Lieber die Sommersaison absichern und auf die Osterurlauber verzichten. So lautete die Devise von Mallorcas Politikern angesichts der Pandemie. Was für die meisten Unternehmen, die mit Touristen ihr Geld verdienen, verständlich ist, war für die Radreisebranche ein herber Rückschlag. Denn in den Frühlingsmonaten gilt die Insel als Paradies für Radfahrer. Das Geschäft boomt normalerweise so sehr, dass einige Kritiker sich über das Velodrom Mallorca aufregen. Die MZ hat bei den drei großen Radreiseanbietern nachgefragt, wie die Saison zu Corona-Zeiten läuft und was sie von der weiteren Entwicklung erwarten.

Huerzeler - Das Radsport-Erlebnis

Beim Marktführer aus der Schweiz ist die Stimmung noch am besten. „Wenn ich es als Hochbetrieb bezeichnen würde, wäre das falsch. Aber dafür, dass sich die meisten unserer Mitarbeiter in Kurzarbeit befinden, sind wir gut beschäftigt", sagt Mitinhaber Marcel Iseli. Derzeit seien 20 der sonst zu dieser Jahreszeit 200 Personen im Dienst. Sechs der zwölf Ausleihstationen sind geöffnet: An der Playa de Palma im Hipotel und im Hotel Occidental, in Sa Coma, Port d'Alcúdia sowie die Verleihstationen Nord und Süd der Playa de Muro.

„Früher gab es bei unseren Kunden immer eine deutsche Übermacht. 65 Prozent der Urlauber kamen aus Deutschland, danach folgte die Schweiz mit 25 Prozent. Derzeit ist es eher ausgeglichen. Zudem merkt man, dass viele Gäste aus Luxemburg kommen. Wer ganz klar fehlt, sind die Engländer", sagt Iseli. Normalerweise gilt die Woche vor und nach Ostern als der Höhepunkt der Saison. „Zu den Feiertagen erleben wir eigentlich einen Einbruch von 40 Prozent, da Ostern als klassischer Familienurlaub zählt. Das war dieses Jahr anders. Da der Radfahrer aber nun auch kein Ostertourist ist, können wir nicht von einem großen Ansturm in dieser Saison sprechen."

Das vom Ex-Profi Max Huerzeler gegründete und nach dem 66-Jährigen benannte Unternehmen bietet neben dem Radverleih geführte Touren an. „Zwischen 12 und 15 Guides sind bei uns derzeit im Einsatz. Durch die Corona-Regeln ist eine Gruppengröße von zehn Personen erlaubt. Im Durchschnitt sind es aber nur fünf oder sechs Radfahrer", sagt Iseli. Diese kommen auf ihre Kosten. „Es ist idyllisch. Alles blüht, kaum Verkehr auf den Straßen - Mallorca könnte sich derzeit kaum besser präsentieren. Nur das Wetter spielt noch nicht ganz mit." Die Ruhe könne aber trügerisch sein. „Da wenig los ist, rasen manche Autofahrer auf den engen Nebenstraßen."

Die Schweizer hoffen, dass in den kommenden Wochen noch ein paar Radfahrer auf die Insel kommen. „Die Skisaison endet. Das wird einen kleinen Schub geben. Die Playa de Palma Challenge Mitte Mai treibt auch ein paar Radfahrer her."

Philipps Bike Team

Hinter den Schweizern gilt Philipps Bike Team als zweitgrößter Big Player. „Huerzeler hat mit Abstand die meisten Kunden. Wir haben eine anständige Größe, wollen uns aber nicht groß aufblasen", sagt Geschäftsführer Hanns-Martin Fraas. Die Deutschen warten derzeit vergeblich auf Kundschaft. „Die Nachfrage geht gegen null. Die Mitarbeiter sitzen im Reisebüro vor den Telefonen, es klingelt aber einfach nicht."

Frei nach Lothar Matthäus wolle man aber nicht den Sand in den Kopf stecken. „Wir sind ein kundenorientiertes Unternehmen. Diese Beziehung können wir jetzt ausbauen. Wir machen möglich, was möglich ist", sagt Fraas.

Wirklich geöffnet hat derzeit aber keine der Verleihstationen, da die Partnerhotels noch alle geschlossen sind. Philipps Bike Team bietet die Ausleihe aber nach vorheriger Terminabsprache in Santa Ponça und Alcúdia an. Einen inselweiten Lieferservice der Leihräder gibt es bei einer Mindestmietzeit von einer Woche und mindestens drei Fahrrädern.

Bei Anfragen einer Gruppe ab fünf Personen sind Komplettpakete und geführte Touren möglich. „Vor der Pandemie hatten wir in guten Zeiten 150 Gäste pro Woche. Im April haben wir bislang zwei Kunden empfangen. Wir haben es trotzdem durchgezogen, obwohl es kein kostendeckendes Geschäft ist", sagt Fraas. Er setzt seine Hoffnung stattdessen auf einen goldenen Herbst. An eine Besserung in den kommenden Wochen glaubt er nicht. „Die Reiselust in Deutschland wurde durch die Politik komplett heruntergefahren. Das soll jetzt kein Vorwurf sein. Es ist einfach das Konzept der Bundesregierung, das bislang aufgegangen ist."

Der Verlust von bislang gut anderthalb Jahren hat den ein oder anderen Anbieter in die Knie gezwungen. „Wir haben eine solide Basis und planen langfristig. Wir werden sicherlich jetzt nicht aufgeben."

Fred Rompelberg

Um den zweiten Platz in der Branche kämpfen auch die Holländer. Das Geschäft wurde von Ex-Profi Fred Rompelberg gegründet. „Über Ostern kamen zwar mehr Urlauber. Das ist aber alles kein Vergleich zu den Jahren vor der Pandemie", sagt Geschäftsführer Jetse Scholma. „Einen wirklichen Saisonstart gab es daher nicht. Wir hoffen auf einen besseren Spätfrühling oder den Herbst." Geöffnet ist eine der beiden Ausleihstationen an der Playa de Palma. Der Stützpunkt an der Playa de Muro dagegen hat geschlossen. Geführte Touren gibt es ebenfalls auf Anfrage.

Die meisten Radfahrer, die derzeit auf Mallorca unterwegs sind, seien die Mallorquiner. Die Pandemie hat die Sportbegeisterung bei einigen Insulanern geweckt. „Die Bedingungen sind im Moment fantastisch. Wenig Verkehr und geöffnete Gastro-Terrassen bis 17 Uhr - mehr braucht ein Radsportler nicht."