Sie knicken ihre Knie nach hinten ab und sind auch sonst ungewöhnliche Tiere (siehe Kasten). Deshalb haben auf Mallorca alle Interesse daran, dass Flamingos hier heimisch werden. Das heißt im Fall der Wandervögel: Sie sollen endlich auf der Insel brüten. Das wird wohl nur dann gelingen, wenn wir sie in Ruhe lassen. Andererseits sind die rosafarbenen Stelzvögel so attraktiv, dass sie alle gerne aus der Nähe sehen würden.

Ein Dilemma, das nun die Umweltbehörde, der Umweltschutzverein Gob und das Unternehmen Salinas d´Es Trenc lösen wollen. Die Saline liegt im Gemeindegebiet Campos an der flachen Südküste. Dort machen jedes Jahr zwischen August und April rund 200 bis 300 Flamingos halt. Hier fressen sie sich satt, hier staksen sie durchs seichte, salzige Wasser, hier rasten sie - aber zum Brüten fliegen sie weg.

Der Gob hat 2016 erstmals versucht, die Tiere zum Eierlegen zu animieren und eine kleine Insel am Rand der Salzgewinnungsanlage vom Gestrüpp befreit, das sie überwucherte. „Nester gab es sogar schon", sagt Manolo Suárez, „aber sie sind leider leer geblieben." Suárez vermutet, dass es den Tieren noch zu unruhig war. „Dieses Jahr hatten wir auf Mallorca einen Besucherrekord, besonders am Es-Trenc-Strand war der Andrang enorm." Die Zufahrtsstraße zum Strandparkplatz führt direkt an den Salzbecken vorbei. Und die Betreiber der Saline organisieren auf den Arbeitswegen zwischen den Salzbecken Führungen. Dabei darf man sich den Vögeln zwar nicht nähern, aber Unruhe kommt dennoch auf.

Das Gebiet des Naturstrandes und sein Hinterland, in dem die 330 Hektar große Saline liegt, soll nun Teil eines Naturparks werden, mit entsprechenden Auflagen und Ruhezonen. Geschützt ist dort seit 1991 bereits ein 1.500 Hektar großer Landstrich. Er gehört zum europäischen Netzwerk Natura 2000. Das umfasst Landschaften, die zum Erhalt wild lebender Arten besonders wichtig sind.

Beim Feuchtgebiet hinter dem Es-Trenc-Strand liegt die ökologische Bedeutung auf der Hand: Es ist Rast- und Futterplatz für mehr als 170 Vogelarten. Würde die Saline dichtmachen oder ihre Wasserqualität verlieren, ginge den Vögeln ein wichtiger Standort verloren, viele würden wohl ihre Reise von Nord nach Süd oder quer übers Mittelmeer nicht überleben. Deshalb sind in Spanien alle Feuchtgebiete geschützt, neben der Saline von Campos oder der Albufera in Alcúdia auch die von Ibiza und Formentera, der Nationalpark Doñana bei Huelva, die Lagune von Fuente de Piedra bei Málaga oder das Ebro-Delta in Katalonien.

Die Flamingos sind in all diesen Lebensräumen eine sogenannte Flagschiffart: Sie sind so auffällig, dass sie die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich ziehen und den Schutz ihrer Lebensräume erleichtern. Das hat auch die Betreiber der Saline auf Mallorca dazu bewogen, beim Artenschutz aktiver zu werden. Vor Kurzem hat bei den Teilhabern ein Generationenwechsel stattgefunden und damit ein ­Mentalitätswandel. Sie haben mit dem Gob ein Abkommen zum Schutz der Flamingos geschlossen.

Die Unternehmen Salinas de Levante S.A. und Gusto Mundial Balearides S.L. stehen hinter der neuen Marke Salinas d´Es Trenc. Sie produzieren rund 10.000 Tonnen Meersalz im Jahr, der Verkaufsschlager sind die Salzflocken, die in 30 Länder exportiert werden. Doch auch bei den Bemühungen, die Tiere zum Brüten zu gewinnen, geht es letztlich ums Geschäft. „Unser Salz und sein Anbaugebiet sollen als eine Einheit wahrgenommen werden", sagt Mitinhaberin Laura Calvo.

Flamingos sollen die intakte Natur und also ein hochwertiges, naturbelassenes Produkt repräsentieren - am besten das ganze Jahr über.

Jordi Muntaner von der Umweltbehörde ist davon nicht überzeugt. Er beobachtet und identifiziert die Flamingos der Saline seit vielen Jahren. Mit seinem Fernglas kann er die Ringe an den Beinen der Tiere lesen. Der Biologe weiß, dass sie von „überall her ­kommen": aus Feuchtgebieten wie der Camargue in Südfrankreich, aus Korsika und Sardinien, aus Izmir in der Türkei, aus Algerien, aus Ferrara in Italien, aus dem Ebro-Delta und Doñana. Flamingos sind keine Zugvögel, sondern sie ziehen immer in denselben Breitengraden umher. Die Saline tauge nicht als Brutstätte, sagt er, sie sei zu klein und zu unruhig.

Muntaner plädiert dafür, dass die Balearen-Regierung einen Teil des Nachbargrundstücks Sa Barrala kauft: ein unberührtes Feuchtgebiet mit Verbindung zum Meer. Dort hätten die Tiere Ruhe zum Brüten. „Aber wer will schon so viel Geld für Flamingos ausgeben?", fragt er.

Vielleicht die Touristen? Man sollte die Idee auf die Liste der Projekte setzen, die mit den Einnahmen der Steuer für nachhaltigen Tourismus finanziert werden. Dann hätte Mallorca das ganze Jahr über ein Argument für Birdwatcher, für Naturfreunde - und für Flamingos.

www.salinasdestrenc.com