Sie gelten als gefräßig und sehr aggressiv. Mit rauen Scheren und starken Kiefern ausgestattet, verschlingen sie bei Nahrungsknappheit sogar ihre Artgenossen. Zudem weisen sie eine hohe Vermehrungs- und Überlebensrate sowie beste Schwimmkenntnisse auf. Die Blaukrabben (span. cangrejo azul, lat. Callinectes sapidus) stammen ursprünglich aus dem westlichen Atlantik, haben sich aber im Laufe der vergangenen Jahr zehnte bis in japanische Gewässer und die Ost- und Nordsee sowie ins Schwarze Meer ausgebreitet. Auf dem spanischen Festland entdeckte man das Krustentier erstmals im Jahr 2012 im Ebro-Delta in der Provinz Tarragona. Seither haben sich die cangrejos azules nach Süden hin rasant an der spanischen Festlandküste ausgebreitet.

Seit 2017 sind die Krabben mit den bläulichen Zangen auch Teil von Mallorcas Tierwelt. In diesem Jahr tauchten erste Exemplare im Naturpark s'Albufera und im Feuchtgebiet La Gola in Pollença auf, ein Jahr später dann in der s'Albufereta und der s'Albufera des Grau auf Menorca, dem Naturpark Ses Salines im Süden von Ibiza sowie auf Formentera.

Neben dem Zentrum für Meeresforschung (Cimar) der Universität Alicante untersucht seitdem auch ein siebenköpfiges Forscherteam aus Mitarbeitern der Balearen-Universität und des Inselrats von Ibiza die rasante und bisher weitgehend unkontrollierte Expansion der Blaukrabben. Fischer hatten sich zuvor an die Behörden gewandt, da die Tiere regelmäßig ihre Netze zerschnitten.

Fressen und gefressen werden

Um die Tiere zu fangen, haben die Balearen-Wissenschaftler in der s'Albufera auf Mallorca Fallen aufgestellt. „Wir wissen noch nicht genau, für welche anderen Tierarten die Blaukrabben womöglich eine Bedrohung darstellen, sind uns aber bewusst, dass wir handeln und die Populationen der neuen Eindringlinge unter Kontrolle halten müssen", sagt Parkleiter Maties Rebassa. Die Biologen vermuten , dass die Blaukrabben unter anderem die Wasserpflanzen in den Kanälen fressen. „Das ist problematisch, denn sie sind das Hauptnahrungsmittel von vielen Vögeln im Park und sorgen mit dafür, dass das Wasser sauber bleibt", erklärt Rebassa.

Bei Untersuchungen des Verdauungstraktes hat Samuel Pinya von der Balearen-Universität herausgefunden, dass sich die Tiere mit den teilweise bis zu zehn Zentimeter langen Scheren auch von Aas und Wassertierarten ernähren. „Zudem weiß man mittlerweile, dass zu den natürlichen Feinden der Blaukrabben Reiher, Kormorane und andere Krabben jagende Vogelarten gehören", sagt Pinya.

Über die genaue Herkunft der auf den Balearen ansässigen Populationen sollen DNA-Gewebeproben Aufschluss geben. „Wir wissen noch nicht, ob sie auf natürliche Weise hierher gekommen sind - immerhin sind sie gute Schwimmer und die Distanz zum spanischen Festland ist sehr gering - oder von Menschen eingeschleppt wurden", erklärt Samuel Pinya.

Weil ihr genauer Einfluss auf die Biodiversität noch nicht geklärt ist, ist die Blaukrabbe zumindest per Gesetz offiziell noch nicht zu einer invasiven Art deklariert worden und erscheint damit noch nicht im spanischen Katalog invasiver exotischer Arten. „Zeigen die Forschungsergebnisse allerdings, dass die Tiere andere aus ihrem Lebensraum verdrängen oder gar ausrotten oder Krankheiten und Parasiten übertragen, die es dort vorher noch nicht gab, steht das Umweltministerium in der Pflicht, die Art zu kontrollieren", sagt Samuel Pinya.

Durchaus schmackhaft

Die Vermarktung der bläulichen Krustentiere ist erlaubt. Viele Fischer und Gastronomen sind vor allem in Katalonien bereits dazu übergegangen, die Population auf ihre Art und Weise zu kontrollieren: Der cangrejo azul ist mittlerweile Bestandteil manch einer Paella. „An diesen Krabben ist viel Fleisch dran", sagt eine Fischverkäuferin in Tarragona der Zeitung „La Vanguardia", „immer mehr Kunden finden Gefallen daran". Allein im Ebro-Delta holten die Fischer vergangenes Jahr 53 Tonnen der Krabben aus dem Wasser.

Auf Mallorca ist es noch nicht so weit. Um die Forschungen weiter voran treiben zu können, bittet Pinya darum, Blaukrabben-Sichtungen möglichst mit Foto und Ortsangabe an das Forscherteam zu melden (E-Mail an

biobal.uib@fueib.org oder Whatsapp an Tel.: 647-36 45 42).