Majestätisch treibt die Buckelwalkuh durchs Meer. Ihre Bewegungen sind langsam und kaum wahrzunehmen. Wäre da nicht das Walkalb, das verspielt um die Mutter kreist, könnte man von einem Stillleben ausgehen. Plötzlich kommt ein Männchen aus den Tiefen des Ozeans herangeschossen und schiebt sich vor die Walkuh. Mit seiner Schwanzflosse schlägt er in Richtung der Taucher, die das Spektakel filmen. Einige Zuschauer heben zum Schutz die Arme vors Gesicht.

Am Dienstag (16.4.) hat das Palma Aquarium das neue Wal-Kino „Gigantes del océano" vorgestellt, dass ab sofort geöffnet hat. Sogar Altkönigin Sofía kam zu der Eröffnung, um sich die 3-D-Bilder der Tiere anzuschauen.

Mit einer entsprechenden Brille auf der Nase fühlt man sich, als ob man mit den Tieren im Ozean taucht. Die sanften Walgesänge werden mit Musik hinterlegt. Der Blick durch die 3-D-Brille erlaubt es, in die Meereswelt einzutauchen. Immer wieder ist man versucht, die Hand auszustrecken und die Wale zu berühren, die scheinbar durch das Kino schweben. Leider deckt die Brille nicht das ganze Sichtfeld ab, und unter den Gläsern bleibt ein freier Schlitz, der einem die Illusion hin und wieder raubt. Nimmt man die Brille ab, sieht man auf der Kuppel nur verwackelte Bilder, von denen man Kopfschmerzen bekommt. Eine Stimme kommentiert im Off den 13 Minuten langen Film auf Spanisch. Mit Kopfhörern gibt es die Erklärung auf Katalanisch, Deutsch und Englisch.

Die Idee zu dem Spektakel hatte der deutsche Filmemacher Daniel Opitz. Er hat das Projekt auch umgesetzt. „Ich wollte den Menschen die Faszination der Meere nahebringen, ohne dass sie nass werden oder die Tiere eingesperrt werden müssen", erklärt der 48-Jährige. Daniel Opitz ist ein Mann vom Fach. Schon seit seiner Kindheit interessiert er sich für das Meer. „Mein Vater und mein Opa waren begeisterte Segler. Ich bin in Kiel aufgewachsen. Die Verbindung zum Wasser war immer da." Der Entschluss, nach der Schule Meeresbiologie zu studieren, lag nahe. Doch nach dem Vordiplom schmiss Daniel Opitz 1996 hin und reiste nach Hawaii. „Das Studium war mir zu theoretisch. Ich wollte kein Wissenschaftler werden."

Auf Maui suchte der Deutsche den direkten Kontakt zu den Tieren und heuerte bei einem Touristenboot an, das Walbeobachtungstouren anbot. „Es ist ein schmaler Grat", sagt Opitz zu der Problematik, dass diese Boote von Umweltschützern oft kritisiert werden, da sie die Tiere stören können. „Einen Gewissenskonflikt könnte ich auch hier im Palma Aquarium haben, wo Tiere eingesperrt leben. Die Grenze ziehe ich aber bei den Meeressäugern. Würde es hier Delfine wie im Marineland geben, hätte ich das Projekt nicht gemacht."

Daniel Opitz war von seinem ersten Hawaii-Besuch so beeindruckt, dass er jeden Winter dort verbrachte. Statt der Meeresbiologie legte er seinen Fokus vorerst auf den Journalismus. „Ich war schon immer ein leidenschaftlicher Fotograf und habe während des Studiums als freier Journalist gearbeitet." Zwei Jahre lang war er für eine Lokalredaktion von RTL im Einsatz. Im Jahr 2000 gründete er seine Firma Ocean Mind und ist seitdem als freier Produzent tätig. Im selben Jahr brachte er eine Surfer-Dokumentation über die größte Welle auf Maui heraus. „Ein Türöffner für mich. Die Doku hat mir eine Stelle beim NDR beschafft." 2008 erschien dort die Dokumentation „Das Geheimnis der Buckelwale" über die Gesänge der Meerestiere, 2011 „Giganten in Gefahr" über den Walfang.

