Katzenfreunde in mehreren Orten auf Mallorca fühlen sich übergangen und befürchten, dass Straßenkatzen wieder vermehrt eingefangen und letztendlich eingeschläfert werden. Die MZ hat mit Tierschützern in Manacor und Bunyola gesprochen, wo in den vergangenen Wochen wieder Fänger des Tierheims Natura Parc gesichtet worden waren.

TNR-System in Gefahr

Wie in den meisten anderen Inselgemeinden auch, haben Tierfreunde und Rathaus in Bunyola seit mehreren Jahren ein Abkommen. Die 15 ehrenamtlichen Helfer im Katzenfreunde-Verband Moixons i Moixonies kümmern sich um das Wohl der Straßenkatzen. An insgesamt 23 Stellen der Gemeinde füttern sie die Katzen und beobachten die Kolonien. Kranke oder noch nicht kastrierte Tiere werden eingefangen, behandelt und anschließend wieder ausgesetzt. Die Gemeinde übernimmt die Kosten für die Kastration. Den Rest - auch Futter und Tierarzt-Behandlungen - stemmen die Tierfreunde über Spenden und Ehrenamt.

Das System des Einfangens, Kastrierens und wieder Aussetzens wird international TNR-Prinzip (trap, neuter, return) genannt, die Spanier sprechen von CER (capturar, esterilizar, retornar). Es ist das Standardvorgehen in vielen Städten der Welt und hat sich in den vergangenen Jahren weitestgehend auch in den Gemeinden auf Mallorca durchgesetzt. Einige Kommunen tragen dabei mehr Kosten als andere. Solange alles klappt, sind alle zufrieden: Die Kolonien bleiben zahlenmäßig stabil, die Katzen gesund, und vor allem müssen sie nicht eingeschläfert werden.

Doch dieser Konsens scheint nun in einigen Orten zu kippen. In Bunyola haben sich rund hundert Dorfbewohner beschwert, weil sich die Katzen rund um die Grundschule ­unkontrolliert vermehrten und zudem ab­gemagert und krank aussähen. Das sei ein ­Hygieneproblem. Hintergrund: Die Tierschützer dürften an der Schule nicht füttern, und ­somit sei die Kolonie auch nicht unter Kontrolle, bestätigt Patricia Carrera, Sprecherin der ­örtlichen Katzenfreunde Moixons und Moixonies. Mehrfach habe man dem Rathaus Vorschläge unterbreitet, bei denen sogar die ­Schüler mit in das Programm eingebunden worden seien. Doch im Rathaus hatte man in Corona-Zeiten offenbar andere Sorgen. Die ­Anwohner zeigten den Fall schließlich im balearischen Gesundheitsministerium an. Das Rathaus erhielt daraufhin einen blauen Brief, man solle sich bitte um das Problem kümmern.

Auf den Druck von oben reagierte Bürgermeister Andreu Bujosa anscheinend schneller. Kurzerhand untersagte man den Tierschützern jegliches Handeln - einschließlich des Fütterns - und nahm die Fänger des Tierheims Natura Parc unter Vertrag. Dies sei notwendig, „damit die notwendige Hygiene und Gesundheit" rings um die Schule gewährleistet werde, heißt es im Rathaus von Bunyola.

Die Katzenfreunde sind entsetzt. Enttäuscht stellen sie fest, dass die Gemeinde die bisherige Zusammenarbeit überhaupt nicht wertschätzt: „Die haben jetzt teilweise sogar Katzen eingefangen, die wir in den vergangenen Jahren kastriert hatten. Dass diese Tiere jetzt eingeschläfert werden, ist nicht nur ethisch unhaltbar, sondern stellt auch eine Verschwendung öffentlichter Mittel dar", wettert Carrera. Sie fordert das Rathaus auf, zur bisherigen Praxis zurückzukehren und diese so schnell wie möglich auf eine rechtliche Grundlage zu stellen. Denn das seit Jahren praktizierte Abkommen ist zwar durch eine Verordnung gedeckt, es fehlen aber noch Ausführungsbestimmungen, in der die Zuständigkeiten klar geregelt werden.

Ärger auch in Manacor

Auch in Manacor sind nach langer Zeit wieder die bei Tierschützern verhassten Lkw von Natura Parc gesichtet worden. Auch hier wurden die Verhandlungen zum praktizierten TNR-Prinzip ausgesetzt, um einen Vertrag mit ­Natura Parc zu schließen. Seither seien mindestens zwei Katzen einer betreuten Kolonie verschwunden, kritisiert Stefanie Schreiber der dortigen Tierfreunde Cats Karma.

Einschläfern

Auch bei Natura Parc ist man nicht darauf aus, Tiere einzuschläfern, wie es dort heißt. Bei Straßenkatzen lasse sich das aber nicht unbedingt vermeiden. Das Gesetz sieht vor, dass eingefangene oder abgegebene Tiere zunächst zwei Wochen lang betreut werden, damit sich mögliche Besitzer melden können. Anschließend gibt es eine weitere Woche Schonzeit, in der man versuche, die Tiere in Adoptivfami­lien zu vermitteln. „Nur kranke, aggressive oder nicht vermittelbare Tiere werden schließlich eingeschläfert", heißt es bei Natura Parc.

Bei Straßenkatzen sei aber genau dies der Fall, erklärt Carrera. „Straßenkatzen werden weder von einem Besitzer abgeholt, noch lassen sie sich privat vermitteln, weil sie dem Menschen gegenüber scheu sind", weiß die ehrenamtliche Tierschützerin. Deshalb bedeute der Abtransport durch Natura Parc am Ende den Tod der Katzen. /tg