Schmetterlinge sind Langschläfer, das lernen wir gleich zu Beginn der Exkursion. Die heimischen Flatterer auf Mallorca würden erst um die Mittagszeit aktiv, erklärt Francisco Truyols von der botanischen Fakultät der Balearen-Universität. Zusammen mit Samuel Pinya, er unterrichtet an der UIB, leitet er die Wanderung im Naturpark Mondragó. Wir wollen die Schmetterlingsarten kennenlernen, die auf den Balearen vorkommen.

Truyols und Pinya verteilen Netze an uns. Die Schmetterlinge (Lepidoptera bot., mariposa span., papellon kat.) sollen darin lebend gefangen und danach unbeschadet wieder freigelassen werden. Dieses Prozedere wird den zarten, mit Schuppen besetzten und fast transparenten Flügeln nichts anhaben. „Am besten sind mariposas beim Nektar-Schlürfen auf Blüten einzufangen", sagt Truyols. Dass man sie verfolgt, würden sie nicht mögen.

Wir machen uns auf den Weg in Richtung Fonts de n' Alis. Pinya erklärt, dass auf den Balearen 42 Arten tagaktiver Falter vorkommen, 800 dagegen nachtaktiv sind. Wobei sich die Insekten nicht an diese botanische Klassifizierung halten: Viele Nachtfalter sind auch bei Tag, besonders nachmittags, unterwegs.

Biodiversität auf den Balearen

Wir schwärmen mit unseren Netzen auf einer Wiese mit vielen blühenden Arten aus. Es ist schon nach 12 Uhr, doch auch weiterhin ist Geduld angesagt. Samuel Pinya nutzt die Zeit, um zu berichten, dass die Bestimmung der Schmetterlinge die dritte Veranstaltung dieses Jahres im Parc Natural de Mondragó ist. In der ersten ging es um Orchideen, in der zweiten um Schildkröten. Bei den Führungen sollen die Teilnehmer erfahren, wie sie Informationen für das interdisziplinäre Projekt Biobal (Biodiversität auf den Balearen) sammeln können. Als sogenannte Bürgerforscher können sie mit Fotos zu einer EU-finanzierten Datenbank beitragen, die ab Anfang Juni im Netz stehen und Teil eines weltweiten Programms für Artenschutz sein wird. Die Daten helfen dann etwa bei der Erstellung Roter Listen.

Noch immer ist kein Schmetterling in Sicht, und es kommt der Verdacht auf, dass das Insektensterben den Naturpark nicht verschont hat. Weil eine winzige Schildkröte über den Weg läuft, zeigt Pinya an ihrem Beispiel, wie man Fotos für Biobal aufnimmt: Er fotografiert Bauch und Rücken des Tiers, ermittelt die Koordinaten und schickt die Fotos ab.

Die Bestimmung

Endlich hat das Warten ein Ende. Truyols signalisiert von der Wiesenmitte aus, dass ihm ein Schmetterling ins Netz gegangen ist. Vorsichtig dreht er das spitze Ende seines Netzes um. Hinter dem Nylongitter wird der Falter sichtbar. Truyols nimmt ihn ganz behutsam aus dem Netz und hält den Körper zwischen Daumen und Zeigefinger fest. Dem Falter scheint dies nicht zu missfallen. Seine braunen Flügel sind gefaltet, an den äußeren Ecken sind zwei Punkte sichtbar, die man Augen nennt. Erst als Truyols mit einem Grashalm die Flügel auseinanderzieht, werden die vier Flügel und ihr Muster sichtbar.

Hilfestellung zu Identifizierung können außerdem Pflanzen geben, die mit den bunt gemusterten Insekten in Symbiose leben und ihnen manchmal sogar ähnlich sehen. Ein weiteres Kriterium ist zum Beispiel, ob das Insekt allein oder in der Gruppe auftritt. „Vor ein paar Jahren mussten hier auf Mallorca Autos anhalten, weil etwa 500 Exemplare des Distelfalters (Vanessa cardui) auf einer Straße landeten", sagt Pinya. Später hätten sich Anrufer über Raupen im Garten beschwert.

Denn Schmetterlinge können allein oder in Gruppen Tausende von Kilometern zu ihren Brutstätten bewältigen. Der bekannteste Wanderfalter ist der Monarch (Danaus plexippus), der in Mexiko überwintert. Für einen Monarch ist der Schmetterling, der gerade gefangen wurde, zu klein. Die Teilnehmer nehmen jetzt den „Guia de las Mariposas de España" und blättern jedes Mal in dem Buch, wenn ein Insekt auftaucht.

Die Arten

Der erste Fang im Netz stellt sich als tagaktiver Schmetterling namens Waldbrettspiel (Pararge aegeria) heraus. Auch ein weiterer Teilnehmer hatte Glück. Truyols erkennt ihn sofort, es ist der Mauerfuchs (Lasiommata megera). Nachdem der Botaniker vorsichtig die Flügel aus-einandergefaltet hat, zeigen sich auf der Oberseite orangefarbene Gitterzeichnungen auf dunkelbraunem Grund. Es ist ein Männchen, die Flügel eines Weibchens würden heller

ausfallen.

Die Suche geht nun am Torrent de Amador weiter. Mittlerweile ist es Nachmittag, und auf den Wiesen sind mehr Falter als in den Morgenstunden unterwegs. Ein Postillon (Colias croceus) geht ins Netz und verhält sich auf Truyols Hand angstfrei und geduldig. Dass es ein Männchen ist, zeigen die Flügel­oberseiten: Sie sind orangefarben und von braunen Rändern gesäumt. Die Punkte sind beim Weibchen ähnlich, doch ihre Flügel sind heller und zartgelb.

Bis zum Ende der Wanderung können noch fünf weitere Spezies identifiziert werden, unter ihnen eine Saateule (Agrotis segetum), deren Raupe unterirdisch aktiv ist, an den Wurzeln der Pflanzen nagt und zu den Schädlingen zählt. Schmetterlinge können nur schlüpfen, wenn Eier, Raupen und Larven ihre Metamorphose unbeschadet überleben. Dies ist in ökologisch bestellten Gärten auf Feldern oder in Naturparks möglich, wo keine Schädlingsmittel zum Einsatz kommen.

www.Biobal.uib.org. Fotos können per E-Mail an biobal.uib@fueib.org oder über WhatsApp an Tel.: 0034 647 36 45 42 versandt werden.