Zwei Winter lang hat Opitz Buckelwale, die in der Paarungszeit von Alaska in die Bucht von Maui kommen, filmen dürfen. Zwei Jahre lang hat der 48-Jährige dafür mit den Behörden um Genehmigungen für die Dreharbeiten im Naturschutzgebiet vor Maui gekämpft. „Dort sind sie omnipräsent, da sie neugierig und verspielt sind, lässt es sich sehr gut mit ihnen arbeiten. Maui gilt daher als weltbester Beobachtungsspot für die Tiere." Im Meer vor Mallorca sind die Wale nicht heimisch. Lediglich hin und wieder verirrt sich ein Tier vor die Insel.

Für die 3-D-Bilder haben drei Taucher die Wale aus verschiedenen Perspektiven gefilmt. Damit die Tiere nicht von den aufsteigenden Luftblasen der Taucher verschreckt werden, hat das Team mit Kreislaufgeräten gearbeitet, die die Atemluft auffangen. Das erlaubte dem Filmemacher, sich den Tieren auf kurze Distanz zu nähern. Wie beispielsweise in der eingangs beschriebenen Szene. „Das war schon heftig. Angst um mein Leben hatte ich aber nicht. Denn die Buckelwale sind sanfte Riesen. Das Männchen hat mich mit seiner Brustflosse hochgehoben und mir mit der Schwanzflosse noch einen Klaps gegeben. Wenn er mich hätte verletzten wollen, hätte er es getan." Das Hamburger Unternehmen Mackevision hat aus den Aufnahmen einen computeranimierten Wal geschaffen, der bis ins Detail seinem lebensechten Vorbild gleicht. „60 Personen waren am Projekt beteiligt, zum Kernteam gehörten 15 Personen. Wir sind stolz, dass wir es in einem so kleinen Rahmen geschaffen haben", sagt Daniel Opitz.

Mit dem Wal-Kino hat sich der Deutsche einen Lebenstraum erfüllt. „Bereits vor zwölf Jahren hatte ich die Vision eines 3-D-Kinos. Damals war aber die Technik noch nicht so ausgereift." Die sogenannte „stereoskopische Ganzkuppelprojektion" steckte damals noch in den Kinderschuhen. „Im Prinzip ist die Technik aus dem Planetarium bekannt und es gilt als das Kino der Zukunft", so Opitz. Somit ist die neue Attraktion im Palma Aquarium fast einzigartig. Auf der Welt gibt es das gleiche Spektakel nur noch auf Maui.

Bei der Suche nach Investoren stieß Opitz auf das Unternehmen Coral World International, das neben den Aquarien auf Mallorca und Hawaii auch welche in Eilat (Israel) und Perth (Australien) betreibt. Der erste Kontakt mit der Zentrale in Israel erfolgte 2014. „Das Management zeigte sich interessiert, da es sowieso neue Wege einschlagen wollte." 3 Millionen Euro soll Coral World International in das Projekt gesteckt haben.

Bereits im Februar lief der Film im Aquarium auf Maui an. „Dort kamen in sieben Wochen 50.000 Besucher. Ich lese jeden Tag die Kritiken im Internet. 99,9 Prozent sind positiv." Auch Königin Sofía zeigte sich begeistert und bestellt den Filmemacher zur Privataudienz. „Sie stellte viele Fragen und meinte, dass sie sich mit mir bis morgen über das Thema unterhalten könne", sagt Opitz stolz.

Zu der neuen Attraktion gehört auch ein Ausstellungsraum, der Informationen und Spiele zum Buckelwal bietet. In Europa soll das Wal-Kino ein Exklusivprodukt für Palma bleiben. „Coral World International überlegt aber, die Kuppel auch in Israel und Australien zu bauen." Der Filmemacher arbeitet bereits an seinem zweiten Kuppelfilm. Darin soll es über die nächtliche Wanderung von Plankton gehen. „In zwei bis drei Jahren ist er fertig", sagt Daniel Opitz zuversichtlich.

Den Film gibt es im Paket an der Eintrittskasse für einen Aufpreis von 3 Euro zum normalen Preis von 25,50 Euro für einen Erwachsenen (Kinder zahlen 14 Euro). Öffnungszeiten: 9.30 bis 18.30 Uhr