Der Blauhai, der vergangene Woche am Strand von Cales de Mallorca an der Ostküste von Mallorca etliche Badegäste erschreckt hatte, ist infolge einer Verletzung durch einen Rochen gestorben. Laut den Autopsie-Ergebnissen hat der Rochen dem Hai im Bereich seines Mauls, einer für das Tier besonders sensiblen Stelle, durch seinen Stachel einen Stich zugefügt, erklärt Guillem Félix, Experte des Palma Aquarium. Da in diesem Bereich des Haikörpers viele Nervenenden zusammenlaufen, ist der Orientierungssinn des Tieres stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Hai hat nicht mehr auf Beutejagd gehen können, wurde folglich immer schwächer und ist dadurch an den Strand an der Ostküste getrieben worden.

Als die Experten des Palma Aquarium in der Cala es Domingos Petit eintrafen, trieb der Blauhai in rund 15 Meter Entfernung zum Ufer in einer Tiefe von anderthalb Metern umher. Da das verendende Tier nicht mehr reagierte, schläferte das Team rund um Guillem Félix das fast drei Meter lange Hai-Männchen mit einer Spritze ein. Das Baden an dem Strand wurde während einiger Stunden verboten. Laut Guillem Félix verirren sich nur kranke oder sehr geschwächte Haie ans Ufer.

„Der Vorfall ist trotzdem sehr ungewöhnlich, denn eigentlich fressen Blauhaie eher keine Rochen. Hammerhaie hingegen finden die flachen Tiere durch die besondere Form ihrer Schnauze im Sand eher", erklärt Sergio Ramírez, Meeresbiologe am Spanischen Institut für Ozeanologie. Der 33-Jährige kann sich vielmehr vorstellen, dass der Hai den Rochen mit seiner Schnauze am Meeresboden ertastet hat, woraufhin der Rochen wegen des Stresses, dem er ausgesetzt war, zugestochen hat. „Haie sind sehr neugierige Tiere", fügt Ramírez hinzu. Guillem Félix, der vor Ort war, glaubt außerdem, dass es Zufall war, dass der Rochen den Hai genau an seiner sensibelsten Stelle getroffen hat. „Rochen sind nicht so intelligent, dass sie wissen, wo genau sie bei einem solchen Tier zustechen müssen. Der Hai hatte einfach Pech", so der Tierpfleger. Es ist der erste Vorfall dieser Art, den der 28-Jährige miterlebt hat.

Welcher Rochen-Typ genau es war, der den Hai in den Tod getrieben hat, weiß man auch nach der Obduktion nicht, so Guillem Félix. „Wir haben lediglich das etwa zwölf Zentimeter lange Stück des Stachels gefunden."

Rochen- und Hai-Experte Ramírez vermutet, dass es der sogenannte Dasyatis pastinaca (Gewöhnlicher Stechrochen) gewesen sein könnte. Diese eher kleineren Tiere kommen laut Ramírez auf den Balearen am häufigsten vor. Mit ihrem Stachel können diese Rochen Gift in den Körper ihrer Feinde injizieren.

„Die Tiere stechen jeden, der sie stört - Badegäste wie andere Meerestiere", fügt Guillem Félix hinzu. Dennoch nutzen sie ihren Stachel nicht zur Jagd oder als Angriffs-, sondern nur als Verteidigungswaffe. Beim Menschen kann ein Stich einerseits zu starken Schmerzen, andererseits sogar dazu führen, dass er wegen einer allergischen Reaktion ins Krankenhaus eingeliefert werden muss, so Ramírez.

Wie auch andere Rochenarten mit Stacheln würde der Fisch hierzulande nicht als Meerestier serviert werden. Sein Geschmack sei zu stark. Außerdem stehe der pastinaca-Rochen als bedrohte Art auf der roten Liste. Er darf von Fischern also erst gar nicht aus dem Meer gezogen werden.

Die flache Körperform von Rochen sei evolutionsgeschichtlichen Gründen geschuldet. „Die Tiere haben sich im Lauf der Zeit an ihren Lebensraum auf dem Meeresgrund angepasst. Die flache Form hilft ihnen ­unter anderem dabei, sich im Sand zu ver­stecken", erklärt Ramírez. Daneben würden sich Stechrochen auch gern in Schlamm­böden sowie im posidonia-Seegras aufhalten, in zehn bis 100 Meter Wassertiefe.

Der Mund der Tiere befindet sich an der Unterseite des Körpers. Durch ein spezielles Gebiss können sie, wie Ramírez erklärt, das Gerippe von Krebsen und Krabben, einer ihrer Hauptbeute, besonders leicht zerkauen.

Im Mittelmeer gebe es insgesamt 36 verschiedene Rochen­arten - darunter sowohl welche, die nur etwa 30 Zentimeter groß sind, aber auch welche, die auf zwei bis drei Meter kommen. Die kleinsten Rochen wiegen rund 30 Gramm, die größeren 35 bis 40 Kilo, erklärt Ramírez.