Wortschatz

Spanisch lernen: Wann sieht man auf Mallorca aus "wie Christus am Kreuz"?

Ein paar Redewendungen mit religiösem Ursprung

Zur „Semana Santa“ (Heiligen Woche) tragen „penitentes“ (Büßer) Kreuze durch die Gassen.  | F.: IVÁN LOZANO/EFE

Zur „Semana Santa“ (Heiligen Woche) tragen „penitentes“ (Büßer) Kreuze durch die Gassen. | F.: IVÁN LOZANO/EFE / Tom Gebhardt

Tom Gebhardt

Tom Gebhardt

Mit diesem Sonntag (2.4., „Palmsonntag“ = el Domingo de Ramos) hat für die Christen (los cristianos) die „Karwoche“ oder „Heilige Woche“ begonnen, auf Spanisch la Semana Santa. Anlass genug, einmal einen Blick auf die vielen spanischen Redewendungen zu werfen, die eigentlich religiösen Ursprungs sind, der aber im Alltag oft in den Hintergrund getreten ist. Manchmal will man solche Wendungen vielleicht sogar vermeiden, um religiöse Menschen nicht in ihren Gefühlen zu verletzen.

Ein typisches Beispiel ist der Ausdruck para más inri (oder para mayor inri), der sich etwa übersetzen lässt mit „um es noch schlimmer zu machen“ oder „als ob das nicht schlimm genug wäre“. Das Wort inri gibt es aber im Spanischen gar nicht. Es handelt sich um die Abkürzung I.N.R.I., wie man sie an Jesuskreuzen findet – lateinisch für Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum, also „Jesus von Nazareth, König der Juden“, mit dem der Gekreuzigte verspottet werden sollte. Wer religiöse Ausdrücke im weltlichen Alltag vermeiden möchte, könnte stattdessen para colmo (etwa „um das Fass voll zu machen“) sagen oder por si fuera poco (etwa „als wenn das nicht ausreichen würde“).

Ganz schön mitgenommen

Noch etwas krasser ist der Ausdruck estar hecho un cristo. Spanier benutzen ihn in der Bedeutung „total fertig aussehen“ oder „ganz schön mitgenommen sein“. Doch wenn jemand einen kleinen Kratzer im Gesicht hat, sich im Spiegel betrachtet und sagt vaya, estoy hecho un cristo (etwa „oh Gott, ich seh aus wie Christus am Kreuz“), dann ist das doch ziemlich übertrieben und könnte manch gläubigen Menschen beleidigen. Alternativ könnte man sagen: estoy hecho un desastre (ich sehe katastrophal aus/ich bin total am Ende).

Oder die Floskel en un santiamén. Sie bedeutet, dass etwas „im Nu“/„ganz schnell“ geht und entspringt Zeiten, als die Messe (la misa) noch auf Latein abgehalten wurde und viele Gebete mit den Worten in nomine Patris, et Filii et Spiritus Sancti, Amen (im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, Amen) endeten. Bei blitzschnell gemurmelten Stoßgebeten waren oft nur die letzten Silben hörbar: Sancti Amen. Daraus entstand dann die Wendung en un santiamén.

Abonnieren, um zu lesen