Kommt er direkt oder landet er zwischen? Gespannt schauen am Sonntag (20.1.) ab 16 Uhr wieder zahlreiche Insel­bewohner hinauf zum Kirchturm im Bergdorf ­Mancor de la Vall auf Mallorca. In diesem Jahr richten sich alle Augen auf Franci­naina, einen sechs Monate alten Raben.

Der Vogel soll im freien Flug vom Kirchturm zu Jaime Álvarez Dols, einem seiner Trainer, fliegen, der mit einem Stück Fleisch unten wartet. Der 37-Jährige ist seit 20 Jahren ­Falkner. Sein 61-jähriger Kollege Manuel Pérez Arenas, der den Beruf seit 40 Jahren ausübt, steigt mit dem Raben auf den Turm. Seit zwei Wochen proben sie täglich mit ihrem Schützling mindestens drei Flüge.

Baixada del corb wird der Brauch genannt. Er geht auf eine Legende zurück, nach der die Heiligen Sant Antoni und Sant Pau von einem gutmütigen Raben ernährt wurden, der sie vor dem Hungertod in der Wüste bewahrte. ­

Jahrzehntelang war Rabe Rasputín Protagonist der Tradition. Er wurde von Jerónimo, dem Vater von Francinaina, abgelöst. Der Brauch wurde in den 40er-Jahren zum ersten Mal in dem Ort gefeiert. Der Rabe wurde damals noch mit einer Schnur vom Kirchturm heruntergeführt. Das endete 2013 nach Protesten von Tierschützern. Seitdem fliegen die Raben im freien Flug auf den Platz. Das Spektakel zieht jährlich Hunderte Zuschauer in den Bann.