Die Corona-Krise macht den Tierschützern auf Mallorca zu schaffen. Nicht nur weil sich kaum noch Flugpaten für Tiere finden, die in Deutschland ein neues Zuhause bekommen sollen - auch die mehrmonatige Ausgangssperre im Frühjahr wirkt bis heute nach: Während des Lockdowns war die Kastration von Straßenkatzen nicht gestattet. Tierliebhaber durften zwar die von ihnen betreuten Kolonien aufsuchen, um die Tiere zu füttern. Stundenlange Fangaktionen, die nötig sind, um die Tiere zu kastrieren, waren aber nicht erlaubt. Die Auswirkungen stromern jetzt in Form von Jungkatzen über die Insel.

„Anfang des Jahres gab es in Valldemossa rund 80 Straßenkatzen", berichtet Dani Obando, Vorsitzender der lokalen Tierschutzorganisation „Cats i Cans". Mittlerweile schätzt er die Population auf rund 120 Tiere. „Die Ausgangssperre im Frühjahr ist schuld", sagt er. „Die drei Monate, in denen sich die Katzen ungehindert vermehren konnten, haben unsere jahrelange Arbeit zerstört." Gemeinsam mit seiner Freundin und einer anderen Helferin setzt sich Obando seit zwölf Jahren unermüdlich dafür ein, dass Valldemossas Wildkatzenpopulation in Schach gehalten und die Tiere mit Futter und Wasser, wenn nötig auch medizinischer Hilfe versorgt werden. „Wir hatten die acht Kolonien vor Corona weitestgehend unter Kontrolle, jetzt kann davon keine Rede mehr sein."

Dass so gut wie alle Katzenschutzvereinigungen oder private Führer von Katzenkolonien auf Mallorca mit diesem Problem zu kämpfen haben, weiß Obando nur zu gut: Neben seiner ehrenamtlichen Arbeit in Valldemossa ist er zudem als Tierarzthelfer im Kastrationsmobil der balearischen Dachorganisation Baldea tätig. Hier kastriert er auf der ganzen Insel Katzen, die örtliche Vereine zuvor einfangen. „Normalerweise kastrieren wir etwa 120 Katzen im Monat. Drei Monate lang durften wir den Wagen nicht einsetzen. Wenn man bedenkt, dass Katzen bis zu acht Junge bekommen können, kann man sich ausrechnen, welche Auswirkungen die Kastrationspause auf die Population hat."

Auch die Baldea-Vorsitzende Maxi Lange spricht von einem empfindlichen Rückschlag. Unser Ziel ist ja, dass die Wildkatzen langfristig aussterben, ohne dass wir eine von ihnen töten oder wegsperren müssen." Das könne man mit den geeigneten finanziellen Mitteln, genug freiwilligen Helfern und Unterstützung durch die Politik auch in mehreren Jahren kontinuierlicher Arbeit schaffen, ist sie sich sicher. Doch abgesehen davon, dass diese Bedingungen in vielen Gemeinden nicht erfüllt seien, habe der Anstieg der Population durch den Lockdown dieses Ziel nun noch weiter in die Zukunft geschoben.

Hinzu käme ein weiteres Problem: „Es gibt derzeit sehr viele Katzen, aber wenig Menschen, die sie füttern. Viele Hotels sind zu, auch viele Fincas stehen momentan leer. Viele Tiere hungern." Zwar rät Lange eigentlich davon ab, Straßenkatzen gelegentlich Essen zuzustecken und hofft stattdessen auf Freiwillige, die sich einer Kolonie konsequent annehmen und sich dann auch um die Kastration kümmern. „Aber bevor man mitansieht, wie eine Katze vor Hunger umkommt, sollte man ihr natürlich zu fressen geben." Effektiver seien jedoch Spenden an die Tierschützer. „Wir brauchen das Geld gerade dringender denn je", sagt Maxi Lange.

Dani Obando in Valldemossa wünscht sich noch etwas anderes: „Es wäre schön, wenn die Anwohner etwas mehr Verständnis aufbringen würden für das, was wir tun. Gerade meckern viele, weil es so viele Jungtiere gibt. Aber dass wir die Population jahrelang unter Kontrolle hatten und welche Arbeit dahintersteckt, sieht kaum einer."