Der „Servicio de Protección de la Naturaleza", übersetzt so viel wie Naturschutz-Dienst, untersteht der Guardia Civil und wurde 1988 ins Leben gerufen. Buenaventura Cañellas, seines Zeichens Obergefreiter bei Spaniens paramilitärischer Polizeieinheit Guardia Civil, ist einer von 35 Seprona-Mitarbeitern auf Mallorca und sprach mit uns über seinen Arbeitsalltag. Zu tun hat er dabei nicht nur mit exotischem Getier wie Tigern, Schimpansen oder Papageien, sondern auch mit illegal entsorgtem Müll, Wilderei oder Waldbränden. Das Gespräch endet denn auch nach einer knappen Stunde abrupt, als Cañellas zum Einsatz nach Ibiza beordert wird, wo ein Feuer das Dorf Sant Miquel bedroht.

Was sind Ihre Aufgaben, wenn Sie nicht hier am Schreibtisch sitzen und Interviews geben?

Wir versuchen, so viel wie möglich draußen unterwegs zu sein. Pro Schicht ist im Schnitt ein halbes Dutzend Kollegen auf Streife. Zur Jagdsaison etwa patrouillieren wir verstärkt in den Jagdrevieren der Insel. Immer mal wieder gibt es konzertierte Kontrollen, zum Beispiel in Autowerkstätten, wo wir überprüfen, ob Batterien, Öle und sonstiger gefährlicher Müll korrekt entsorgt wird. Und jetzt im Hochsommer sind wir vor allem in Gebieten unterwegs, wo die Waldbrandgefahr besonders hoch ist, damit gar keiner erst auf die Idee kommt, ein Feuer zu machen oder einen Grill anzuwerfen. Unsere Arbeit ist schließlich einerseits präventiv. Andererseits decken wir Umweltdelikte oder Verstöße gegen den Tierschutz auf. Und nach einem Waldbrand sind es ebenfalls wir, die die Brandursache oder den Brandstifter ermitteln.

Es ist also eher die Ausnahme, dass sie Jagd auf Menschenaffen machen, wie nach dem Ausbüxen der beiden Schimpansen aus dem Safari-Zoo im Mai?

Ganz so exotisch ist unser Job meistens nicht. Wir überprüfen auch Schaf- und Ziegenherden oder Schweine- und Rinderzuchtbetriebe, wobei es auf Mallorca inzwischen nur noch einen großen Rinderhof gibt. Daneben haben wir immer mal wieder mit ausgesetzten Schlangen und Leguanen oder verletzten Greifvögeln zu tun. Und Affen sind tatsächlich relativ häufig ein Thema, allerdings vor allem Titi-Affen (kleine Springäffchen, Anm. d. Red.), die sich Leute übers Internet bestellen und meinen, sie könnten die zu Hause im Wohn­zimmer halten.

Darf man das denn nicht?

Nein, inzwischen ist Privatpersonen das Halten von Affen laut Gesetz nicht mehr erlaubt. Unter anderem weil die Tiere gefährliche Krankheiten übertragen können. Als die beiden Schimpansen einst auf die Insel kamen, war das noch kein Problem. Ihr früherer Besitzer, der mittlerweile verstorbene deutsche Autovermieter Hasso, hatte ja noch allerlei andere wilde Tiere, etwa Raubkatzen, auf seinem Grundstück. Das wäre heute alles nicht mehr möglich. Deshalb können auch die Löwen, die auf einer Finca bei Son Servera entdeckt wurden, nicht dort bleiben. Klare Regeln gibt in diesem Zusammenhang auch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen vor. Papageien und Ara zum Beispiel dürfen nur noch unter bestimmten Auflagen, etwa wenn die Tiere schon in Gefangenschaft geboren wurden, gehalten werden. Aber das ist immer noch vielen Leuten nicht klar.

Haben wir es da oft mit falscher Tierliebe zu tun?

Fehlendes Bewusstsein ist tatsächlich unser Hauptproblem. Da kaufen sich Leute eine Riesenschlange oder ein anderes Tier, merken dann, dass sie gar keinen Platz dafür haben und setzen es aus. Auch wenn die Schlange nicht gefährlich oder giftig ist, ist das bedenklich, denn in der Regel handelt es sich um nicht-einheimische Arten, die dann hier auf einmal in freier Wildbahn unterwegs sind. In der Tramuntana etwa hatten wir große Probleme mit Nasenbären. Oder am Strand von Santa Ponça sind die Bäume mittlerweile voller Mönchssittiche (kleine, aus Südamerika stammende Papageien, Anm. d. Red.), die die heimischen Spatzen längst ver­trieben haben.

Ist der Eindruck richtig, dass durch die Krise mehr Tiere vernachlässigt werden?

Diese Vermutung ist naheliegend. Durch die Medien gingen ja immer wieder die Fälle von abgemagerten Pferden, denn gerade Pferde sind nun mal kostspielige Tiere. Allerdings trennen sich viele Leute nur ungern von ihren Tieren und hoffen eben, dass es auch mit ein bisschen weniger Futter geht. Das sind nicht alles Tierquäler, die ihre Tiere absichtlich verhungern lassen.

Da sind aber viele Deutsche anderer Meinung. Sind die Vorstellungen von Tierwohl kulturell bedingt unterschiedlich?

Da prallen oft zwei Sichtweisen aufeinander: In den Augen des Tierschützers geht es dem Tier extrem schlecht, aber der Tierbesitzer denkt sich womöglich, das passt schon so. In der Regel sind die Leute, die Anzeige erstatten, auch keine Tierärzte, da kommt es schon mal zu Fehleinschätzungen. Der Fall der Schafherde in Andratx etwa wurde von Kollegen überprüft und kein Verstoß festgestellt. Die Tiere sind vielleicht nicht im Top-Zustand, aber eben auch nicht in Lebensgefahr, wie besorgte Anwohner behaupteten.

Auch die Forderung vieler Tierschützer, alle Zoos oder den Natura Parc zu schließen und die Tiere in Freiheit zu entlassen, ist äußerst fragwürdig. Diese Tiere wären in freier Wildbahn nicht mehr lebensfähig, etwa weil sie einen kaputten Flügel haben - oder wie der Schimpanse in eine Kläranlage stürzen. Wir müssen immer abwägen, die Frage, was richtig und was falsch ist, ist nicht einfach zu beantworten. Ein Bauer, der seinen Hund als Nutztier sieht, der die Finca bewacht und an einer Kette gehalten wird, ist sicher anderer Meinung als ein Stadtbewohner, der sich ein Schoßhündchen als Haustier zulegt.

Apropos Haustiere: Auch da sehen viele Deutsche Verbesserungs­bedarf. Kann ich denn, wenn ich der Meinung bin, mein Nachbar hält seinen Hund nicht angemessen, bei Seprona anrufen?

In Palma und größeren Gemeinden ist dafür die Policía Local zuständig. Aber in kleinen Dörfern oder auf dem Land ist tatsächlich auch Seprona zuständig, obwohl unser Hauptaugenmerk auf Wildtieren liegt.