Experten aus verschiedenen Forschungszentren, die balearische Regierung und die Meeresschutzstiftung Fundación Marilles haben ihren zweiten Bericht "Informe Mar Balear" (IMB) vorgelegt. Insgesamt waren 98 Spezialisten an dem Projekt beteiligt. Anhand von 150 Indikatoren (rund ein Drittel mehr als im Vorjahr) zeichnen die Forscher ein umfassendes Bild vom aktuellen Zustand des Meeres der Balearen.

Die gesammelten Daten sollen dazu beitragen, die Gewässer in Zukunft besser verwalten und schützen zu können. Um die Informationen über das Meer allen Interessierten zugänglich zu machen, sind die Ergebnisse nun auch in übersichtlicher Form nach Themengebieten auf der neuen Website informemarbalear.org präsentiert. Hier ein Überblick über zehn wichtige Indikatoren im aktuellen Bericht.

1. So steht es um die Wasserqualität an den Stränden

SträndenStichproben aus dem Jahr 2020 ergeben, dass die Wasserqualität an 82 Prozent der untersuchten Strände auf den Balearen ausgezeichnet ist. Auf die größte Anzahl an Stränden, bei denen die Qualität ausreichend oder mangelhaft ist, kommen Ibiza (7 Prozent) und Menorca (6 Prozent). Die balearischen Stadtstrände weisen für gewöhnlich die schlechteste Wasserqualität auf.

2. So steht es um die Belastung mit Mikroplastik

Ein Grund zur Beunruhigung stellen die Ergebnisse in Sachen Müll dar, insbesondere in Bezug auf Plastik. Die balearische Küste ist einer der Orte, an denen sich hauptsächlich der im Mittelmeer treibende Plastikmüll ansammelt: Alle der zu Forschungszwecken ausgeworfenen Netze fingen Abfälle aus Plastik ein.

Laut den Daten des COB sind bei 88 Prozent des untersuchten Meeresbodens Abfälle nachweisbar, und bei 66 Prozent Plastikteile. So enthält das Sediment in Cabrera etwa durchschnittlich einen Plastikpartikel pro Gramm. Diese enden irgendwann im Verdauungstrakt der Meeresbewohner: Ganze 45 Prozent der untersuchten Arten (darunter Fische, Muscheln und Krustentiere) haben Mikroplastik aufgenommen.

3. So steht es um die Meeresschutzgebiete

2,2 Prozent der Oberfläche des Meeres rund um die Balearen stehen unter Schutz, allerdings ist nur auf 0,15 Prozent der Fischfang gänzlich verboten. Die Meeresschutzgebiete, die am meisten in puncto Biomasse und Artenvielfalt zugelegt haben, sind jene um die Isla del Toro und Es Freus von Ibiza und Formentera.

4. So steht es um den Meeresspiegel

Der Anstieg des Meeresspiegels im westlichen Mittelmeer hat sich in den letzten Jahren beschleunigt: In den vergangenen 26 Jahren lag er bei 3,29 Millimeter pro Jahr. Je nachdem, welches Szenario man für die Entwicklung des CO2-Ausstoßes heranzieht, könnte der Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts zwischen 57 und 75 Zentimeter ansteigen. Das wiederum hätte einen Rückgang der balearischen Strände zwischen sieben und 50 Metern zur Folge.

5. So steht es um den Fischfang

Der professionelle Fischfang auf den Balearen geht zurück: Die Fangmengen haben von 2002 bis 2020 deutlich abgenommen, von 3.900 auf 2.400 Tonnen. Im Gegensatz dazu gibt es immer mehr Freizeitfischer: Auf ein professionelles Fischerboot kommen aktuell 45 Boote von Freizeitfischern.

6. So steht es um die Meeresschildkröten

Zwischen 1993 und 2020 wurden mehr als 1.000 gestrandete Meeresschildkröten auf den Balearen gefunden, 512 lebende und 546 verendete. Die größte Anzahl wurde mit 83 Exemplaren im Jahr 2020 beobachtet.

Die gute Nachricht: 2019 und 2020 wurden auch neue Brutplätze für Meeresschildkröten entdeckt, drei auf Ibiza und zwei auf Menorca. Mögliche Erklärungen für die neuen Nester sind, dass sie von verirrten Schildkröten stammen, von Arten, die nicht instinktiv zu dem Ort ihrer eigenen Geburt zurückkehren, um Eier abzulegen oder sie könnten eine Ausweitung bereits vorhandener Nistplätze darstellen.

2019 legten die Meeresschildkröten 160 Eier, wobei am Ende 37 Babyschildkröten schlüpften. Im Jahr 2020 waren es schon 340 Eier und insgesamt 159 Babyschildkröten.

7. So steht es um die Tiefseekorallen

In Wassertiefen von mehr als 200 Metern gibt es auf den Balearen mehrere Arten von Tiefseekorallen, die entweder kurz davor stehen, gefährdet zu sein oder bereits vom Aussterben bedroht sind. Da sie eine große Bedeutung für das Ökosystem haben, betonen die Forscher, wie wichtig es ist, mehr über die Verbreitung der Korallen zu forschen und jeweils angemessene Maßnahmen für ihren Schutz zu definieren.

8. So steht es um die Meerwasser-Entsalzungsanlagen

Der steigende Bedarf nach Wasser auf den Balearen führt zu einem immer intensiveren Einsatz von Meerwasser-Entsalzungsanlagen: Von 1994 bis 2019 stieg die Menge des so gewonnenen Süßwassers um 243 Prozent. Dabei sind die Anlagen eine potenziell gravierende Bedrohung für die marinen Ökosysteme. Besonders das Poseidongras reagiert darauf empfindlich.

9. So steht es um die Edle Steckmuschel (nacra)

Seit Herbst 2016 ist Europas größte Muschel, die Edle Steckmuschel (Pinna nobilis, auf Spanisch "nacra") Opfer eines Massensterbens durch den Befall eines Parasiten. 99 Prozent der Muscheln sind aus den balearischen Gewässern verschwunden. Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Wissenschaftler des Mittelmeer-Forschungsinstituts Imedea und des balearischen Meeresforschungsinstituts COB, haben noch zehn lebende Edle Steckmuscheln lokalisiert und überwachen sie aktuell.

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10. So steht es um die Raue Schinkenmuschel

Ungleich besser geht es derzeit der robusteren Verwandten der Pinna nobilis, nämlich der Rauen Schinkenmuschel (Pinna rudis): Die Forscher des COB haben nachgewiesen, dass Cabrera weltweit eine der größten Populationen der Pinna rudis aufweist. Die Muschel kommt dort auf maximal 6,9 Exemplare pro 100 Quadratmeter. /bro