Die Verbreitung

Laut einer Metastudie der NGO „Plataforma per la llengua" verstehen weltweit rund13,4 Millionen Menschen Katalanisch, etwa 10,2 Millionen von ihnen können die Sprache auch sprechen können. Der von der Balearen-Universität im Jahr 2014 erstellten EULIB-Studie zufolge verstehen 97,2 Prozent der Bewohner der Insel Katalanisch. 82,5 Prozent können es auch sprechen. Ob sie die Sprache tatsächlich einsetzen, ist allerdings eine andere Frage. Für 37,3 Prozent der Mallorquiner ist es die Alltagssprache. Dabei fallen Unterschiede zwischen Stadt (27,9 Prozent) und dem Rest der Insel (45,6 Prozent) auf.

Die Herkunft

Der Ursprung der katalanischen Sprache liege in den Pyrenäen, erklärt Johannes Kabatek, Professor für romanische Philologie an der Universität Zürich. Dort hat sich die Sprache aus einem Dialekt des Lateinischen entwickelt, so wie andere romanische Sprachen auch. „Im Zuge der reconquista, der Wiedereroberung der von den Mauren besetzten Gebiete ist die Sprache nach Süden getragen worden, auf die Balearen ebenso wie nach Valencia", sagt Kabatek. Auch in Alghero auf Sardinien und im Süden Frankreichs spricht man die Sprache vereinzelt.

Da sich die Sprache langsam ab dem Ende des römischen Reiches entwickelt hat und man noch lange im Schriftlatein schrieb, dauerte es, bis erste Dokumente auf Katalanisch erstellt wurden. „Erste Fragmente finden sich im 11. Jahrhundert, spätestens ab dem 13. Jahrhundert wird Katalanisch massiv als Schriftsprache eingesetzt", sagt Kabatek.

Verfolgung und Verbot

Das Kastilische, das man gemeinhin als Spanisch bezeichnet, habe sich seit dem 15. Jahrhundert auf der iberischen Halbinsel zur bedeutendsten Sprache entwickelt. „Anfang des 18. Jahrhunderts kamen die politischen Maßnahmen wie etwa das Decreto de Nueva Planta hinzu, das die kastilische Sprache durchsetzen sollte. Ganz extrem wurde es dann in den Diktaturen von Primo de Rivera und Franco." Wobei das Wort Verbot eine Vereinfachung darstelle, so Kabatek. „In jedem Dorf auf Mallorca sprach man weiter Katalanisch. Aber man konnte es weder auf dem Amt noch beim Arzt noch beim Militär sprechen. Das hat ihm die Offizialität genommen."

Die politischen Maßnahmen hätten zum einen zu einer Kastellanisierung der Sprache geführt, so Kabatek, gerade auch auf Mallorca. Das merke man besonders bei Neologismen, etwa Worten, die neue Technologien beschreiben. Zum anderen habe der politische Druck auf die Sprache dazu beigetragen, dass die Standardisierung keine richtige Tradition hat. „Es gibt nicht diese Einheitlichkeit, wie sie andere Sprachen haben."

Dialekte und Varianten

Die Sprachwissenschaft unterscheidet zwei Dialektgruppen: West- und Ostkatalanisch. „Das überrascht zunächst, weil man denkt: Das sind doch viel mehr", sagt Kabatek. „Das Hauptkriterium zur Einteilung ist der sogenannte Vokalismus. „Im Ostkatalanischen, also auch im Mallorquinischen, sind die unbetonten Vokale neutralisiert", sagt Rosa Calafat, Professorin für katalanische Philologie und Linguistik an der Balearen-Uni. Das heißt, das man bei unbetonten Vokalen nicht zwischen a und e unterscheiden kann, sondern dass man an der Stelle eine Art dumpfen „ä"-Laut spricht. Ein Beispiel ist der Ortsname Peguera, der teilweise Paguera geschrieben wird - was an der Aussprache nichts ändert.

Die Grenze zwischen den Dialekten verläuft durchs Festland. Das Westkatalanische umfasst die Gegend um Lleida und reicht im Süden nach Valencia. Der ganze Rest des Sprachraums ist Ostkatalanisch. Die Dialekte sind dann noch weiter verzweigt. Auch innerhalb Mallorcas. So haben Sóller und Pollença dialektale Eigenschaften, die sich vom Rest Mallorcas unterscheiden. Auf Mallorca wird häufig der Begriff mallorquí (Mallorquinisch) als Synonym für die Inselsprache verwendet. Vor allem aus konservativen Kreisen gibt es immer wieder Bestrebungen, Mallorquinisch gar als eigene Sprache zu deklarieren. Das geschieht oft als Versuch einer Abgrenzung zu Katalonien und den dortigen Unabhängigkeitsbestrebungen.

Der Vergleich zu deutschen Dialekten sei kompliziert, sagt Kabatek. „Jeder Fall ist einzigartig." Der gebürtige Schwabe führt das Beispiel seiner Wahlheimat Zürich an. „Hier ist das Schweitzerdeutsch die allgemein gesprochene Sprache. Natürlich könnte man es auch problemlos als Schrift- oder Bildungssprache einführen. Aber die Leute sehen hier einen Vorteil darin, Schriftdeutsch als Standardsprache zu verwenden und nicht ein Schrift-Schweizerdeutsch." Das lasse jedoch keine Schlüsse über die Situation in den katalanischsprachigen Gebieten zu. Ob etwa Mallorquinisch eine eigene Sprache oder doch ein Dialekt ist, ist für Kabatek keine sprachwissenschaftliche, sondern eine politische Frage.

