Ein Kantersieg gegen Costa Rica und ein verdienter Punkt gegen Deutschland - Spanien ist gut in die WM in Katar gestartet und der Einzug ins Achtelfinale ist praktisch nur noch Formsache. Ist das ein Grund zur Euphorie? Auf Mallorca keineswegs. Still und heimlich halten die Insulaner zwar zu La Roja, es offen zeigen will man aber nicht.

Die Bar "Magnànim" in Palmas Stadtviertel Camp Redó ist voll am Sonntagabend (27.11.). Nur die Fernseher lassen darauf schließen, dass ein Fußballspiel ansteht. Viele Familien mit Kindern sitzen an den Tischen. Man schnattert, um Fußball drehen sich die Gespräche aber nicht. Dass die Nationalhymne ertönt, geht im Geräuschpegel unter und interessiert nur einen jungen Mann, der hektisch der chinesischen Bedienung klarmacht, sie solle doch den Fernseher lauter stellen.

Spanien-Fahnen, Schals oder Trikots sind nicht zu erblicken. "Das ist was für die Andalusier oder Madrilenen", sagt Javier Granel, der das Spiel mit seinem Sohn schaut. "Ich sehe mich als Weltbürger." Den Mallorquinern fällt es schwer, Politik und Sport zu trennen. Das Tragen des spanischen Trikots wird mit Patriotismus gleichgesetzt. Für einen Skandal sorgte zwei Tage zuvor eine Schule, wo eine komplette Klasse des Unterrichts suspendiert wurde, weil sie eine Spanien-Flagge im Klassenzimmer aufgehängt hatte.

Mit dem Anpfiff wird es still

Es ist wirkt für die Menschen in der Bar wie ein schwieriger Spagat zwischen Anfeuern der Nationalmannschaft und der ablehnenden Haltung gegenüber dem eigenen Land. Mit dem Anpfiff der Begegnung wird es schlagartig ruhig. Das hält jedoch nicht lange. Ein Kommentator wäre für das Spiel nicht nötig. Fast jeder der Zuschauer vor dem Fernseher brabbelt vor sich hin und schreit den Spielern auf der Mattscheibe Anweisungen zu: "Schieß doch, spiel ab."

Am Nebentisch der Granels sitzt Alberto, der offenbar wenig Interesse daran zeigt, sich mit seiner Freundin zu unterhalten, die ihm gegenüber sitzt. Lieber mischt er sich in die Gespräche der anderen Leute ein. "Ich bin Real Madrid-Fan, aber dieser Manuel Neuer ist der beste Torwart der Welt", sagt er, nachdem der deutsche Kapitän einen Schuss an die Latte gelenkt hat. "Er lacht sich doch über die meisten Stürmer schlapp, wenn er deren Schüsse mit einer Hand hält", sagt er und wirft sein Bier um.

Der im Nachhinein aberkannte Treffer der Deutschen interessiert das Bar-Publikum wenig. So offen will man schließlich nicht zeigen, wie man mit dem Team leidet. Als der Schiedsrichter auf Abseits entscheidet, wird dennoch applaudiert.

Beim Tor wird frenetisch gejubelt

In der zweiten Halbzeit wird Deutschland offensiver. Die Geräuschkulisse nimmt wieder zu, da sich die Spanier erneut mit Alltagsgesprächen ablenken. Erst als Morata zur Führung trifft, rückt der Fußball wieder in den Mittelpunkt. Es wird frenetisch gejubelt. Ein Mann zieht den Reißverschluss seiner Jacke herunter und präsentiert ein Atlético Madrid-Trikot, wo der Stürmer spielt.

Der deutsche Ausgleich 20 Minuten später wird wieder nur halbherzig zur Kenntnis genommen. In den Schlussminuten können die Mallorquiner dann aber doch ihre Spannung kaum verbergen. "Vamos, vamos", ruft ein Zuschauer und kassiert ein "Halt die Klappe" von seinem Nebenmann.

Spanien fast schon im Achtelfinale

Nach dem Abpfiff wird höflich geklatscht. Mit vier Punkten führt die spanische Nationalmannschaft nun die Gruppe E an. Das Weiterkommen wäre nur noch bei einer Niederlage gegen Japan am Donnerstag (1.12.) und einem haushohen Sieg der Deutschen gegen Costa Rica gefährdet. Die Deutschen müssen gewinnen und den Spaniern die Daumen drücken, um es ins Achtelfinale zu schaffen.