Son Reus – der Name steht bei vielen Tierschützern bislang für die Versäumnisse im Umgang mit den Tieren auf Mallorca. Da nicht vermittelte Hunde und Katzen in Palmas Tierauffanglager nach einer Übergangszeit eingeschläfert werden, handelte sich Son Reus den Namen Tötungsanstalt ein. Sogar KZ-Vergleiche und Mallorca-Boykott-Aufrufe machten die Runde.

Jetzt gibt es gute Nachrichten: Die Zahl der Einschläferungen geht seit Beginn des Jahres zurück. Laut Statistik wurden im Januar 66 Tiere eingeschläfert, im Februar 14, im März 38. Zum Vergleich: In den ersten Monaten des vergangenen Jahres waren es 76, 78 und 97. „Mit viel Anstrengung wird es möglich sein, die Zahlen auf null zu reduzieren", sagt Pedro Morell, Leiter von Son Reus.

Der Rückgang ist mit neuen Vorschriften, aber auch mit der immer besser funktionierenden Zusammenarbeit zwischen Son Reus und den ehrenamtlichen Tierschützern zu erklären. Wichtigste Maßnahme: Die kleineren Gemeinden des Umlandes dürfen seit Anfang des Jahres aufgefundene Tiere nicht mehr ohne Auflagen in Son Reus abgeben. Palmas Stadtverwaltung schreibt den Kommunen vor, zunächst selbst nach dem Halter zu suchen und die Hunde und Katzen acht Tage zu behalten. Pflicht ist zudem ein Hundechip-Lesegerät.

Knapp 30 Gemeinden auf ­Mallorca mit weniger als 15.000 Einwohnern haben das Abkommen inzwischen unterschrieben. Nach gewissen Anlaufschwierigkeiten funktioniere die Zusammenarbeit gut, sagt Josep Claverol, zuständiger Stadtrat für Gesundheitsfragen. Größere Gemeinden müssen eigene Tierheime schaffen, es gebe aber Übergangsfristen unter anderem für Sóller und Alcúdia. Bereits zu Jahresbeginn ist die Zahl der Tiere aus den Dörfern in Son Reus um mehr als die Hälfte gesunken – auf 104 im Januar und 46 im Februar.

„Son Reus ist auf einem guten Weg", sagt Maxi Lange, Sprecherin des balearischen Tierschutzdachverbands Baldea. Sie begrüßt, dass die Gemeinden in die Pflicht genommen werden, verweist aber auch darauf, dass vor allem die zahlreichen Tierschützer die Bilanzen von Son Reus besser aussehen lassen. „Wir haben allein vergangenes Jahr 400 Hunde herausgeholt." Die Zusammenarbeit mit den Tierschützern funktioniere immer besser, sagt auch Morell. So müssen die Baldea-Mitarbeiter inzwischen keine Gebühren mehr zahlen, wenn sie Tiere aus Son Reus abholen.

Der frei gewordene Platz erlaubt es, die Tiere länger als gesetzlich vorgeschrieben in den Zwingern zu halten – und ein neues Herrchen oder Frauchen zu finden. Doch in einigen Fällen sei das sehr schwierig, sagt Morell. So bereiten ihm die Tiere Kopfzerbrechen, die zwar gesund sind, aber so verwildert, dass eine Adoption praktisch unmöglich sei. In der Mehrzahl handle es sich um scheue Straßenkatzen. In einer groß angelegten Aktion würden Palmas Streuner derzeit sterilisiert, das Problem sei aber schwer in den Griff zu bekommen.

Die Stadt Palma hat zwar in Krisenzeiten das Geld nicht locker sitzen. „Wir müssen uns rechtfertigen, wenn wir Mittel für Hunde und Katzen statt für Menschen ausgeben", sagt Stadtrat Claverol. Dennoch konnte dank des staatlichen Konjunkturprogramms Plan E in Son Reus kräftig investiert werden: 212.000 Euro flossen für den Bau einer Tierarztklinik und eines Quarantäne-Bereichs, beide Abteilungen sind inzwischen in Betrieb. Steckten Neuankömmlinge früher häufig andere Tiere mit Krankheiten an, bleiben sie nun zunächst unter Beobachtung, werden geimpft und versorgt. Räumlich getrennt stehen weitere Zwinger mit Tieren, die erst nach ihrer Ankunft erkrankt sind. „Wir sind alle sehr happy, dass kranke Hunde dort nun isoliert werden können", sagt Lange.

Im Gegensatz zu den Investitionen in Son Reus sei die sonstige Lage des Tierschutzes auf Mallorca jedoch weiterhin desolat. Größte Pleite: Aus den weiteren Tierheimen zur Entlastung von Son Reus, deren Bau für diese Legislaturperiode versprochen war, wird vorerst nichts. Schuld sei die Wirtschaftskrise, sagt der zuständige Inselratsdezernent Cosme Bonet (PSOE). Eine Subvention des balearischen Landwirtschaftsministeriums sei gestrichen worden – obwohl die Planungen bereits weit fortgeschritten gewesen seien. „Wir haben die Erweiterung des Tierheims in Sant Llorenç vorbereitet. Das hätte aber mehr als 200.000 Euro gekostet", so Bonet.

Zudem sei die Suche nach geeigneten Grundstücken nicht einfach. „Niemand hat uns Grundstücke zur Verfügung gestellt." Die Pläne könnten aber nach den Wahlen am 22. Mai umgehend wieder aufgenommen werden. Der Inselrat sei alles andere als untätig geblieben, so Cosme, die Institution habe unter anderem die Anschaffung der Chip-Lesegeräte ermöglicht.

Baldea hatte den Behörden auf Grundlage einer Studie drei weitere überregionale Tierheimen empfohlen. „Wir brauchen nicht nur kurzfristige Auffangstationen in den Gemeinden, sondern auch Einrichtungen, wo die Tiere länger bleiben können", so Lange. Sie wünscht sich eine eigenständige Abteilung für Tierschutz bei der Landesregierung oder dem Inselrat. „Das Problem ist immer wieder, dass es kein spezielles Budget für Tierschutz gibt." Die auf Balearen-Regierung, Inselrat und Gemeinden verteilten Zuständigkeiten beim Tierschutz müssten klarer geregelt werden. Zu den weiteren Forderungen der Tierschützer gehören eine Reform des balearischen Tierschutzgesetzes sowie strengere Regeln für Züchter. „Es wäre falsch zu sagen, dass alles besser geworden ist."

www.baldea.de

www.csmpa.palmademallorca.es

Son-Reus-Tiere auf Facebook

In der Printausgabe vom 7. April (Nummer 570) lesen Sie außerdem:

- Mallorca Rocks: Der Kampf für eine gute Idee

- Moderne Sklavinnen: Krise verschärft Ausbeutung

- Mit Chinesisch und Kontrabass: Besuch in der Privatschule Ágora

- Serie Gemeindewahlen, Teil IV: Capdepera braucht Krisenmanager

- PSM-Vorsitzender Biel Barceló im Interview

Diese Artikel finden Sie auch hier.