Von Jutta Christoph

Die Entscheidung für Schönheit, Grazie und Anmut fällt am Ballermann. Als Gabriel Hahn im September 2004 am Strand zum x-ten Mal die trägen, unförmigen Körper betrachtet, viele sonnenverbrannt und wenig muskulös, beschließt er Schluss zu machen. Schluss mit dem Hoteljob, Schluss mit den Touristen. Sein Leben soll fortan nur noch den Pferden gehören. Verliebt hatte er sich bereits zehn Jahre zuvor - in eine menorquinische Stute.

Pferde gehören zu seinem Leben, solange Hahn denken kann. Mit drei Jahren quengelt er bei den Eltern, bis die ihrem Sohn endlich zwei Ponys schenken. Halfter und Zaumzeug habe er aus Stricken selbst gebaut, so wie er das aus Indianerfilmen kannte. Auf ähnliche Weise reitet er die Ponys anschließend zu, natürlich ohne Sattel. Seitdem ist Hahn mit den Tieren verwachsen, nicht nur beim Reiten, auch mit dem Herzen.

Bis er von seiner Geburtsstadt am Niederrhein auf Mallorca landet und ein Gestüt für reinrassige menorquinische Pferde aufbaut, sollen noch ein paar Jahre vergehen. Zunächst absolviert Hahn eine Hoteliersausbildung in der Schweiz, danach reist er als Hotelmanager um die halbe Welt. 1992 führt ihn sein Job an die Playa de Palma. ýMir war sofort klar, dass ich auf der Insel wieder ein Pferd brauche", sagt Hahn. Als er bei einem Besuch auf der Nachbarinsel eine menorquinische Stute Probe reitet, verliebt er sich auf Anhieb. ýIch bin Pensa geritten und war begeistert. Die Gänge, ihre Wendigkeit, einfach toll." Ein halbes Jahr später sei er wieder rüber und habe kräftig eingekauft, Stuten, Hengste, Fohlen. ýDas war der Startschuss für mein Gestüt in Llucmajor."

Seit 1995 ist sein Gestüt ýYeguada Binibernat" als Zuchtstall offiziell zugelassen. Was viele nicht wissen: Menorquinische Pferde werden erst seit 1989 als eigene Rasse (von der cría caballar) geführt. ýDamals waren es rund 1.000 Pferde, heute ist der Bestand auf 2.500 gestiegen", so Hahn. Auf Mallorca sei er aber immer noch der erste und einzige Züchter. ýUrsprünglich stammt das menorquinische Pferd aus Katalonien oder aus dem Berberraum in Nordafrika", so genau wisse man das heute nicht mehr. Später sei alles mögliche eingekreuzt worden, Engländer, Franzosen, Araber, je nachdem, wer gerade auf den Inseln regiert hätte. ýAuf Menorca hat sich die schwarze Rasse immer erhalten, dort gab´s ja nie einen Krieg." Sie wurde auf den einheimischen fiestas vorgezeigt und so immer wieder in Aussehen und Dressur überprüft. Weltweit einmalig sei die doma menorquína, zu der auch das Aufstellen auf die Hinterbeine (der bot) gehört, noch heute. ýDa die bis zu 1,60 Meter hohen Menorquiner hinten weit unterbaut sind, stellen sie sich mit Leichtigkeit auf", sagt Hahn, ýlaufen 40 Meter und mehr auf zwei Beinen."

Auf Mallorca nutzte man früher die Pferde derselben Herkunft als Zugtiere für den Ackerbau. Die Rasse wurde so immer mehr zu Karrenpferden, hatte eine Ramsnase und eine kleine Brust. ýIch züchte dagegen wieder mehr zur pura raza española, zum Idealbild des spanischen Pferdes." ýKaliffr YBB" ist der lebende Beweis dafür. Der pechschwarze menorquinische Hengst trabt frei auf Hahns Grundstück herum. Ab und an besucht er die Stuten, die mit den Köpfen zum Stall rausschauen, schnaubt drei, vier Mal, tut aufgeregt und tänzelt mit erhobenem Schweif wieder davon. Mit seinen elf Jahren hat Kaliffr alles gewonnen, was man als Rassepferd gewinnen kann, er war mehrmals balearischer und mallorquinischer Champion. ýIch lasse die Stuten von ihm auf der Koppel in Freiheit decken", sagt Hahn, der die menorquinischen Pferde auch für ihre Nervenstärke liebt. Eine künstliche Besamung sei sowieso nicht erlaubt, und die Deckungsrate von Kaliffr liege bei fast 100 Prozent.

Ob der zehn Tage alte Neuzugang, ein Hengstfohlen von der Stute ýNena YBB", einmal zum Menorquiner gekört wird wie seine Eltern, ist noch ungewiss. ýDas Fohlen hat einen weißen Fleck auf dem Maul, mal sehen, ob das durchgeht", sagt Hahn. Hengste können ab drei Jahren gekört werden, erst danach dürfen sie decken. Für die Zulassung müssen sie mindestens 70 Punkte in der Rasse-prüfung erreichen.

Zurzeit besitzt Hahn zwei Hengste und 18 Stuten, alle tragend. Normalerweise steht er jeden Tag um sechs Uhr auf, jetzt, wo die Fohlen geboren werden, schaut er auch nachts alle zwei Stunden im Stall vorbei. ýFalls es bei der Geburt ein Problem gibt, kann ich noch eingreifen." Etwa einmal im Monat fährt Hahn mit dem Pferdetransporter nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz, verkauft Stuten und Fohlen und bringt auf dem Rückweg Heu aus Deutschland mit, das qualitativ besser sei als das mallorquinische. Ja, sein Leben sei schon anstrengend, sagt Hahn, ýaber es macht auch verdammt viel Spaß".

Auf ýBinibernat" werden Pferde nicht nur gezüchtet, sondern auch ausgebildet. ýAuf Menorca haben die Tiere einen kurzen Trippeltrab, ich fördere schon als Fohlen an der Longe den ausgreifenden Trab", sagt Hahn. Trainiert werden bei ihm Hengste und Stuten, auch wenn das in Spanien unüblich sei. ýDie Stuten werden normalerweise nicht geritten, das fängt jetzt erst ganz langsam an." Und einen Hengst zu kastrieren und dann als Reitpferd zu nutzen, wie etwa in Deutschland üblich, käme überhaupt nicht in Frage. Auch Hahn reitet, wie jeder spanische Macho, nur auf seinen Hengsten aus. ýStuten reite ich ein, aber meine Hengste, mit denen gehe ich ins Gelände und zeige mich."