Eigentlich hatte Markus Lützenburger nur seinen sonnigen Ferientag auf Mallorca genießen wollen. Auf einer gemieteten Finca bei Algaida, in der Sonne liegend, ganz entspannt. Doch ein achtbeiniges Insekt riss ihn jäh aus der ersehnten Ruhe. „Ich lag auf einer Liege auf einer großen Terasse ohne Bewuchs, als ich plötzlich am Fuß ein Krabbeln auf der Haut spürte", berichtet der Bayer. „Zum Glück habe ich es gemerkt." Denn bei dem ungebetenen Besucher handelte es sich nicht, wie Lützenburger im ersten Moment vermutete, um eine harmlose Spinne, sondern um eine Riesenzecke.

„Der Rumpf mit Körper war fünf bis sechs Millimeter lang, nicht vollgesaugt", so Lützenburger, der gleich seine Handykamera zückte, um das Tier aus mehreren Perspektiven zu fotografieren. Immerhin, dachte er sich, könnte es sich hierbei um eine dieser tropischen

Riesenzecken handeln, von denen die Medien in Deutschland berichtet hatten. Dort sind in diesem Sommer sieben Exemplare der großen Schildzecken gesichtet worden. „Sie sind fünf Mal größer als hiesige Zecken, lauern in Erdlöchern und jagen ihre Beute", heißt es unter anderem in einem Bericht des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung. „Größer, schneller und mit neuen Krankheiten im Gepäck", ist einem Artikel auf der Homepage des MDR zu entnehmen. Und auch, dass sie ihre Opfer aus bis zu zehn Metern Entfernung wahrnehmen und ihnen bis zu 100 Meter folgen. Und dass sie den Erreger des Zecken-Fleckfiebers oder des Krim-Kongo-Fiebers übertragen können. Als Grundlage für die Verbreitung in Deutschland wird der ungewöhnlich warme Sommer genannt, denn die Hyalomma - so der fachlich korrekte Name - fühlt sich in warmen Gegenden wohl.

Und auf Mallorca? „Auch hier ist die Präsenz der Hyalomma dokumentiert", so Miguel Ángel Miranda-Chueca, Zoologie-Professor an der Balearen-Universität auf MZ-Anfrage. Vor allem die Hyalomma lusitanicum werde immer mal wieder gesichtet. Das milde Mittelmeerklima und auch die hiesige Vegetation biete vielen Zeckenarten geradezu optimale Bedingungen. Eine wissenschaftliche Studie von Miriam Monerris aus dem Jahr 2016, die Miranda-Chueca als Doktorvater betreute, wertete den Zeckenbefall verschiedener Zuchttiere auf Mallorca aus - die sind neben Menschen und anderen großen Säugetieren nämlich gern gesehene Beute der Riesenzecken. Die Hyalomma lusitanicum wurde bei Tieren entdeckt, die in der Llevant-Zone der Insel grasen, nicht aber in den Bergen der Tramuntana.

Die Augen offen zu halten und auch Kinder und Haustiere regelmäßig nach Zecken abzusuchen ist also durchaus empfehlenswert. Panik ist den Wissenschaftlern zufolge aber nicht angebracht - schließlich ist die Zahl der Riesenzecken mit den auffällig gestreiften Beinen auch auf Mallorca gering. Und laut einer Studie des spanischen Gesundheitsministeriums aus dem Jahr 2017 sind auf den Balearen keinerlei Fälle bekannt, in denen Zecken das Krim-Kongo-Fieber übertragen haben. Auch Übertragungen von FSME (Frühsommer Meningoenzephalitis) durch andere Zecken sind nicht bekannt, wohl aber von Borreliose.