Es waren außergewöhnliche Passagiere, die am Samstagmorgen (24.6.) mit der „Coral Boat" aus dem Hafen von Cala Ratjada im Nordosten von Mallorca ausliefen: Polit-Prominenz statt Urlauber, unter ihnen der balearische Umweltminister Vicenç Vidal (Més) und der zentralspanische Generalsekretär für Fischerei, Alberto López-Asenjo (PP), eigens angereist aus Madrid. „Normalerweise bieten wir Party-Touren an", sagt eine junge Frau in kurzen Shorts, die zur Besatzung der „Coral Boat" zählt. „Bier 1 Euro", steht auf Deutsch auf einem Schild über der Theke. Unbekümmert bietet die junge Frau den Politikern trotz der frühen Stunde gekühlten Sangria aus Plastikbechern an.

Fischer Pedro Mercant entscheidet sich lieber für ein stilles Wasser. „Dabei haben wir ja eigentlich etwas zu feiern", sagt er gut gelaunt. Zehn Jahre ist es her, dass in den Gewässern um die Küste von Cala Ratjada und Artà das Fischereischutzgebiet „Reserva Marina de Llevant-Cala Ratjada" eingeweiht wurde. Von der Playa Son Moll bis Colònia de Sant Pere reicht das gut 11.300 Hektar große Schutzgebiet, das im Fokus der morgendlichen Rundfahrt steht. Knapp 6.200 Hektar gelten als aguas interiores und werden von der balearischen Landesregierung verwaltet, der Rest liegt in der Zuständigkeit des spanischen Staats. „Die Trennlinie ist imaginär, als Fischer muss man aufpassen, dass man sich nicht vertut, denn die Auflagen sind unterschiedlich", so Pedro Mercant. Er stammt aus einer alten Fischerfamilie („Mein Großvater war damals einer der ersten Fischer, die aus Valldemossa nach Cala Ratjada kamen und den Hafen mit aufbauten."), ist selbst seit 33 Jahren auf See aktiv und seit drei Jahren Vorsitzender der Fischerzunft Cala Ratjada.

„Wir Fischer waren es, die schon vor mehr als 16 Jahren darum baten, dass die Zone hier zur reserva marina erklärt werden soll. Können Sie das glauben", fragt er mit strahlenden Augen. Tatsächlich war es der erste Fall in Spanien, in dem die Fischer selbst eine staatliche Regulierung ihrer Arbeit forderten. Denn reserva marina bedeutet Überwachung im Zeichen der ­Nachhaltigkeit. Täglich sind Spezialisten im Schutzgebiet im Einsatz, um die Fischer zu kontrollieren. Entsprechen die Netze der vorgeschriebenen Größe? Halten sich die Fischer an die maximale Fangmenge und die von den Jahreszeiten abhängige Fischart? „Das ist alles streng geregelt, in den Außengewässern noch mehr als in den küstennahen", so Pedro Mercant. „Aber es ist gut so. Früher haben wir versucht, immer mehr und mehr zu ­fangen. Das ist der natürliche Impuls des Fischers. Heute setzen wir eher auf Qualität", so Pedro Mercant.

Gleichzeitig stärken die Bestimmungen der reserva marina die Stellung der 46 Fischer in Cala Ratjada: Außer ihnen und einigen Kollegen der Zunft von Alcúdia darf in dem Gebiet niemand mehr fischen, seit das Fischereischutzgebiet ausgerufen wurde.

Für Javier Llorente ist dieser Punkt nebensächlich. Dem zuständigen Biologen des Schutzgebiets geht es allein darum, dass die Artenvielfalt in der Zone gesichert ist. Langusten, Sepia-Tintenfische, Zackenbarsche und Goldmakrelen tummeln sich in den Gewässern im Inselosten. „Einige Stellen hier sind riesige Brutstätten, je nach Jahreszeit wimmelt es hier von Nachwuchs, wie in einem großen Kindergarten", berichtet er und deutet auf die klaren Wogen. Genaue Zahlen gibt es leider nicht.

Bedeutsam sei der Anstieg der Populationen seit der Einführung des Fischereischutzgebiets aber nur in den Außengewässern. „Wir sind sowieso dafür, dass es vereinheitlicht wird", sagt Fischer Pedro Mercant. Sein Bruder Juan nickt zustimmend. Juan Mercant sitzt als Generalsekretär für Fischerei in der balearischen Landesregierung, gerade nach Cala Ratjada sind die Dienstwege daher oft kurz.

Ja, die Zusammenarbeit zwischen den Generationen funktioniere gut, sind sich alle auf dem Schiff einig. Man plaudert ungezwungen, nickt zustimmend mit dem Kopf und trinkt dann doch noch ein Plastikgläschen Sangria. Man wolle nun darauf hinarbeiten, die Regelungen in den inneren und äußeren Gewässern einander

anzupassen.

Fischer Pedro Mercant ist zufrieden. „Das erleichtert uns die Arbeit und sichert unsere Zukunft", sagt er. Jetzt müsse den Fischkäufern nur noch klargemacht werden, dass man für lokalen qualitativ hoch­wertigen Fisch auch bereit sein muss, mehr auszugeben. „Viele von uns überlegen, bald Touristen mit aufs Boot zu lassen. Vielleicht wird den Urlaubern dann klar, dass die Ware Erzeugnis von harter Arbeit ist. Erst recht, wenn sie nachhaltig sein soll."