Im Normalfall würde Enric Mas zu den Favoriten bei der am Freitag (19.8.) in Utrecht startenden Vuelta a España zählen. 2018 und 2021 holte der Mallorquiner als Kapitän der Movistar-Equipe den zweiten Platz bei der Spanien-Rundfahrt. Doch dieses Jahr ist der 27-Jährige aus Artà psychisch angeschlagen. Viele Stürze, so erklärte er in Interviews, hätten dazu geführt, dass er eine schwer zu kontrollierende Angst vor den Abfahrten entwickelt habe.

Bei der Tour de France scheiterte Mas mit seinem vorsichtigen Fahrstil, noch bevor Corona ihn aus dem Wettbewerb warf. Der sonst im Vorfeld der Rennen so angriffslustige Radfahrer zeigt sich danach erst einmal kleinlaut. „Es ist an der Zeit, mir wieder Selbstvertrauen zu holen“, schrieb Mas in den sozialen Netzwerken. Er setzte für drei Wochen aus.

Dem Selbstvertrauen wenig zuträglich gewesen sein dürfte auch die öffentliche Einschätzung von Movistar-Chef Eusebio Unzué. Nach dem schlechten Abschneiden seines Teams bei der Tour zweifelte er an, ob Mas überhaupt in der Lage sei, den spanischen Rennstall als Kapitän anzuführen.

Sicherheit geht für Mas vor

Bei der Spanien-Rundfahrt ist der 27-Jährige aus Artà somit auf Bewährung unterwegs. An seiner Seite fahren Altmeister Alejandro Valverde, der nach der Saison seine Karriere beenden will, und Lluis Mas aus Ses Salines. „Es ist klar, dass mich das Publikum bei den Rennen in der Heimat siegen sehen will“, sagte Enric Mas bei einer Pressekonferenz. „Aber für mich geht es in erster Linie darum, einen guten Platz einzufahren, sei es Dritter oder Vierter, um in der Gesamtwertung Chancen zu haben. Denn das bestimmt am Ende des Jahres, ob ich einen Vertrag bekomme oder nicht. Kaum ein Fahrer bekommt den Job, nur weil er für Spektakel sorgt.“

Damit dürfte Enric Mas auf die Kritik angespielt haben, er sei bei den Rennen zu zaghaft. Mas ist so gut wie nie in Ausreißergruppen zu finden und fährt quasi keine Attacken. Zu seinen Anfangszeiten als Profi beim belgischen Team QuickStep war das noch anders. Als Movistar-Kapitän aber könne er es sich nicht erlauben, eine Attacke zu fahren, bei der er eventuell nicht bis zum Ziel durchhält. „Das überlege ich mir nun zweimal. Einerseits, weil mir die Kraft fehlen könnte, andererseits, weil ich an das Team denken und einen vernünftigen Platz absichern muss, der uns Punkte für das Ranking des Weltverbandes UCI bringt.“.

Movistar könnte absteigen

850 Zähler bringt ein Sieg bei einer der 21 Vuelta-Etappen. Bis runter zum 60. Platz gibt es gestaffelt Punkte. Movistar liegt derzeit in der Jahreswertung auf dem 17. Platz und hat 1.150 Punkte Vorsprung auf den 19. Platz, der den Abstieg bedeuten würde. Der würde bedeuten, dass der Rennstall in den kommenden drei Jahren nicht länger als World Team geführt wird und den automatischen Startplatz bei den großen Touren und Klassikern verliert.

Der große Favorit auf den Vuelta-Sieg ist Primož Roglič. Der Slowene hat die vergangenen drei Spanien-Rundfahrten gewonnen. Mit Tadej Pogačar und Jonas Vingegaard fehlen zwei starke Konkurrenten.

Fünf Etappen für die Frauen

Erst seit sieben Jahren gibt es die Vuelta auch für Frauen. 2015 war die „Ceratizit Challenge by La Vuelta“ ein Eintagesrennen, das auf die Schlussetappe der Männer fiel. Dieses Jahr treten die Damen an fünf aufeinanderfolgenden Tagen in die Pedale. Das Finale am 11. September ist zeitgleich mit den Männern. Mit dabei ist die Mallorquinerin Mavi Garcia, die wie Enric Mas Chancen auf einen Podiumsplatz hat. Derzeit fährt die 38-Jährige noch für den Rennstall UAE Team ADQ. Am Freitag (12.8.) hat Garcia zur neuen Saison einen Wechsel zu Liv Racing Xstra verkündet.