Die Schriftsprache - einheitlich seit dem 20 Jahrhundert

Der Philologe Pompeu Fabra machte es sich Anfang des 20. Jahrhunderts zur Aufgabe, die katalanische Orthografie und Grammatik zu vereinheitlichen und zu modernisieren. „Fabra hat die Orthografie so verfasst, dass zum Beispiel die unbetonten Vokale un­terschieden werden, damit sich auch die ­Westkatalanen in dieser Schriftsprache wiederfinden", so ­Kabatek.

Oberster Sprachwächter ist das 1907 gegründete Institut d'Estudis Catalans. „Das Institut vertritt einen sehr pluralen Standpunkt und versucht, möglichst alle lokalen Varianten einzubinden", sagt Kabatek. „Es wird also in dem Sinne nichts verboten, sondern man versucht, einen Schriftstandard zu erhalten." Das 1985 gegründete Institut TermCat ist dafür verantwortlich, die Sprache auf einem aktuellen Stand zu halten, also etwa für neue Technologien einen allgemein gültigen Begriff auf Katalanisch festzulegen.

Katalanisch in der Schule

Rund 83 Prozent der Schulen auf den Balearen unterrichten komplett auf Katalanisch. „Auf Mallorca vertritt man in der Schule eine plurale Ideologie", sagt Kabatek. Das heißt: Im Katalanisch-Unterricht wird vornehmlich das Standardkatalanisch gelehrt. Schreibt ein Schüler aber im mallorquinischen Dialekt, wird das akzeptiert, wenn es richtig geschrieben und im Kontext angewendet wird. Der Unterschied zeigt sich etwa darin, dass man salat-Artikel verwendet (es und sa statt el und la) und auch manche Wörter anders schreibt (es cotxo statt el cotxe etwa, wenn es um ein Auto geht). Manche Worte sind komplett anders (Katze ist moix auf Mallorquinisch und gat auf Standardkatalanisch).

Für Rosa Calafat von der Balearen-Universität kommt es sehr auf den Kontext an, wann der Dialekt in Schriftform angebracht ist: „Wenn ich einen Roman schreibe, kann ich natürlich die Leute in mallorquinischem Dialekt sprechen lassen", sagt sie. „Wenn es aber darum geht, etwa einen wissenschaftlichen Text zu schreiben, oder einen Artikel, dann sollte man auf das Standard-Katalanisch zurückgreifen, um eine allgemeine Verständlichkeit zu gewährleisten."

Die Katalanischnote, die man beim Schulabschluss hat, bestimmt, mit welchem Sprachniveau man die Schule verlässt. Das spanische Schulsystem vergibt Noten von 0 (schlechteste) bis 10 (beste). „Hat man eine 8 oder höher, wird das als ein C1-Sprachniveau angerechnet, darunter als B2", erklärt Calafat.

Sprache in der Verwaltung

Katalanisch ist seit dem Autonomiestatut der Balearen von 1983 neben dem Spanischen die kooffizielle Amtssprache. 1986 verabschiedete das Balearen-Parlament zudem mit einem breiten, von der konservativen Volkspartei (PP) mitgetragenen Konsens das Gesetz zur „Normalisierung" der Sprache. Es macht die Förderung des Katalanischen zur Aufgabe der Regionalregierung.

Die derzeitige Balearen-Regierung hat 2017 per Dekret festgelegt, dass Katalanisch wieder verpflichtend für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ist. Zuvor wurden Sprachkenntnisse als Plus gewertet. Die meisten ­Angestellten der Verwaltung müssen nun B2-Kenntnisse nachweisen, für einige Führungspositionen gilt das C1. Das Dekret sorgte vor allem im Gesundheitswesen für Proteste und Nachverhandlungen mit der Landes­regierung. Die Hauptsorge war, dass der akute Ärztemangel auf den Balearen durch die Verpflichtung, Katalanisch zu können, noch ­größer werden könnte.

Für die Überprüfung der Sprachkenntnisse, also die Organisation und Auswertung der Prüfungen, war bisher die der Landesregierung unterstellte Kultureinrichtung Institut d'Estudis Baleàrics verantwortlich. Mitte März ging die Zuständigkeit an die dem Kulturministerium unterstellte Generaldirektion für Sprachpolitik über. Ab 2020 sind auch die Prüfungsbedingungen andere.

Die Einführung der verpflichtenden ­Ka­talanisch-Kenntnisse hat auf den Inseln zu einer großen Nachfrage nach Sprachkursen ­geführt - auch unter Menschen, die Mallorquinisch als Alltagssprache nutzen. Nahmen im Januar 2015 an Prüfungen für die verschiedenen Sprachniveaus noch 1.700 Menschen teil, waren es im Januar 2018 rund 6.000. Die Prüfungen sind nicht ohne. So bestanden etwa im Januar 2018 lediglich 68 Prozent der Teilnehmer die A2-Prüfung, 40 Prozent die B2-Prüfung und 36 Prozent die C1-Prüfung.