Farah El Bousairi lächelt verschmitzt bei der Frage, ob sie sich früher schon gern auf dem Schulhof geprügelt hatte. „Ich war ein unruhiges Kind", sagt die 27-Jährige. Die Nervosität hat die junge Frau mittlerweile in Kraft umgewandelt. Ihre tätowierten Oberarme sind heute dicker als die Beine eines durchschnittlichen Büroangestellten. El Bousairi ist Mallorcas erste und einzige professionelle Boxerin. Nach zwei Jahren verletzungsbedingter Auszeit ist sie zurück im Ring und hat große Pläne: „Ich will Weltmeisterin werden."

Die Tochter marokkanischer Eltern wurde in Murcia geboren. „Praktisch habe ich aber mein ganzes Leben auf Mallorca verbracht." Schon früh kam sie mit dem Kampfsport in Kontakt. „Meine Familie ist eng mit dem Sport verbunden. Mein Vater ist Hobby-Boxer und noch heute aktiv." Dennoch dauerte es bis zu ihrem 18. Lebensjahr, ehe sich El Bousairi die Handschuhe umschnürte. „Ich wohne in Son Ferrer und fand auf dem Heimweg einen Flyer von einem Boxstudio in Santa Ponça auf der Straße. Da habe ich mir einen Ruck gegeben." Vorurteile, dass Frauen eher andere Sportarten betreiben sollten? „So etwas habe ich zum Glück nie erlebt. Meine Familie hat mich in der Hinsicht immer unterstützt. Ich hätte mich aber wohl auch über ein Verbot meiner Eltern hinweggesetzt."

Dennoch war und ist die Boxszene auf Mallorca nach wie vor eine Männerdomäne. „Als ich angefangen habe, gab es nur eine weitere Boxerin", erinnert sie sich. Für das Sparring mussten die Männer herhalten. Das habe sich auch bis heute nicht geändert. „Ich sehe darin die Vorteile. Die Jungs sind von Natur aus kräftiger und schlagen härter zu. Wenn es im Kampf dann gegen ein Mädchen geht, fühlt es sich für mich viel sanfter an."

Nur wenige Monate nach dem ersten Training stand die Boxerin schon im Ring. „Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, was ich da tue. Das war wie auf dem Schulhof. Einfach nur volle Kraft zuschlagen und auf jegliche Taktik verzichten." Da die Gegnerin ähnlich unerfahren war, reichte es zum Sieg. Auch bei den folgenden Kämpfen hob der Ringrichter meist ihren Arm in die Höhe. Mit 20 Jahren war El Bousairi schon spanische Vizemeisterin. Nach dem plötzlichen Tod ihres Trainers in Santa Ponça wechselte sie zum Boxclub Motorcity nach Palma unter die Fittiche von David Quiñonero, der ihr den Spitznamen „Babyface-Killer" gab. „Sie schlägt so hart wie ein Kerl, ist talentiert und hat eine wahnsinnige Ausdauer. Sie wird ohne Zweifel ihren Weg gehen und eines Tages Weltmeisterin sein", sagt der Trainer.

„Ich liebe Boxen. Es füllt mich aus und gibt mir Ruhe. Doch irgendwann gingen mir die Gegnerinnen aus", so die 27-Jährige. 2017 wagte sie daher den Schritt auf das Profi-Level. „Die Boxhandschuhe werden kleiner, die Schläge tun daher mehr weh." Zudem verdoppelt sich die Kampfdauer auf sechs Runden à zwei Minuten. „Es ist für mich eine tolle Sache, die erste Profiboxerin Mallorcas zu sein. Aber ich will noch mehr."

Nach zwei siegreichen Kämpfen folgte der Rückschlag. Die Boxerin rutschte im Training auf einem Wasserfleck aus und riss sich die Bänder im Knie. Eine monatelange Rehabilitation stand an. „Darauf hatte ich keine Lust und zog mich vom Sport zurück." Selbstmitleid machte sich breit, die Fliegengewicht-Boxerin (bis zu 51 Kilo) nahm sechs Kilo zu, Babyface-Killer hatte ausgemordet.

Es dauerte seine Zeit, ehe der Ehrgeiz zurückkam. „Ich weiß, dass ich eine große Karriere haben kann. Die kann ich doch nicht einfach wegschmeißen, indem ich zu Hause herumsitze." El Bousairi raffte sich auf und startete im vergangenen Jahr mit dem Aufbautraining. Die Pfunde purzelten wieder. „Ich trage zwar weiterhin einen Knieschoner, fühle mich aber sonst wieder gut." Aus dem Babyface-Killer ist mittlerweile die reina mora geworden, die muslimische Königin. „Nun warte ich auf den Kampf."

Eigentlich sollte sie schon im Februar bei einem Wettkampf in Tschechien ihr Comeback feiern. Doch die Pandemie machte den Plan zunichte. Nun ist das nächste Event Ende Mai auf der Insel geplant. Zwischenzeitlich wächst auch die Konkurrenz. „Heute gibt es ein Dutzend Amateurboxerinnen auf Mallorca. Einige, wie Cristina Navarro, stehen kurz vor dem Sprung ins Profigeschäft", sagt Quiñonero. Will El Bousairi ihren Traum verwirklichen, muss sie den Schritt ins Ausland wagen. Auch des Geldes wegen, denn vom Boxen allein kann man in Spanien nicht leben. „Der Weg zur Weltspitze ist jedoch kurz. Mit ein paar Siegen ist es getan", sagt die 27-Jährige.