische Mittelfeldspieler spielte in seiner Karriere 187 Mal in der Premier League und 113 Mal für sein Land. Gegen Getafe wird er wohl noch nicht auflaufen.