Es gibt wohl kaum einen Fußballfan, der sich noch nie am Videospiel Fifa versucht hat. Was früher ein purer Freizeitspaß war, ist mittlerweile eine eigenständige Sportart. Im E-Sport tragen professionelle Zocker Turniere und Weltmeisterschaften aus. In dieser Saison will auch Real Mallorca mitmischen. Dafür hat der Inselclub mit Enric Cruz einen Neuling der Szene verpflichtet. Fast wie bei den echten ­Kickern geht es um viel Geld. Der spanische Meister erhält 100.000 Euro Siegprämie.

„Ich habe als Kind schon Fifa gespielt. In den vergangenen drei Jahren habe ich mich dann immer mehr auf das Spiel fokussiert und letztlich den Sprung zum Profi geschafft", sagt der 28-Jährige aus Granada. „In meinem Fall musste ich mich über ein Qualifikationsturnier im vergangenen Oktober gegen die spanische Konkurrenz beweisen." Cruz schloss die fünf Wettbewerbe als zweitbester Spieler ab und qualifizierte sich für den Draft.

In diesem konnten die Fußballteams - angelehnt an das US-amerikanische Auswahlverfahren für Nachwuchssportler - Spieler wählen. Da Real Mallorca neu im E-Sport war, durfte der Inselclub an zweiter Stelle wählen und entschied sich eben für den Zweitbesten. „Als Andalusier hatte ich zu Mallorca keine Verbindung. Ich bin aber froh, dass mich ein traditionsreicher Club ausgewählt hat. Ich bin eigentlich Fan von Real Madrid, aber fand die Mallorquiner schon immer sympathisch."

Seit drei Jahren gibt es die eLa Liga Santander, in der 38 Teams in zwei Gruppen antreten. Die Mannschaften müssen in der realen Welt im Profifußball, also in der ersten oder zweiten Liga, spielen. „Barça und Real Madrid haben noch keine E-Sport-Abteilung. Es wird wohl aber nicht lange dauern, bis sie auch auf den Zug aufspringen", sagt Cruz.

Da Spielehersteller EA Sports die Fußballer bewertet und ihnen unterschiedliche Stärken gibt, hätte Cruz einen schweren Stand, wenn er mit den Mallorquinern gegen beispielsweise die Stars von ­Atlético Madrid antreten müsste. Die Profi-Gamer spielen daher in der Kategorie Ultimate Team. In dieser stellen sich die Spieler ihren Wunschkader zusammen. „Vor jedem Spieltag wird neu gewählt. Wir können aus den aktuellen Fußballern der spanischen Liga und ­Legenden auswählen. Jeden Spieler gibt es nur einmal", sagt Cruz. Im Kader dürfen maximal vier Legenden stehen.

„Da sich das Team jedes Spiel ändert, kann man sich nicht mit seiner Mannschaft einspielen. Das macht es schwieriger und wir müssen viel trainieren und ­verschiedene Spieler ausprobieren." Dass Cruz für Real Mallorca spielt, ist am Ende nur noch durch die Trikots, das Wappen und das Stadion, das in Fifa 21 erstmals originalgetreu enthalten ist, erkennbar.

An die vier Stunden täglich verbringt der 28-Jährige an der Playstation. „Natürlich gefällt mir das Spiel, aber am Ende bleibt es ein Job. Es gibt Tage, an denen ich keinen Bock habe und mich zum Spielen zwingen muss." Obwohl er erst neu in der Szene ist, kann er mit den Einnahmen schon auskommen. „Ich habe aber auch anderweitig vorgesorgt und gehe einem normalen Bürojob nach."

Mit dem Preisgeld der Meisterschaft wäre er darauf wohl nicht mehr angewiesen. Der spanische Meister qualifiziert sich auch für die Europameisterschaft. Doch wie in der realen Welt ist Real Mallorca sehr weit vom Titel entfernt. Nach fünf Spieltagen steht Cruz mit einem Sieg und einem Unentschieden auf dem drittletzten Platz.