Acht Jahre lang arbeitete Sergio Vallecillo ­(Barcelona, 1976) für eine der besten Nachwuchsakademien der Welt, La Masia vom FC Barcelona. Vor der Saison wechselte er auf die ­Chefposition der Fußballschule von Real Mallorca. Im Interview spricht er über die Stars von morgen und Probleme bei der Jugend­arbeit.

Marco Asensio war der bislang letzte namhafte Fußballer aus der Nachwuchsarbeit von Real Mallorca. Gibt die heutige Jugend beim Club bald ein ähnliches Talent her?

Es wird nicht nur einen Star wie Marco Asensio geben, sondern auch etliche mallorquinische Nachwuchsspieler, die sich den Traum des ­Profifußballs in der ersten Liga erfüllen werden können. Marco ist für unsere Jugend ein großes Vorbild und motiviert sie, am Ball zu bleiben.

Wie überzeugen Sie die Spieler, bei Real Mallorca zu bleiben und sich nicht Real ­Madrid oder FC Barcelona anzuschließen?

Dieses Problem haben die meisten Vereine. Die Nachwuchsarbeit auf Mallorca ist sehr produktiv. Als ich hier angefangen habe, hat mich das Niveau positiv überrascht. Wir ­versuchen, dass sich die Spieler so wohl wie möglich fühlen. Wir haben ihnen einen Weg aufgezeigt, mit dem sie sich identifizieren ­können. Die Jugendspieler müssen die Vor­teile von Real Mallorca sehen und nicht die Schwierigkeiten, die es natürlich auch gibt.

Wie kam es dazu, dass Sie von Barça zu Real Mallorca gewechselt sind?

Beim FC Barcelona hatte ich zwar Erfahrungen in vielen Bereichen sammeln können, durfte aber dennoch nur sehr spezielle Aufgaben angehen. Bei Real Mallorca habe ich die volle Verantwortung des Tagesgeschäfts. Ich konnte mich völlig mit der Berufsethik im Verein identifizieren. Es hat mich beeindruckt, mit welcher Leidenschaft die Mitarbeiter ans Werk gehen, damit der Club sich weiterentwickelt.

Der Verein plant seit langer Zeit, ein Internat auf dem Trainingsgelände Son Bibiloni zu bauen. Was bedeutet das für Ihre Arbeit?

Unsere Idee ist es, in erster Linie balearische Spieler auszubilden und die Möglichkeiten zu nutzen, die wir auf der Insel haben. Aber wir möchten auch wachsen, indem wir Jugendspieler vom Festland verpflichten. Dafür wäre ein Internat wichtig. Wir bemühen uns aber auch, Spieler von außerhalb in Gastfamilien unterzubringen. Einigen Fußballern ist der ­familiäre Umgang sehr wichtig.

Wie bewerten Sie die Trainingsbedingungen auf der Insel?

Sie sind vorbildlich. Zudem arbeitet der Club daran, sie weiter zu verbessern. Ich könnte die Anzahl der spanischen Clubs, die die jüngsten Fußballer täglich und wöchentlich auf Naturrasen trainieren lassen, an einer Hand abzählen. Das ist ein Privileg und hilft ungemein bei der Entwicklung der Spieler.

In der Masia haben Sie mit Takefusa Kubo zusammengearbeitet. Haben Sie damals sein Talent erkannt?

Kubo ist ein wahnsinnig intelligenter Mensch. Er hat schon kurz nach seiner Ankunft in ­Spanien angefangen, Spanisch zu sprechen. Natürlich sieht man das Talent schon bei sehr jungen Spielern. Aber es geht dann darum, dieses entsprechend zu fördern.

Gibt es vergleichbare Spieler in der Jugend von Real Mallorca?

Auf jeden Fall. Aus Respekt den Spielern gegen­über möchte ich aber keine Namen nennen. Es sind viele, die mich beeindruckt haben.

Wie schwierig sind Verhandlungen mit den Beratern der minderjährigen Spieler?

Da gehen wir mit viel Fingerspitzengefühl ­heran. Unser einziges Ziel bei solchen Verhandlungen ist, dass der Jugendliche im ­Mittelpunkt steht. Da richtet sich der Fokus zuerst auf sein Wohl als Mensch und nicht auf die materiellen Angelegenheiten.

In den vergangenen zwei Jahren hat es kein Nachwuchsspieler mehr in die erste Mannschaft geschafft...

Unsere Arbeit ist aber darauf ausgerichtet. Bald werden die jungen Spieler auch wieder den Sprung schaffen. Trainer Vicente Moreno hilft uns dabei, indem er die Jugendspieler zu Trainingseinheiten mit den Profis einlädt und ihnen eine Chance gibt.