Jetzt im April ist das Fell der mallorquinischen Schafe nicht nur rotbraun. Das Haarkleid der 60 Tiere ist lang und dicht. Das schützt sie im Winter vor Feuchtigkeit und Kälte, denn sie leben das ganze Jahr im Freien.

Die weite Ebene im Süden

Die Gesundheit der Tiere hängt von den Weiden ab, die sie ernähren. Sind sie gesund, liefern sie viele Lämmer. Die Einnahmen aus deren Verkauf decken ein Teil von den Unkosten der 52 Hektar großen Ökofinca Son Catany, die Joana Noguera von ihrem verstorbenen Vater geerbt hat. Um das Land für die Tiere umweltgerecht zu bestellen, absolvierte die 52-Jährige einen Masterkurs für ökologische Landwirtschaft an der Universität von Barcelona.

Davon berichtet die Mallorquinerin auf dem langen Weg über die Finca zu dem Feld, auf dem die Tiere weiden. Völlig eben ist es hier, Hügel oder Berge zur Orientierung fehlen gänzlich. Die Gegend südlich von Llucmajor wird Marina de Llucmajor genannt, hier grenzen grüne Korridore die Felder ein und sorgen für Artenvielfalt. Ein wenig davon zeigt sich, als der Weg an Wildoliven vorbeiführt und ein Rebhuhn flügelschlagend davonrennt. Eine Schildkröte taucht am Boden auf und verschwindet während des Gesprächs lautlos.

Zwischen den Wildkorridoren wachsen Futterpflanzen wie beispielsweise Gerste, die im Herbst ausgesät wurde. Ihr erster Wachstumsschub war von Niederschlägen begleitet, die Ernte wird deshalb erfolgreich sein. Die Ähren liefern Saatgut für das kommende Jahr. Die Halme werden die Schafe dann satt machen, wenn Grünpflanzen aufgefuttert sind.

Auf den ersten Blick wirkt die Finca paradiesisch, doch auf den zweiten zeigt sich eine harte Realität. „Die Marina zählt zu den trockensten Gebieten der Insel", sagt Noguera. Werden in Lluc 1.000 Liter Niederschläge im Jahr gemessen, zeigen die Pluviometer der Finca gerade mal 200 an. Winde aus wechselnden Richtungen trocknen die Erde kontinuierlich aus. Und diese ist ohnehin nur als dünne Schicht vorhanden. Immer wieder zeigt sich durch den Mutterboden nackter Fels. Auf der roten Erde liegen Steine dicht an dicht. Die Vorfahren der heutigen Besitzer bauten mit diesen Steinen kilometerlange Mauern. Sie schützen die Aussaat immer noch vor Wind.

Die Pflanzen, die hier wachsen, ernähren die Schafherde, aber nicht ihre Besitzerin: Joana Noguera arbeitet in einem Büro in Palma und verbringt ihre gesamte Freizeit auf der Finca. Ihr Lebenspartner und ein erfahrener Landwirt im Ruhestand unterstützen sie.

Spärliche Niederschläge

Die Futterwicke ist eine Pflanze, die Schafen besonders gut schmeckt. Doch die Stängel sind jetzt im April auf dem Feld nur etwa kniehoch. „Wir haben sie spät ausgesät und seither sind die Niederschläge spärlich", sagt die Bio-Landwirtin. Wächst der Schmetterlingsblütler nur kniehoch, ist Mähen unmöglich. Als Vorratsfutter ist die Wicke also nicht geeignet, die Schafe werden sie bald abweiden.

Gegenüber wurde ein Zaun gezogen. Dahinter wachsen Kiefern, die wildem Getier Habitate bieten. Im Sommer wird die Herde hier Schatten finden. Tagsüber liegen die Tiere auf der kühlen Erde, nachts fressen sie sich satt.

Noguera berichtet, dass die Finca immer wieder unter Dürrezeiten gelitten habe. Von Jahren wie diesem hätten ihr Vater sowie die Generation vor ihm berichtet. Aus Vorsicht hätte man hier immer Mandel-, Johannisbrot und Feigenbäume en secano, also ohne Gießwasser kultiviert. Doch sie befüchtet, dass die Mandelbäume den Klimawandel nicht überstehen. Statt ihrer wird man trockenresistente Johannisbrot- und Feigenbäume pflanzen.

Ganz besondere Tiere

Die Führung ist jetzt bei der Schafweide angekommen und es ist Zeit für einen Exkurs über das rote Öko-Schaf. Zu erfahren ist, dass die Finca nicht mehr als 60 Exemplare ernähren kann, Futter zu kaufen wäre nicht rentabel. Ein auf das rote einheimische Schaf spezialisierter Tierarzt kümmere sich um ihre Gesundheit und stattet die Lämmer mit Chip und gelber Marke aus. Die Schwänze der Schafe sind lang, das Kupieren erlauben die Öko-Richtlinien für die Aufzucht von Bio- Schafen nicht.

Dieses Jahr lieferte die Finca vor Ostern 30 im Herbst geborene Lämmer an die Kooperative Mé ecològic de Mallorca. Ein knappes Dutzend konnte bei ihren Müttern bleiben, weil sie das Gewicht von 24 Kilogramm noch nicht erreicht hatten. Nach der Trennung der Lämmer von den Müttern stellen diese die Milchproduktion ein und sind kurz danach wieder fruchtbar, was die drei Böcke der Herde sofort auf Trab bringt. Ist das Decken erfolgreich, sind die Schafe fünf Monate trächtig. Die neugeborenen dunkelbraunen Lämmer kommen größer auf die Welt als die ihrer weißen Kollegen. Und zu groß, um als Milchlamm verspeist zu werden.

Die ovella roja mallorquina ist eine Kreuzung aus dem europäischen und nordafrikanischen Schaf. Es kann Lieferant für Milch und Fleisch sein, aber nicht beides gleichzeitig. Die Tiere vertragen Trockenheit und Hitze und sind gefräßig genug, um sich, wenn das Futter im Sommer knapp wird, auch über dürre Pflanzen wie beispielsweise Disteln herzumachen. Rechtzeitig vor dem Sommer werden Joana Noguera und ihre Helfer im Mai alle Schafe aus der Marina zusammentreiben und scheren. Der Verkauf der Wolle bringt wenig ein, doch die Tiere haben dann einen kühlen Sommerlook für die heiße Jahreszeit.

Bezugsquellen: www.meecologic.com/venda